Sonntag, 26. August 2018

Sind so kleine Biere, Teil LXVIII: Grisette Blond Bio (5,5% Vol.)

Vor ein paar Jahren hatten wir hier im Blog schon mal einen Beitrag von Tom über ein Bier aus derselben Brauerei, nämlich das St. Feuillien SaisonGrisette (von dem es außer dem Kleinen Blonden, um das es heute geht, auch noch ein Weißbier, ein Kirschbier und ein Waldfruchtbier gibt) ist die andere Marke der Brauerei (die ebenfalls St. Feuillien heißt). Das Weißbier haben wir vor ein paar Jahren auf einem Bierfest in Belgien probiert; damals hat es uns nicht so supergut gefallen.

Gegründet wurde die Firma bereits 1873 von der Famile Friart, der sie auch immer noch gehört. Bereits 1894 gewann man mit den eigenen Produkten einen Preis auf der Weltausstellung in Antwerpen. Die beiden Marken, die sich heute noch im Portfolio befinden, gehen auf diese sehr frühe Zeit der Unternehmensgeschichte zurück. St. Feuillien war zwar nicht die erste belgische Brauerei, welche Champagnerflaschen für ihr Bier verwendete, kann aber für sich in Anspruch nehmen, die erste gewesen zu sein, die dafür Magnum-, Jeroboam-, Methusalem- und Salmanassarflaschen verwendete.

Grisette ist ein Markenname, der eigentlich von einem traditionellen Bierstil aus der Region um Mons/Bergen und Charleroi herstammt. Allerdings hat das heute so genannte Bier nichts mehr mit der traditionellen Grisette zu tun, sondern muss als reine Hommage verstanden werden. Sowohl das Weißbier als auch das Blond tragen den Zusatz Bio, da sie nur aus biologisch angebauten Grundstoffen hergestellt werden.


Art und Herkunft: Blond, Belgien (Hennegau).

Sonntag, 19. August 2018

Ciney Blond (7,0% Vol.)

Als ich noch ein kleiner Junge war (also irgendwann zwischen der Schlacht der Goldenen Sporen und Waterloo), war es in Belgien nicht ungewöhnlich (eventuell in Deutschland auch nicht, dazu kann ich leider wenig sagen), dass man Kindern (so ab 12 Jahren) Bier gab. Natürlich nicht, damit sie sich einen Rausch antrinken konnten, sondern einfach weil Bier als ein ganz normales Getränk galt, das gesund und nahrhaft ist. Übrigens "durften" Kinder bei uns früher auch Kaffee trinken, aber das ist eine andere Geschichte.

Nachdem ich jetzt also alle Helikoptereltern hinreichend getriggert habe, weiter im Text: Als ich nicht mehr ganz so klein war, also so Mitte der Achtziger, kam Ciney landesweit in die Regale. Vorher war es eine regional begrenzte Kleinmarke in der Gegend um Namur; es ist nach der gleichnamigen Stadt benannt, deren Kirchturm auch das Label ziert. Als der Verkauf in ganz Belgien begann, reichten die bescheidenen Braukapazitäten vor Ort nicht mehr aus, um die Nachfrage zu befriedigen. Die Produktion wurde an eine Anlage von Alken Maes weitergereicht - und diese Firma - die wiederum zu Heineken gehört - schluckte Ciney dann ein paar Jahre später. Heute wird das Bier gar nicht mehr in der Wallonie gebraut, sondern im Hauptwerk im flämischen Alken.

Ich habe Ciney immer gerne getrunken (der offizielle Name ist zwar Cuvée de Ciney, aber kein Mensch sagt das im wirklichen Leben) und immer, wenn ich es heute irgendwo sehe, nehme ich eines, denn es erinnert mich - während ich eine imaginäre Träne wegdrücke - an die guten alten Zeiten, die im Nachhinein weniger kompliziert erscheinen, als sie tatsächlich wohl waren. Von Ciney gibt es zurzeit nur zwei Sorten im Portfolio: Blond und Braun. Vor einigen Jahren hat man auch noch ein Amber Ale angeboten, aber zumindest auf der Webseite taucht es nicht mehr auf.



Art und Herkunft: Blond, Belgien (Limburg).

Sonntag, 12. August 2018

Einsendungen, Folge 4: Whic Nymphs of Whisky (Ben Nevis, Glenturret) & Architecture of Taste (Aberlour)

Im zweiten Teil der Samples von whic sind nunmehr auch die beiden weiteren Serien von deren eigenen Abfüllungen vertreten: Die Nymphs of Whisky (mit Bildern von ebendiesen leicht bekleideten Damen aus der Mythologie etikettiert) sowie Architecture of Taste (antike Torbögen sowie der Claim Wir legen hier das Auge auf Abfüllungen, die sich durch ein ungewöhnlich intensives Aroma profiliert haben. Der Geschmack steht hier absolut im Mittelpunkt). Der heute vorgestellte Ben Nevis ist leider ausgelistet. Die beiden anderen Whiskys kosten um die 140,- EUR für eine "große" Flasche.

Ben Nevis ist eine der "Hausdestillerien" unserer Redaktion; verkostet haben wir hier bis jetzt verschiedene Ausgaben des Zehnjährigen. Der Zweiundzwanzigjährige, der heute vor uns steht, hat seine gesamte Lebenszeit in einem Sherryfass (genauer gesagt: einem Butt mit ca. 500 Litern Fassungsvermögen) verbracht. Solche alten Jahrgänge gibt es von Ben Nevis normalerweise nur als unabhängige Abfüllungen.

