Samstag, 22. November 2014

Zuidam Single Barrel Zeer Oude Genever (38% Vol.)

Vor ein paar Wochen hatte ich an dieser Stelle den Millstone, einen hervorragenden niederländischen Whisky von Zuidam besprochen und bereits damals darauf hingewiesen, dass in meinem Barschrank noch ein anderes, eher typisch niederländisches Erzeugnis der selben Firma seiner Verkostung harrt. Endlich bin ich jetzt mal dazu gekommen, mich darum zu kümmern. Der Morgen ist grau, das Glas mit dem Jenever (man schreibt auch Genever) ist schon wieder leer - also frischauf ans Werk!

Über die Firma Zuidam aus Baarle-Nassau habe ich beim Millstone-Artikel schon Einiges erzählt, darum beschäftige ich mich lieber noch ein wenig mit der Geschichte des Jenever. Leider kann man die deutschsprachige Wikipedia in diesem Punkt kaum zu Rate ziehen, da sich dort außer ein paar Allgemeinplätzen wenig Brauchbares findet (außer einem obskuren Verweis auf Thomas Mann). Empfehlenswert sind, sofern man Niederländisch kann oder den gängige Übersetzungsfunktionen traut, die niederländischsprachige Wikipedia sowie die sehr gut gemachte Webseite des (belgischen) Jenevermuseums in Hasselt (es gibt übrigens auch eine deutsche Version, die ist aber nur bruchstückhaft ausgeführt).

Die traditionelle Methode, um Jenever herzustellen, geht ungefähr so: Aus gemälzter Gerste (wie beim Single Malt) plus Roggen plus Mais wird so genannter moutwijn ("Malzwein") gebrannt. Dieser hat eine Stärke von etwa 46 Volumenprozent und wird in der Regel noch einem zweiten Destillationsprozess und/oder einer Verschneidung (Blending) zu einem Endprodukt unterzogen und nicht als eigenes Produkt verkauft. Heutzutage ist der Malzwein meistens durch Industriealkohol (vulgo Neutralsprit) ersetzt worden, falls es sich um Massenware handelt. Dies wirkt sich natürlich ungünstig auf den Geschmack aus. Werden dem Ausgangsprodukt in einer weiteren Destillation noch Kräuteressenzen, insbesondere Wacholder, zugesetzt, so spricht man von Jenever (vom lateinischen Namen der Wacholderpflanze juniperus). Wird kein Wacholder zugesetzt, aber ein hoher Anteil von Malzwein verwendet (min. 51 Prozent), nennt man es hingegen einem "Kornwein" (korenwijn). Generell lässt sich sagen, dass der heutige junge Jenever (weiß) meistens aus Neutralalkohol besteht und kalt getrunken wird. Der alte Jenever (braun) enthält unterschiedlich hohe Anteile an Malzwein - je teurer das Produkt, desto mehr Getreideschnaps sollte darin verarbeitet sein. Ihn trinkt der Kenner bei Zimmertemperatur. Selbstverständlich gibt es noch viele Unterarten des Jenever, insbesondere den auch in Deutschland beliebten bessenjenever, dem - wie der Name schon sagt - Beerensäfte bzw. -aromen zugesetzt wurden. Jenever ist im Übrigen eine geschützte geografische Bezeichnung: nur Produkte aus Belgien, den Niederlanden und aus bestimmten Grenzregionen Deutschlands und Frankreichs dürfen so heißen. Der große Bruder des Getränks im angelsächsischen Raum ist selbstverständlich der Gin.

Nun, die Firma Zuidam ist stolz darauf, nur "die allerbesten Getreidesorten und Kräuter" zu verwenden. Darauf basiert sicherlich auch der hervorragende Ruf, den ihre Produkte im In- und Ausland genießen. Im Portfolio befinden sich zurzeit elf verschiedene Jenever, vom jungen Getreidejenever bis hin zum 15 Jahre alten Kornwein. Mir wurde übrigens glaubhaft versichert, der dreijährige alte Jenever sei besser als der fünfjährige. Die Einliterflasche habe ich für recht günstige 27,- EUR in Deutschland erstanden. In den Niederlanden ist er durchweg - wie die meisten Alkoholika - teurer.

Art und Herkunft: Alter Jenever, Niederlande (Nordbrabant)

Besonderheiten: Lagerung in kleinen Fässern aus französischer Eiche mit nur 234 Litern Fassungsvermögen. Single Barrel (Flasche 152 von 190).

Aussehen und Aroma: Dunkle Bernsteinfarbe. Sehr würzig. Altes Holz und Kapern. Etwas Marzipan.

Geschmack: Sehr weiches und seidiges Mundgefühl. Nach etwa 20 Sekunden deutlich Pfeffer auf der Zunge. Vanille. Sehr viel Holz. Leicht blumig. Lavendel?

Abgang: Lang und wärmend. Ein Hauch von Nelken und Zimt zum Ende hin.

Fazit/Tipp: Ein hervorragender Tropfen, der den Vergleich mit einem Whisky oder Cognac nicht zu scheuen braucht. Sehr würzig und dennoch mild. Ideal zum Kaffee und/oder alleine als Digestif.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 29. November 2014.

- Euer Tomas Aquinas

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