Freitag, 24. Mai 2013

Talisker Port Ruighe NAS (45,8% Vol.)

So, die Innovation im Hause Talisker erreicht ihren vorläufigen Höhepunkt. Erst die Neuverpackung für die Standardabfüllung im letzten Quartal 2012, dann die Einführung des Storm im ersten Quartal diesen Jahres - und jetzt schließlich der Port Ruighe (ausgesprochen wird er übrigens "Portriih"). Dieser ist auch in anderer Hinsicht etwas Besonderes: höchst selten nur spendiert die Brennerei ihren Kindern ein besonderes Finishing. Der jüngste Spross kommt nun allerdings aus dem Portweinfass, genauer gesagt vom Ruby Port.

Dazu musste ich selber erst noch ein bisschen in öffentlich zugänglichen Quellen recherchieren: Ruby Port ist eine Portweinsorte tiefroter Färbung, welche sich durch eine relativ kurze Lagerungszeit auszeichnet (maximal etwa drei Jahre) und zu den preisgünstigsten Varianten zählt. Soweit ich die Sache verstehe, lagert Ruby Port immer in Stahltanks, so dass ich davon ausgehe, dass das Finishing nicht in Fässern stattfand, in denen vorher Ruby Port reifte, sondern in Fässern, die speziell für den Zweck der Whisky(zweit)reifung mit Ruby Port befüllt wurden. Laut Eigenwerbung wurde das Portwein-Finishing gewählt, um die schottischen Kaufleute zu ehren, "die der hohen See trotzten und wesentlich an der Begründung des Portweinhandels beteiligt waren, indem sie ihn in alle Welt lieferten". Gute Idee: man lese sich einmal ein paar meiner alten Beiträge durch - viele Brennereien wurden eh von Leuten gegründet, die vorher im Wein- uns Spirituosenhandel tätig waren. Und Schottland war ja Ende des 17. Jahrhunderts fast schon einmal Kolonialmacht (Panama!) ...

Benannt ist der Whisky nach der Hafenstadt Portree (im Gälischen: Port Righ), welche gleichzeitig der Hauptort der Insel Skye ist. Den Unterschied in der Schreibung von Whisky und Stadt erkläre ich mir entweder dadurch, dass das Gälische öfter mal unterschiedliche Schreibvarianten zulässt und/oder dadurch, dass Talisker den Namen etwas anders schreiben musste, um sich die Markenrechte sichern zu können.

Der Port Ruighe soll in der Regel zwischen 41,- und 45,- EUR kosten; ich habe ihn allerdings für unter 40,- erstanden und somit ein regelrechtes Schnäppchen gemacht.


Bild: TAQ

Art und Herkunft: Single Malt, Islands (Skye)

Aussehen und Aroma: Als Vorbemerkung sei gesagt, dass ich das Design der Verpackung recht dezent-edel finde, sehr gelungen. Der Whisky selber ist eher dunkel-bernsteinfarbig mit einem unverkennbaren, warmen orangefarbenen Stich. Eine sehr reichhaltige, fruchtige Nase mit roten Beerenfrüchten (Johannisbeere!) und Weintrauben. Etwas junges Leder sowie Eukalyptus im Hintergrund; sehr spät ein paar duftige Noten: lackiertes Holz.

Geschmack: Ein kräftig fruchtig-süßer Antritt, roter Traubensaft, Weingummi. Prickeln auf der Zunge. Nebenher läuft dann ein Talisker-typisches Motiv mit Jod und Fichtennadel, sehr dezent. Etwas Torf, weißer Pfeffer. Die Schärfe ist weniger ausgeprägt als bei anderen Produkten des Hauses.

Abgang: Lang und immer noch süß, zum Ende hin spürbar trocken, die Schärfe kehrt mit einem kurzen Feuerhauch zurück.

Fazit: Ein sehr fruchtiger, süßer, hervorragend durchkomponierter Single Malt, der jeden einzelnen Cent wert ist. Master Blender Jim Beveridge hat hier definitiv mal wieder einen guten Tag gehabt. Ganz deutlich ein Talisker, aber kein typischer Talisker ... was ich persönlich sehr reizvoll finde. Nach der Probe hatte ich noch nicht genug sondern musste mir nochmal ein schönes Gläschen genehmigen.

Tipp: Einen kleinen Schuss Wasser kann man gerne dazugeben. Er wird dann noch etwas beerensüßer, verliert aber ein ganz wenig von seinem Prickeln.


Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 1. Juni 2013.


2 Kommentare:

Fabian Piotrowski hat gesagt…

Hi Tomas,

ich war im Oktober in Porto und habe mir die Portweinlagerung etwas angeschaut. Im Normalfall werden alle Portweine (aus roter Traube zumindest) in riesigen 60.000l Fässern gelagert. Anschließend wird entschieden, welche Qualitäten weiter verwendet werden. Im allgemeinen wird Tawny Prt länger gelagert, Ruby Port wird teils in Eiche, teils in Stahltanks gelagert, je nach Protweinkeller. Die lagerung in Eichenfässern üblicher Größe ist aber wirklich sehr selten für Ruby Portweine. Die sind sehr fruchtig und geben denke ich viel mehr ab, als sehr alte Tawnys (werden durchaus mal 30 oder älter), da das Fass nicht so ausgelutscht wird.
Ganz speziell sind dann noch Vintage Ports, die reifen in der Flasche nach, da sie nicht filtriert werden.

Viele Grüße

Fabian

Tomas Aquinas hat gesagt…

Danke für die ergänzenden Anmerkungen, Fabian!