Samstag, 8. Juni 2013

Glendronach Allardice 18 J. (46% Vol.)

Auch endlich mal ein Produkt von einer Destillerie, von der ich vorher noch nichts probiert hatte: Glendronach. Ebenfalls eine der Whiskybrennereien, die in den frühen 1820er Jahren (1826) gegründet wurden - wie zum Beispiel auch die Fettercairn - nachdem der britische Staat die Herstellung und den Vertrieb der Spirituose legalisiert, vereinfacht und steuerlich attraktiver gemacht hatte. Ein Herr James Allardice (oder Allardyce, Allardyse oder Allerdes - war früher übrigens ganz normal, nicht zu wissen, wie man genau geschrieben wird ... "schreib wie Du sprichst" war das Motto) wollte damals groß ins Geschäft einsteigen. Allem Anschein nach hatte er auch noch einen Teilhaber, aber es muss ein sehr stiller gewesen sein, denn dieser wird in den heutigen Quellen nicht einmal mit Namen erwähnt. Darüber hinaus war der Whisky aus dem Hause Glendronach auch nicht sofort ein voller Erfolg: die Firmenhomepage kolportiert eine lustige Geschichte, wie James Allardice eine Reise nach Edinburgh unternahm, um dort sein Produkt an den Mann zu bringen, dies aber relativ erfolglos blieb, bis er ihn eben an die Frau - genauer gesagt: an zwei Prostituierte - brachte (unausgesprochen bleibt wohl, dass er dies möglicherweise tat, um sie für gewisse Gefälligkeiten zu entlohnen, für die er nicht das entsprechende Kleingeld hatte). Wie dem auch sei, anscheinend schmeckte der Whisky so gut, dass dies schnell allgemein bekannt wurde und Allardice dann doch nicht auf seinen Fässern sitzen blieb.

Nur wenige Jahre später wurde die Brennerei durch ein Feuer zerstört (darum heißt sie ja auch Brennerei) und geriet danach unter die Kontrolle (eines Seitenzweiges) der bekannten Whiskyfamilie Grant, wo sie auch bis 1960 verblieb. Später war die Destillerie Teil von Teacher's (und einer der Lead Malts in Teacher's Cream) und somit dann irgendwann - im Zuge mehrerer Firmenübernahmen - von Allied Distillers/Allied Domecq und schließlich, mit heutigem Stand, von Pernod Ricard bzw. deren Tochter Chivas Brothers. Zwischen 1996 und 2002 war die Produktion eingestellt. Der Herstellungsprozess wurde mehrmals verändert: Nach 2005 wurden die Brennblasen nicht länger mit Kohlen sondern mit Dampf befeuert. Außerdem leistet sich die Glendronach keine eigenen Malzböden mehr. Seit der vorübergehenden Schließung in den Neunzigern wird (ungetorftes) Malz eingekauft. Dadurch hat sich der Charakter des Whiskys etwas verändert: früher wurde ihm eine - für einen Speysider anständige - Torfigkeit nachgesagt (Johannes van den Heuvel spricht von bis zu 14 ppm). Typisch für den Hausstil ist die Lagerung der Whiskys in Sherryfässern (Pedro Ximenez und Oloroso, der heute besprochene Allardice sowie die über Dreißigjährigen nur Oloroso). Das Portfolio umfasst die Altersstufen 8, 12, 15, 18, 21, 31 und 33 sowie den Cask Strength und die Wood Finishes-Serie (Sauternes, Virgin Oak, Moscatel und Tawny Port). Der Allardice, der online in der Regel knapp unter 60,- EUR kostet,  ist übrigens nicht der einzige Whisky aus der Basisserie, der einen Namen trägt; der 21jährige heißt zum Beispiel Parliament. Abschließend sei noch bemerkt, dass der heute vorgestellte Tropfen vor der Aufgabe der eigenen Mälzerei gebrannt wurde (wohl so um 1994/95), wir also eventuell noch einen Rest der "alten" Torfigkeit erwarten dürfen.

Art und Herkunft: Single Malt, Speyside

Aussehen und Aroma: Bernsteinfarben mit weichem Schimmer; macht einen viskosen Eindruck. Sehr eindrucksvolle Geruchspalette: Intensives Sherryfass, Karamellbonbon, eine Spur von Nüssen. Sehr süß.

Geschmack: Tatsächlich deutlich rauchig für einen aus der Speyside, natürlich kein Torfmonster. Ein seidiges Mundgefühl. Süße, fruchtige Noten von Traubenmost, etwas Schokolade, später Schärfe. Sehr süß, etwas Nelken hinten am Gaumen.

Abschluss: Lang und wärmend. Ein wenig Haselnuss im Afterburner.

Fazit / Tipp: Ein wirklich leckerer Whisky mit vielen kräftigen Eindrücken. Sehr gefällig, auch von "Anfängern" gut zu genießen, jedoch keineswegs banal. Der Preis geht in Ordnung, ist aber natürlich kein Schnäppchen. Einen kleinen Schuss Wasser verträgt er gut. Einer der Lieblingswhiskys meiner Frau (welche unter anderem auch Talisker 10, Glenfarclas 105 und Bruichladdich Bere Barley mag - nur um das mal so einzuordnen).

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 15. Juni 2013.


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