Es heißt, dass vor vielen, vielen Jahren - so ungefähr zu der Zeit, als ein gewisser Jack in Whitehall sein Unwesen trieb - der Aufstieg des Gins zum Volksgetränk in England seinen Höhepunkt erlebte. So ziemlich jeder Gastwirt, der etwas auf sich hielt, betrieb damals eine eigene Destille und verkaufte den daraus gewonnenen Schnaps in seinem Geschäft., dass er von einer einst traurigen Bierkneipe in einen funkelnden "Gin-Palast" verwandelt hatte So kam es, dass Gin damals billiger war als Bier, und es hieß "trink dich blind für einen Penny und trink dich tot für zwei." Dies war übrigens mit die Ursache dafür, dass man in Großbritannien rigide Sperrstunden einführte; denn die Arbeiter des glorreichen neuen Industriellen Zeitalters kamen morgens noch mit einem derartigen Alkoholpegel in die Fabriken, dass die fatalen Bedienungsfehler und schweren Unfälle rapide zunahmen.
Der Gin-Boom hatte schon gut 100 Jahre vorher begonnen, mit unterschiedlichsten Wacholder- oder Schlehenbränden verschiedener Güte. Natürlich hatte das Proletariergesöff von damals, aus weiß Gott welchen Ingredienzien abgezogen, wenig mit dem heute käuflich zu erwerbenden Gin gemeinsam, außer, dass er zumindest theoretisch ebenfalls auf der Wacholderbeere basierte. Heute sind die gängigen Sorten beschränkt auf den London Dry (z.B. Gordon's, Beefeater), mit einem trockenen, relativ neutralen Geschmack - inklusive einiger davon abgeleiteter Sorten, in denen die Infusion mit "Botanicals" geschmacklich stärker zur Geltung kommt (Hendrick's, Bombay Sapphire) - sowie des Plymouth Gin. Damals jedoch, als der Sprit aus minderwertigen Zutaten (vielleicht Kartoffeln, Lumpen, Hundekadaver?) bestand, musste man irgendetwas finden, um die Sache zumindest ein wenig trinkbar zu machen und kam auf die Idee, das fertige Produkt mit allerlei Aromastoffen zu strecken, vom Pfeffer über Zimt und Pfefferminze bis hin zum Zucker. In den 1880ern war die allgemeine Qualität des Getränks zwar deutlich besser geworden, trotzdem hielt sich neben dem schon erwähnten London Gin auch eine gesüßte Variante. Diese nannte man "Old Tom", was so viel heißt wie "alter Kater".
Die Sage meint, der Name käme aus den so genannten Gin Lanes, übel beleumundeten Gässchen, in denen sich Ginkneipe an Ginkneipe drängte. Um den Kunden die lästigen Wege zu ersparen (und wahrscheinlich um die Abnutzung des Mobiliars zu reduzieren), sollen die Gastwirte - so heißt es - kleine Figuren von Katzen (Katern?) an den Kneipenwänden angebracht haben, verbunden mit dem Innneren der Spelunke durch eine sinnreiche Konstruktion von Röhren. Der Kunde warf nun seinen Obolus in die Katzenfigur und der Wirt schickte auf dem selben Wege einen Schuss Gin direkt durch die Katze in den Mund des Kunden.
Egal ob man den alten Londonern diese technische Meisterleistung zutraut oder nicht - bis jetzt hat Großbritannien ja noch nicht einmal ein funktionierendes Automobil hervorgebracht - Tatsache ist, dass die Gin Lanes eines Tages verschwanden bzw. geschlossen wurden. Auch der Proletarier konnte sich endlich höherwertigen Stoff besorgen ... so kam dann irgendwann das Ende des Old Tom.
In den letzten Jahren haben sich ein paar Ginproduzenten daran versucht, die Idee eines gesüßten bzw. aromatisierten Gins (diesmal natürlich in guter Qualität und mit nicht per se gesundheitsschädlichen Zutaten) neu zu beleben. Aktuell sind zwei Marken in Sachen Old Tom besonders präsent: Hayman's und Both's.
