Sonntag, 15. April 2018

Aus der Rätselkiste, Folge 1: Both Gold NAS (38% Vol.)

Vor ein paar Monaten schleppte Plattfuss einen großen Karton auf unser Redaktionstreffen mit. Er hatte ihn für kleines Geld auf Ebay ersteigert und darin befanden sich recht viele alte bis sehr alte ungeöffnete Miniaturen mit Schnaps bzw. Schnapsresten. Ab und zu wollen wir nun einmal in diese mysteriöse Rätselkiste greifen und schauen, was uns da so erwartet und ob man es noch trinken kann.



Eine lange Lagerung kann Spirituosen ziemlich zusetzen, vor allem wenn man es nicht richtig macht. Ethanol oxidiert, wenn auch sehr langsam. Durch den (niemals perfekt schließenden) Verschluss wird mit der Zeit Luft gezogen bzw. verdunstet der Alkohol. Dadurch verändert sich nicht nur der Füllstand der Flasche, sondern auch der Alkoholgehalt - vom Aroma ganz zu schweigen. Hinzu kommt der Einfall von Tageslicht, außer in Fällen, in denen wirklich ein dunkler Keller zur Verfügung steht. Besonders bedenklich ist die lange Lagerung natürlich, wenn sich in schwachprozentigen Likörchen noch allerlei verderbliche Zutaten (z.B. Sahne) tummeln. Diese Getränke sollte man nicht unbedingt sehr lange aufbewahren, nicht einmal, wenn sie nicht angebrochen sind.

Unser Kistchen umfasst gottlob hauptsächlich Fruchtiges (einen Pimm's habe ich schon gesehen) oder Klares. Unseren Hausregeln entsprechend habe ich mal mit geschlossenen Augen ins Volle gegriffen und die heutige Flasche herausgezogen. Achtunddreißig Umdrehungen hatte sie mal, heute dürften es aber (siehe oben) deutlich weniger sein.

Der Both Gold wird auch heute noch hergestellt (wenn auch "nur" noch mit 36 Volumenprozenten) und auch die ihn produzierende Firma gibt es weiterhin. Die Gebrüder Both GmbH wurde 1886 in Ahrweiler gegründet und war bereits in ihren Ursprüngen Weinbrennerei und -handlung. Als sie 1961 das 75. Firmenjubiläum feierte, hatte sie 130 Festangestellte und 110 Außendienstler (also Handelsvertreter). Irgendwann zwischen 1961 und heute muss die Brennerei aber umgezogen sein, denn als Adresse wird jetzt Goch angegeben. Bekannte Produkte sind u.a. der Lakrizza und ein Kräuterbitter namens Löwentor. Der Both's Old Tom Gin hat aber meines Erachtens mit der Firma nichts zu tun.

Unsere Flasche heute ist gerade noch einmal halbvoll. Auf dem Etikett findet sich die Angabe "Weinbrennerei Gebr. Both GmbH & Co. KG, 5483 (!) Ahrweiler". 


Art und Herkunft: Weinbrand, Deutschland (Rheinland-Pfalz)

Besonderheiten: Hergestellt vor 1990 (alte Postleitzahl). Der Verschluss sitzt sehr fest und muss mit einer Zange geöffnet werden.

Aussehen und Aroma: Farblich gesehen unauffällig. Keine Ablagerungen, keine Schwebeteilchen, hellgoldene Farbe. In der Nase vor allem alkoholische Noten. Furnierholz. Ganz leichte Vanille. Etwas Marzipan? Nach etwas Atmen weniger spritig.

Geschmack: Sehr wässriges, dünnes Mundgefühl. Starke, wenig definierte Süße. Sahnebonbon. Etwas staubig-pelzig auf der Zunge. Fruchtige und blumige Noten. Trauben und Veilchen?

Abgang: Mittellang und etwas scharf.

Fazit/Tipp: Trotz des hohen Alters ist dieser Weinbrand definitiv noch genießbar und zeigt keine besonders auffälligen Geschmacksabweichungen, wobei ein Vergleich mit einer heutigen Abfüllung sicher reizvoll wäre. Was den Alkoholgehalt angeht, so darf man spekulieren, allzu gering dürfte er vom Geschmack her aber auch nicht sein.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 22. April 2018.

- Euer Jan B.


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