Samstag, 22. März 2014

Prager Frühling

Nach langer, langer Zeit heute "endlich" mal wieder ein Beitrag, in dem es nicht (nur) um Verkostungen geht, sondern eher um das ganze Drumherum, sprich: Reisen und Trinken in der Tschechischen Republik. Letztes Wochenende war ich in Prag und freute mich schon riesig auf die vielfältige Bierkultur, die mich dort erwarten würde. Vor etwa zehn Jahren hätte ich mich auch unheimlich auf den tschechischen Absinth gefreut, aber den habe ich Anfang des 21. Jahrhunderts in einem so dermaßen übertriebenen Maßstab konsumiert, dass er mich heute überhaupt nicht mehr reizt, was dann irgendwo auch wieder schade ist.


Da Prag eine sehr große Stadt und von Touristen überlaufen ist, gibt es an allen Ecken und Enden natürlich Kneipen und Bars. Für einen Geschmack der traditionellen Trinkkultur sollte man sich an Läden mit der Aufschrift pivnice ("Bierhalle") orientieren. Diese sind sehr ursprünglich, in ihrem Stil eher wie niederländische bruin cafés, also recht dunkel und spelunkig. Ansonsten gibt es selbstverständlich auch eine große Anzahl von Cocktailbars und - was mich erstaunt hat - britischen und irischen Pubs. Zu den beliebtesten in dieser Kategorie zählen unter anderem das J.J. Murphy's (am Westufer der Moldau, in der Kleinseite/Mala Strana) und The Dubliner (in der Altstadt/Stare Mesto, nahe Tynkirche). In beiden bin ich nicht gewesen, konnte aber sehen, dass es an Gästen nicht fehlt. Ansonsten kann ich aus eigener Erfahrung zum günstigen und guten Essen und Trinken das Palanda in der Zlatnická 11 empfehlen. Serviert werden leckere (inter)nationale Gerichte und Biere, unter anderem eine ganz kleine Auswahl an belgischen Bieren. Wie man an der Getränkekarte sehen kann, darf man in Prag ein großes Bier (0,5) schon für um die 39 Kronen (1,60 EUR) erwarten. In touristischen Vierteln sind es natürlich mehr. Der Griff zum 0,3-Gebinde lohnt sich in den meisten Fällen - auch preislich - nicht. Getrunken habe ich im Palanda zum ersten Mal das Staropramen Naturtrüb (Staropramen Nefiltrovaný), was ich als erfrischend süffig in Erinnerung habe. Ansonsten gibt es überall die auch in Deutschland bekannten Sorten, unter anderem Pilsner Urquell, Staropramen Lager und Breznak.


Wie immer wollte ich mir zum Abschied noch eine Flasche Schnaps als Souvenir mitnehmen und begab mich zu diesem Zweck in die sehr gut sortierte Spirituosenhandlung Kratochvilovci im Einkaufscenter Palladium (Namesti Republiky). Leider musste ich zu meiner Enttäuschung feststellen, dass sich der Ankauf importierter Alkoholika überhaupt nicht lohnt: für eine Flasche Talisker 10 wurden zum Beispiel etwa 48,- EUR aufgerufen. Blieb also nur ein einheimisches Produkt, welches ich dann im nahegelegenen Supermarkt erstand (tschechischer Whisky der Marke Hammerhead ist übrigens in Tschechien noch teurer als in Deutschland und kostet fast 75,- EUR). Da Absinth ja ausschied (s. oben), nahm ich dann das Billigste, was da war: Royal Sunny Peach, der so um die 8,- EUR pro Liter kostet. Es ist ein 08/15-Produkt des größten tschechischen Schnapsproduzenten Granette & Starorezna aus Aussig an der Elbe/Usti nad Labem. Übrigens: ich benutze hier ja fast durchgängig auch die deutschen Ortsnamen, das ist aber nur der einfacheren Aussprache geschuldet. Es heißt auf jeden Fall nicht, dass ich diese ehemals deutschen Orte wieder an die Bundesrepublik anschließen will - ich bin ja schließlich nicht Wladimir Putin. Eine Verkostungsnotiz des Sunny Peach (16% Vol.) erspare ich mir; er riecht und schmeckt einfach nur zuckersüß und nach künstlichen Pfirsicharomen.

Richtig getestet habe ich dann aber noch das Weizenbier Fenix, welches ebenfalls aus der Firma Plzensky Prazdroj (Mutterhaus von Pilsner Urquell) stammt und das ich in einem sehr teuren Café oben auf der Prager Burg bestellte.


Fenix (4,7% Vol.)

Art und Herkunft: Hefeweizen mit Koriander und Orangenschale, Tschechien

Aussehen und Aroma: Hellgelb und weizentrüb. Kleine, feste Krone. Fruchtig (eher Banane als Orange) und fein säuerlich.

Geschmack: Spritzig, dabei cremiges Mundgefühl. Fruchtig, wieder sehr bananig. Leicht herbe Frische.

Abgang: Kurz, die fruchtigen Noten klingen aber noch lange nach. Ganz zum Schluss noch Kräuternoten auf der Zunge; ist das der Koriander? Geschmacklich würde ich eher sagen: Petersilie.

Fazit: Ein hervorragend gebrautes, sehr fruchtiges Weizenbier mit ganz ausgezeichneten sensorischen Merkmalen. Sehr angenehm zu trinken und äußerst erfrischend. Bin begeistert.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 29. März 2014.

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