Samstag, 13. Juli 2013

Cognac Cuvée Paradis 40-50 J., "vom Fass" (40% Vol.)

"Heute trinken wir mal was Besonderes", sagt Plattfuss, als ich in seine Wohnung trete. Er ist seit Kurzem (zu seinem Vorteil, behaupte ich mal) wieder Single, also bin ich bei solchen Ankündigungen immer etwas vorsichtig. Gibt es Kölnisch Wasser? Einen Whisky für unter 5,- EUR vom Restpostenladen? Nein, er hat sich in Unkosten gestürzt und ein Fläschchen Cognac "vom Fass" geholt - natürlich nur ein kleines, denn der Cuvée Paradis (in der Osnabrücker Filiale leider nicht ganz stilecht Paradies geschrieben) schlägt mit einem Literpreis von knapp unter 180,- EUR doch recht stark zu Buche. Was weiß ich überhaupt vom Cognac? So gut wie gar nichts, bis jetzt. Ich weiß, dass es sich um einen Weinbrand handelt (im Rest der Welt Brandy genannt). Früher wurden deutsche Erzeugnisse Kognak genannt (Konjak ausgesprochen und auch teilweise geschrieben, siehe Döblins Berlin Alexanderplatz) aber dies ist meines Wissens heute verboten, denn Cognac ist in erster Linie eine geschützte Herkunftsbezeichnung.

Um mich schlau zu machen, verzichtete ich diesmal auf den Wikipedia-Um- bzw. Irrweg und wandte mich direkt an die (auf Deutsch verfügbaren) Webseiten des Cognac-Berufsverbandes in Frankreich. Dort finden sich alle wichtigen Informationen, die ich hier nur ganz kurz umreißen möchte, weiterlesen kann ja schließlich jeder selbst. Aaalso: Cognac wird mit Hilfe einer Zweifachdestillation aus Weißwein gewonnen und muss mit einem Alkoholgehalt von 40% an den Endverbraucher abgegeben werden. Zu diesem Zweck darf er mit Wasser versetzt werden. Weitere Zusätze sind nur zum Zwecke der Farbjustierung (Karamell zum Beispiel) erlaubt. Nach dem Brennen ist der Schnaps noch farblos, genauso wie frischer Whisky. Er kann dann mehrere Jahrzehnte in Eichenfässern reifen, wo er sein Aroma und seine Farbe gewinnt. Gegen Ende seines Alterungsprozesses wird er noch einmal in ältere Fässer umgefüllt (eine Art Finishing). Ist er dann ausgereift, wird er in Korbflaschen luftdicht verschlossen. Eine Abfüllung besteht - wiederum ähnlich einem Whisky, wenn es nicht gerade ein Single Cask ist - aus einer Mischung verschiedener Fässer, der so genannten  marriage (Verheiratung). Die Altersangabe eines Cognacs bezieht sich stets auf die jüngsten verwendeten Bestandteile, der heute Verkostete enthält also keine Produkte, welche jünger als vierzig Jahre alt sind. Nur Weinbrand aus der Charente, genauer: 
[dem] Departement Charente-Maritime, [einem] Großteil der Charente und [einigen] Gemeinden in den Departements Deux-Sèvres und Dordogne
darf offiziell Cognac heißen. Ein sehr naher Verwandter ist der - früher einst sehr beliebte aber heute etwas marginalisierte - Armagnac, der jedoch aus der Gascogne stammen muss. 

Bild: TAQ

Art und Herkunft: Cognac, unabhängiger Abfüller ("vom Fass")

Aussehen und Aroma: Warmes, schimmerndes Braun, sehr breite Legs. Eine ausgeprägte, reichhaltige Nase mit Sultaninen, Bitterorangen und Vanillezucker. Viel Eichenholz und ein Hauch von Maraschinokirschen.

Geschmack: Beim ersten Schluck sofort Pfefferschärfe, die sich aber spätestens im Mittelteil gelegt hat. Sehr süß, Vanille und ein wenig Orange. Später Haselnuss.

Abgang: Relativ lang, sehr warm. Zum Schluss meint man die Geister der Trauben zu schmecken, aus denen der Cognac einst gebrannt wurde.

Fazit: Wenn es ein Whisky wäre, käme er von der Speyside. Dieser erste Versuch mit französischem Weinbrand war sehr angenehm und macht Lust auf mehr. Ich kenne mich (noch) nicht genug mit Cognac aus, um einschätzen zu können, ob der hohe Preis für diese Qualität angemessen ist - dennoch eine Ausgabe, die man sich ab und zu wohl mal leisten könnte. Lecker.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 20. Juli 2013.


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