Bin heute irgendwie stolz auf mich: nachdem ich mich bei bescheidenstem Wetter überwunden habe, wieder mal mit dem Rad zur Arbeit zu fahren, schaffe ich es wohl auch, meinen letzten Beitrag in der Reihe über das Trinken in Irland zu tippen. Der nächste Artikel wird dann - wie anfangs versprochen - weder von Irland noch von Whisk(e)y handeln.
Zeit für ein kleines Fazit: Irland ist eine Reise wert, nicht nur was die Alkoholika betrifft. Wer meinem anderen Blog mit den Anmerkungen zum Bootsurlaub auf der Grünen Insel folgt, wird hoffentlich ein positives Bild des Landes und seiner Menschen gewinnen. Was irisches Bier und irischen Whiskey angeht, so befinden sich beide seit Jahren - zusammen mit dem Phänomen der Irish Pubs - in Deutschland und im Rest Europas auf einem Höhenflug. Die "dunklen Zeiten" des Irish Whiskey in den 70ern und 80ern gehören der Vergangenheit an und es gibt mittlerweile, wie diese Serie zeigen wollte, eine gesunde Brennereilandschaft mit einer Vielzahl an Sorten und Marken.
Was mich zur Beobachtung bringt, dass die Iren natürlich einen Großteil ihrer Produktion ins Ausland verkaufen, was Marken wie Tullamore Dew oder Kilbeggan international zu Renommee verholfen hat. Wie man aus anderen Sektoren weiß, wird aber auch nicht immer das Beste in andere Länder geschickt, vieles trinkt man auch lieber selbst. Und so passt es, dass ich zum Abschluss noch einmal einen typischen (?) Export- oder Touristenwhiskey vorstelle. Er wurde von Plattfuss in Form eines Probiersets am Dubliner Flughafen erstanden und nennt sich in Europa The Wild Geese Irish Whiskey Collection (in den USA vermarktet als The Wild Geese Soldiers & Heroes Irish Whiskey Collection). Wozu die unterschiedlichen Namen? Ich könnte mir vorstellen, dass in den Vereinigten Staaten, mit der großen Anzahl von Personen irischer Abstammung der Begriff Wild Geese in seiner ursprünglichen, militärisch-historischen Bedeutung noch präsenter ist als im Rest der Welt. Obwohl auch die europäische Seite auf den Freiheitskampf der Iren hinweist, dürfte beim Großteil des kontinentalen Publikums die Assoziation mit den geflügelten Vertretern der Gattung Wildgans überwiegen. Der Internetauftritt (beide Webseiten sind - bis auf die Nomenklatur - identisch) hypt den Whiskey recht stark, er habe mehrere Auszeichnungen gewonnen (was die genau wert sind, wird, wie so oft, nicht erläutert). Was mich bei solch lautstarker Werbung nachdenklich macht, ist, dass nirgendwo in vorderster Reihe angegeben steht, wo produziert wurde (bei Cooley übrigens). Man sollte doch meinen, ein solch edles Tröpfchen wäre die beste Werbung für die Destillerie ... Auf jeden Fall sind vier Sorten im Angebot: Classic Blend, Rare Irish, Single Malt und Limited Edition. Das von Plattfuss erstandene Sortiment für den neugierigen innereuropäischen Reisenden umfasste alle außer dem Blend, alle mit dem selben Alkoholgehalt abgefüllt, jeweils in einer 33 cl-Flasche.
Rare Irish "Untamed"
Art und Herkunft: Blended Whiskey, Republik Irland (Cooley)
Aussehen und Aroma: Farbe von dunklem Heu, dünnflüssig im Glas. Ein frischer Eindruck, sehr viel Ethanol in der Nase.
Geschmack: Ein extrem scharfer Antritt, wenige Nuancen, kaum Eigenleben. Einigermaßen frisch.
Abgang: Nur mittel, zum Ende hin aber fast unangenehm adstringierend.
Fazit: Meines Erachtens viel zu jung, zur Unreife tendierend, sehr ruppig. Ungezähmt ist wohl der höfliche Ausdruck.
Limited Edition
Art und Herkunft: Blended Whiskey, Republik Irland (Cooley)
Aussehen und Aroma: Farbe wie oben, Eindruck im Glas dito. Geruch ebenfalls sehr frisch, jung, Unterton von Plastik.
Geschmack: Süßer als der Rare, jedoch nur auf der Zungenspitze. Sehr starkes Eichenfass. Ab dem Mittelteil bricht er geschmacklich zusammen.
Abgang: Schon etwas länger, auch sehr trocken. Zum Schluss Eindrücke von nassem Papier und noch ein scharfer Nachbrenner hintendrein.
Fazit: Ein klein bisschen mehr auf der Zunge, aber immer noch ziemlich harsch und flüchtig.
Single Malt
Art und Herkunft: Single Malt, Republik Irland (Cooley)
Aussehen und Aroma: Siehe oben. Da wurde farblich wohl justiert, was das Zeug hält. In der Nase ein leicht blumiger Ausdruck, eventuell etwas Sahne?
Geschmack: Im Mund relativ weich, Sahnebonbon, etwas Zimt.
Abgang: Noch etwas länger als oben, sanfter als der Rest. Keine Überraschungen.
Fazit: Definitiv der Beste der drei, auch wenn das vielleicht nicht allzu viel aussagt. Kann man wohl.
Gesamtfazit: Als Sammlung insgesamt finde ich die Whiskeys viel zu unausgewogen, unreif und harsch. Sicherlich eher ein Souvenir als ein echtes Trinkerlebnis. Der Single Malt ist für mich noch der Trinkbarste, gefolgt von der Limited Edition (in weitem Abstand). Der Rare hat mich nicht beeindruckt. Er ist meines Erachtens auch definitiv zu jung.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 24. November 2012.