Beide werden übrigens in Deutschland von der selben Firma vertrieben, nämlich der Haromex GmbH, wobei der Both's auch aus Deutschland stammt. Das Etikett und die Aufmachung sind aber den klassischen Old Toms durchaus nachempfunden. Das oben abgebildete Etikett ist übrigens anscheinend aus Filz oder einem ähnlichen Material gefertigt (smoooooth...), die Flasche ist, wie das Label, etwas auf "alt" getrimmt.
Geschmacklich ist der Old Tom tatsächlich sehr individuell, das "trockene" Gefühl eines normalen Gins fehlt ihm fast völlig. Die erste Nase ist süß, scharf, mit einer Anmutung von Anis und Zitrus. Am Gaumen dann Anis, Lavendel, Veilchen - ein sehr "blumiger" Gin. Im Abgang dann viel Süße, aber auch Schärfe.
Pur finde ich ihn noch etwas scharf, er gewinnt jedoch etwas Weichheit, wenn man ihn ein wenig atmen lässt. Für die Herstellung eines Gin Tonic ist er mir persönlich zu schade, da er in Verbindung mit dem Tonicwasser viel von seiner Einzigartigkeit einbüßt. Ich empfehle ihn in einem klassischen Tom Collins, den ich wie folgt zubereite:
Man nehme 4 cl Both's Old Tom Gin, 2 cl Barsirup (Zuckersirup), 1-2 cl Zitronensaft. Mit drei bis vier Eiswürfeln in ein Collinsglas geben. Verrühren. Mit Sodawasser (Tafelwasser) auffüllen. Viele Rezepte nehmen höhere Anteile Zitronensaft (bis zu 4 cl, dafür meist aber auch 6 cl Gin). Dies ist mir für den Old Tom zu viel, da ich die Süße und Blumigkeit beibehalten möchte.
Schön, dass Gintrinker seit einiger Zeit eine weitere Alternative haben. Der Gin eignet sich hervorragend für die Herstellung individueller Cocktails und Longdrinks. Zum Literpreis von ca. 41 EUR aber auch ein schon etwas exklusiveres Vergnügen.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 1. Juli 2011. Dann mit einem Bericht von der Brauerei "Het Anker" im flämischen Mechelen
Picture Credits: "Both's Etikett": Hanomex GmbH
Der Gin-Boom hatte schon gut 100 Jahre vorher begonnen, mit unterschiedlichsten Wacholder- oder Schlehenbränden verschiedener Güte. Natürlich hatte das Proletariergesöff von damals, aus weiß Gott welchen Ingredienzien abgezogen, wenig mit dem heute käuflich zu erwerbenden Gin gemeinsam, außer, dass er zumindest theoretisch ebenfalls auf der Wacholderbeere basierte. Heute sind die gängigen Sorten beschränkt auf den London Dry (z.B. Gordon's, Beefeater), mit einem trockenen, relativ neutralen Geschmack - inklusive einiger davon abgeleiteter Sorten, in denen die Infusion mit "Botanicals" geschmacklich stärker zur Geltung kommt (Hendrick's, Bombay Sapphire) - sowie des Plymouth Gin. Damals jedoch, als der Sprit aus minderwertigen Zutaten (vielleicht Kartoffeln, Lumpen, Hundekadaver?) bestand, musste man irgendetwas finden, um die Sache zumindest ein wenig trinkbar zu machen und kam auf die Idee, das fertige Produkt mit allerlei Aromastoffen zu strecken, vom Pfeffer über Zimt und Pfefferminze bis hin zum Zucker. In den 1880ern war die allgemeine Qualität des Getränks zwar deutlich besser geworden, trotzdem hielt sich neben dem schon erwähnten London Gin auch eine gesüßte Variante. Diese nannte man "Old Tom", was so viel heißt wie "alter Kater".
