Samstag, 21. März 2015

Sind so kleine Biere, Teil XXIII: Lindemans Faro (4,5% Vol.)

Vor einiger Zeit hatte ich schon einmal angemerkt, dass die Biere von Lindemans aus Vlezenbeek objektiv betrachtet nicht unbedingt wirklich etwas unter dem Lemma "Sind so kleine Biere ..." zu suchen haben, denn im Sinne der Craft-Beer-Bewegung ist Lindemans wirklich keine kleine Brauerei mehr. Der Ausstoß an Bier beträgt ja immerhin deutlich mehr als 80.000 Hektoliter im Jahr. Sagen wir einmal, ich räume der Firma diesen Platz ehrenhalber ein, einerseits wegen der allgemeinen und langjährigen Verdienste um die belgische Bierkultur und andererseits, weil sie mit einigen wenigen anderen belgischen Brauereien zumindest den Titel einer "Familienbrauerei" für sich in Anspruch nehmen kann (man ist auch Mitglied im Zirkel der Belgian Family Brewers ). Der Gründer, ein Joos Frans Lindeman, war noch ein echter Bauer, der in einen lukrativen Hof mit einem böse klingenden Namen ("Hof der bösen Wege") eingeheiratet hatte. Das Bierbrauen trieb er - wie viele - damals noch zuerst nebenher, hauptsächlich als Erwerbsquelle für sich und sein Gesinde in der kalten Jahreszeit, wenn mit dem Landbau an sich kein Geld zu verdienen war. Laut Quellen der Familie betrug das Produktionsvolumen auch damals, ganz am Anfang, bereits gut 500 Hektoliter pro Jahr. Man darf sich Joos Frans also sicherlich nicht als armen Kleinbauern vorstellen, der nachts bei Kerzenlicht Bier in einem Holzbottich braut. Er war wohl eher das, was man heute als erfolgreichen Agrarunternehmer bezeichnen würde. Gute 20 Jahre später wurde er zum Bürgermeister seiner kleinen Gemeinde gewählt, was ebenfalls dafür spricht, dass er eher der landwirtschaftlichen Oberschicht zuzuordnen war

Lindemans braute und braut ausschließlich Lambiekbiere, die - wie schon öfters ausführlich dargestellt - nur durch spontane Gärung entstehen. "Schuld" daran sind die natürlich in der Umgebungsluft des Zennetals vorkommenden "wilden" Hefepilze der Gattung brettanomyces. Daher könnte die Firma - selbst wenn sie es wollte - niemals ihre Produktion in eine andere Region des Landes oder gar der Welt verlegen ... eine ganz besondere Art der Standortsicherung.

Das Faro von Lindemans, das ich heute bespreche, ist erst das zweite Faro insgesamt im Blog. Vor einer Weile habe ich über das von Cantillon ausführlicher geschrieben. Insgesamt gesehen führt die Sorte, wenn man sie mit anderen Lambiekderivaten wie Kriek usw. vergleicht, ein relatives Nischendasein. Das ist unter anderem mit dem etwas "speziellen" Geschmack dieser Biere zu erklären, die in der Regel mehr oder weniger ins Süßsaure tendieren. Ursprünglich galt das Faro als "Frauen- oder Kinderbier", denn reines Lambiek, welches sehr sauer ausfallen kann, konnte (und kann) nicht ohne weiteres von jedem Gaumen goutiert werden. Im Endeffekt handelt es sich also einfach nur um gesüßtes Lambiek. Ganz früher, als Zucker noch teurer war, wurden auch gerne einmal Melasse oder Rübensirup zu diesem Zwecke verwendet; heute nimmt man in der Regel Kandiszucker oder - wie Lindemans - eine Mischung aus Zucker und Süßstoffen. Da der Zucker erst nach dem Brauvorgang zugesetzt wird, wandelt er sich nicht mehr in Alkohol um: Faros sind daher in der Regel nur schwach alkoholisch (zwischen etwa 4,5 und 5,5 Volumenprozenten). Lindemans hat maßgeblich dazu beigetragen, die zwischenzeitlich vergessene Sorte Faro wieder bekannt zu machen, da sie ihres bereits 1978 am Markt platzierte.


Art und Herkunft: Faro aus Lambiek, Zucker und Süßstoffen, Belgien (Flämisch-Brabant)

Besonderheiten: Nachgärung in der Flasche, Naturkorken

Aussehen und Aroma: Rotbraun und moussierend. Eine sehr kleine, flüchtige Krone. Ein metallischer und säuerlicher Geruch. Alte Apfeltonne.

Geschmack: Süßsauer, aber süßer als Geuze. Saure Äpfel und überreife Kirschen. Später leicht bittere Noten. Kaffee?

Abgang: Kurz bis mittel. Apfelmus.

Fazit/Tipp: Relativ fruchtig, auch sehr süß. Etwas für diejenigen, denen normales Lambiek zu sauer ist. Dennoch muss man sich an den besonderen Geschmack etwas gewöhnen. Kalt trinken (empfohlen werden um die 6°), dann ist es sehr erfrischend.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 28. März 2015.

- Euer Tomas Aquinas

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