Samstag, 28. Juli 2012

Zwischendurch: Verarschen kann ick mir alleene

Ärgert es Sie auch so, dass man das Gefühl hat, als Kunde nicht immer ganz ernst genommen zu werden? Besonders, wenn man eventuell nicht die optischen Erwartungen des Verkaufspersonals erfüllt? Im Bereich der hochwertigen Spirituosen scheint es mir manchmal so, als müsse man als Kunde in einem MG oder Aston Martin vorfahren, komplett mit Blazer, Einstecktuch und Clubkrawatte. Sonst - und diese Erfahrung habe ich schon mehr als einmal gemacht - wird sich entweder gar nicht um einen gekümmert, oder man wird von oben herab behandelt oder, und das finde ich persönlich am Übelsten, man wird mit ein paar Falschinformationen abgespeist, bekommt irgendetwas in die Hand gedrückt und wird schleunigst zur Kasse gebeten.

Negativbeispiel Eins habe ich hier schon einmal geschildert: meine Frau bekommt in einem Laden in der Osnabrücker Innenstadt, dessen Hauptgeschäft darin besteht, Öle, Spirituosen und Anderes fassweise zu lagern und nach Bedarf abzufüllen, die Auskunft: "Es gibt nur einen Auchentoshan" anstatt die Auskunft, die korrekt gewesen wäre: "Es tut mir Leid: diesen speziellen Auchentoshan führen wir nicht".

Negativbeispiel Nummer Zwei: Ich fahre mit meiner alten, verbeulten Vespa vor einem alteingesessenen Wein- und Spirituosenhandel - ebenfalls leider hier am Orte - vor und frage nach Rum. Die Verkäuferin (nachdem sie mich von oben bis unten gemustert hat): "Wir haben aber nur teuren Rum". Gut für Euch, Schätzchen. Euren teuren Rum könnt Ihr schön selbst saufen.

Und Negativbeispiel Nummer Drei: Ausnahmsweise nicht von hier sondern aus Berlin. Meine liebe Frau begibt sich, bewaffnet mit zwei eng beschriebenen DIN-A4-Seiten mit meinen Lieblingswhiskys, in ein Berliner Fachgeschäft, welches sich rühmt, Spezialist für Edelspirituosen zu sein. Anhand der Liste der Lieblingswhiskys möge das Verkaufspersonal doch einen Whisky empfehlen, der mir schmecken könnte, aber den ich noch nicht habe. Nach dem üblichen Marketinggeseiere ("Wir haben unsere eigene Whiskyabfüllung. Wir fliegen jedes Jahr mit dem Firmenjet nach Schottland und suchen uns die besten Fässer aus" - jaja, träum weiter. Horst Lüning hat in seinem Hörbuch schon mehr als deutlich erklärt, warum diese Art von Story ins Reich der Märchen gehört) wird ein "Whisky von Islay" empfohlen. Telefonisch sagts mir meine Frau. Oh, was ich wohl bekomme? Einen Ardbeg? Einen Laphroaig? Einen Bowmore? Zuhause wird ausgepackt: Clynelish. "Und die haben wirklich gesagt von Islay, nicht etwa ähnlich wie lslay?" "Nee, von". Ich checke die Homepage. Da steht Speyside. Das ist zwar auch falsch, Clynelish ist ein Highland Malt, aber das ist ja eigentlich eh schon wurscht. Als "Islay" darf man ihn so oder so niemandem andrehen.

Nu, würde mein ehemaliger Nachbar Rabbi Rosenzweig sagen. Was will man machen? Hauptsache, der Whisky schmeckt. Ja, aber es geht hier ums Prinzip. Ich habe einfach keine Lust, mich als Kunde (und ich investiere jedes Jahr relativ viel Geld in Alkohol) für blöde verkaufen zu lassen, weder so noch so.

Dass es auch anders geht - und das verbinde ich jetzt mal mit einer gezielten Gratiswerbung - zeigte mir neulich Ruud Goos vom Whiskyhäuslein im Emsland. Nach einer langen Fahrt auf der A30 und A31 fühlte ich mich willkommen und als Besucher/Kunde ernstgenommen. Das reimt sich zwar, soll aber gleichzeitig ein Aufruf ans uns als Konsumenten sein, beim Geldausgeben auch darauf zu achten.

P.S.: In der Zwischendurch-Kolumne habe ich ja normalerweise die Kommentarfunktion deaktiviert ... aber wenn jemand noch andere "schöne" Beispiele hat, warum nicht?


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