Glenturret ist für uns alle eine unbekannte Größe. Die Destillerie bezeichnet sich selbst als die Älteste in Schottland (1775), allerdings war sie einen großen Teil ihrer Geschichte über geschlossen. Die Brennerei in ihrer heutigen Form stammt auf jeden Fall von einer umfangreichen Renovierung Ende der 50er (nach 30 Jahren Stillstand). Bekannt ist sie zudem für die Katze Towser, die es als äußerst langlebiges Exemplar ihrer Gattung und als hochproduktive Mäusefängerin einst ins Guinness-Buch der Rekorde schaffte. Da Glenturret zusammen mit Macallan einer der Lead Whiskies von Famous Grouse ist, liegt das Hauptaugenmerk der Produktion (und der Vermarktung) eben auch auf diesem sehr bekannten Scotch. Mangels Erfahrung mit diesem Single Malt habe ich mal bei Johannes Vandenheuvel nachgeschaut: er selbst ist wohl kein großer Fan und beschreibt den Hausstil als ölig bzw. würzig, mit wenigen Nuancen. Der Glenturret von whic wurde jedenfalls 1994 abgefüllt und hat ein Finish im Barolofass erhalten. Barolo ist ein trockener Rotwein aus dem Piemont und reift traditionell in Eiche oder Kastanie.

Schließlich Aberlour aus dem Konzern Pernod Ricard. Hier im Blog hatten wir schon mal einen Fünfzehnjährigen und einen Achtzehnjährigen; bewertet haben wir ihn einmal mittelmäßig (15) und einmal gut (18). Whiskys von der Speyside sind in unserem Team nicht immer die beliebtesten Tropfen, allerdings hat die Brennerei an und für sich einen hervorragenden Ruf. Der hier vorgestellte Einundzwanzigjährige von whic kommt aus dem Bourbonfass (Hogshead = 250 Liter).



Glenturret 22 J. (1994/2017) Barolo Finish (55,5% Vol.)

Art und Herkunft: Single Malt, Highlands (Southern).

Besonderheiten: Fassstärke, nicht gefärbt.

Sonntag, 5. August 2018

1800 Tequila Anejo (38% Vol.)

Bevor ich weiterschreibe: Wagt es bloß nicht, Zitrone und Salz oder etwa Orange und Zimt (schauder!) rauszuholen. Dieses "Ritual" ist eine Erfindung der Gringos und in Mexiko absolut unüblich. Tequila trinkt man dort pur; wenn überhaupt, dann trinkt man silbernen Tequila als bandera (Flagge) in den Farben Grün (Limettensaft) - Weiß (Tequila) - Rot (Sangrita) ... und zwar aus drei unterschiedlichen Gläsern. Im Endeffekt dient dieser ganze Firlefanz nur dazu, ein recht spritiges Getränk (weißen bzw. silbernen Tequila) für den mitteleuropäischen Gaumen abzumildern. Wir sind halt ein bisschen verweichlicht, gelle? Ähnliche Phänomene kennt man auch von diesen unsäglichen "Absinth-Ritualen" usw.

Wie auch immer: was überhaupt ist Tequila? Zunächst einmal eine regional begrenzte Variante des Mezcal, vergleichbar mit der Situation Weinbrand vs. Cognac. Spirituosen mit dem Namen Tequila müssen aus der Umgebung der gleichnamigen Stadt im Bundesstaat Jalisco kommen. Außerdem muss er aus der Blauen Agave (aka agave tequilana oder auch Weber-Agave) hergestellt worden sein. Bei einem "einfachen" Tequila reichen als Agavenanteil 51 Prozent, bei den 100-Prozent-Agave-Tequilas sind es ... naja, ihr wisst schon. Ansonsten hat er zwischen 31 und 55 Umdrehungen, wobei 38 so etwas wie der Normalfall sind. Grundsätzlich unterscheidet man vier Hauptsorten:
  • Tequila Blanco oder Plata ("Weiß" bzw. "Silber"): keine Lagerzeit bzw. bis zu zwei Monaten im Stahltank
  • Tequila Reposado ("geruht"): zwischen zwei Monaten und einem Jahr in Eichenfässern
  • Tequila Anejo ("gealtert", eigentlich gehört da noch eine Tilde oder wie das heißt über das "n"): zwischen einem und drei Jahren in Eichenfässern
  • Tequila Extra Anejo (dürfte klar sein): mindestens drei Jahre in Eichenfässern
Wer noch mehr Infos braucht: auf der Seite der Nationalen Kammer der Tequilahersteller erfährt man alles, was man jemals über Tequila wissen wollte.

Unser heutiger Agavenbrand kommt von der Firma José Cuervo (JC), die bereits im Jahre 1795 (sic!) Tequila herstellte. Seit den Sechzigern des 20. Jahrhunderts befindet sich JC im Besitz der Familie Beckmann (trotz des Namens sind es waschechte Mexikaner). Früher hieß der Tequila noch José Cuervo 1800, aber seit ein paar Jahren handelt es sich um eine eigene Marke. Den Beckmanns gehört darüber hinaus auch noch die Firma Proximo Spirits in New Jersey, die unter anderem die Markenrechte an Bushmills und The Kraken hält. Außer dem heute probierten Anejo gibt es unter dem Namen 1800 "natürlich" noch einen Blanco, einen Reposado sowie einen Extra Anejo ... und aus unerfindlichem Grunde auch einen mit Kokosnuss. 

Eine kurze Anmerkung, bevor ich mit der Verkostung anfange: so einen guten Tequila trinkt man natürlich nicht aus dem Shotglas, sondern aus einem Nosingglas oder aus einem Schwenker, bei Zimmertemperatur. Und wie gesagt: keine Zitrone, keine Orange. Bitte.



Art und Herkunft: Tequila, Mexiko (Jalisco).