Die Sage meint, der Name käme aus den so genannten Gin Lanes, übel beleumundeten Gässchen, in denen sich Ginkneipe an Ginkneipe drängte. Um den Kunden die lästigen Wege zu ersparen (und wahrscheinlich um die Abnutzung des Mobiliars zu reduzieren), sollen die Gastwirte - so heißt es - kleine Figuren von Katzen (Katern?) an den Kneipenwänden angebracht haben, verbunden mit dem Innneren der Spelunke durch eine sinnreiche Konstruktion von Röhren. Der Kunde warf nun seinen Obolus in die Katzenfigur und der Wirt schickte auf dem selben Wege einen Schuss Gin direkt durch die Katze in den Mund des Kunden.
Egal ob man den alten Londonern diese technische Meisterleistung zutraut oder nicht - bis jetzt hat Großbritannien ja noch nicht einmal ein funktionierendes Automobil hervorgebracht - Tatsache ist, dass die Gin Lanes eines Tages verschwanden bzw. geschlossen wurden. Auch der Proletarier konnte sich endlich höherwertigen Stoff besorgen ... so kam dann irgendwann das Ende des Old Tom.
In den letzten Jahren haben sich ein paar Ginproduzenten daran versucht, die Idee eines gesüßten bzw. aromatisierten Gins (diesmal natürlich in guter Qualität und mit nicht per se gesundheitsschädlichen Zutaten) neu zu beleben. Aktuell sind zwei Marken in Sachen Old Tom besonders präsent: Hayman's und Both's.
Beide werden übrigens in Deutschland von der selben Firma vertrieben, nämlich der Haromex GmbH, wobei der Both's auch aus Deutschland stammt. Das Etikett und die Aufmachung sind aber den klassischen Old Toms durchaus nachempfunden. Das oben abgebildete Etikett ist übrigens anscheinend aus Filz oder einem ähnlichen Material gefertigt (smoooooth...), die Flasche ist, wie das Label, etwas auf "alt" getrimmt.
Geschmacklich ist der Old Tom tatsächlich sehr individuell, das "trockene" Gefühl eines normalen Gins fehlt ihm fast völlig. Die erste Nase ist süß, scharf, mit einer Anmutung von Anis und Zitrus. Am Gaumen dann Anis, Lavendel, Veilchen - ein sehr "blumiger" Gin. Im Abgang dann viel Süße, aber auch Schärfe.
Pur finde ich ihn noch etwas scharf, er gewinnt jedoch etwas Weichheit, wenn man ihn ein wenig atmen lässt. Für die Herstellung eines Gin Tonic ist er mir persönlich zu schade, da er in Verbindung mit dem Tonicwasser viel von seiner Einzigartigkeit einbüßt. Ich empfehle ihn in einem klassischen Tom Collins, den ich wie folgt zubereite:
Man nehme 4 cl Both's Old Tom Gin, 2 cl Barsirup (Zuckersirup), 1-2 cl Zitronensaft. Mit drei bis vier Eiswürfeln in ein Collinsglas geben. Verrühren. Mit Sodawasser (Tafelwasser) auffüllen. Viele Rezepte nehmen höhere Anteile Zitronensaft (bis zu 4 cl, dafür meist aber auch 6 cl Gin). Dies ist mir für den Old Tom zu viel, da ich die Süße und Blumigkeit beibehalten möchte.
Schön, dass Gintrinker seit einiger Zeit eine weitere Alternative haben. Der Gin eignet sich hervorragend für die Herstellung individueller Cocktails und Longdrinks. Zum Literpreis von ca. 41 EUR aber auch ein schon etwas exklusiveres Vergnügen.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 1. Juli 2011. Dann mit einem Bericht von der Brauerei "Het Anker" im flämischen Mechelen
Picture Credits: "Both's Etikett": Hanomex GmbH
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