Sonntag, 12. August 2018

Einsendungen, Folge 4: Whic Nymphs of Whisky (Ben Nevis, Glenturret) & Architecture of Taste (Aberlour)

Im zweiten Teil der Samples von whic sind nunmehr auch die beiden weiteren Serien von deren eigenen Abfüllungen vertreten: Die Nymphs of Whisky (mit Bildern von ebendiesen leicht bekleideten Damen aus der Mythologie etikettiert) sowie Architecture of Taste (antike Torbögen sowie der Claim Wir legen hier das Auge auf Abfüllungen, die sich durch ein ungewöhnlich intensives Aroma profiliert haben. Der Geschmack steht hier absolut im Mittelpunkt). Der heute vorgestellte Ben Nevis ist leider ausgelistet. Die beiden anderen Whiskys kosten um die 140,- EUR für eine "große" Flasche.

Ben Nevis ist eine der "Hausdestillerien" unserer Redaktion; verkostet haben wir hier bis jetzt verschiedene Ausgaben des Zehnjährigen. Der Zweiundzwanzigjährige, der heute vor uns steht, hat seine gesamte Lebenszeit in einem Sherryfass (genauer gesagt: einem Butt mit ca. 500 Litern Fassungsvermögen) verbracht. Solche alten Jahrgänge gibt es von Ben Nevis normalerweise nur als unabhängige Abfüllungen.

Glenturret ist für uns alle eine unbekannte Größe. Die Destillerie bezeichnet sich selbst als die Älteste in Schottland (1775), allerdings war sie einen großen Teil ihrer Geschichte über geschlossen. Die Brennerei in ihrer heutigen Form stammt auf jeden Fall von einer umfangreichen Renovierung Ende der 50er (nach 30 Jahren Stillstand). Bekannt ist sie zudem für die Katze Towser, die es als äußerst langlebiges Exemplar ihrer Gattung und als hochproduktive Mäusefängerin einst ins Guinness-Buch der Rekorde schaffte. Da Glenturret zusammen mit Macallan einer der Lead Whiskies von Famous Grouse ist, liegt das Hauptaugenmerk der Produktion (und der Vermarktung) eben auch auf diesem sehr bekannten Scotch. Mangels Erfahrung mit diesem Single Malt habe ich mal bei Johannes Vandenheuvel nachgeschaut: er selbst ist wohl kein großer Fan und beschreibt den Hausstil als ölig bzw. würzig, mit wenigen Nuancen. Der Glenturret von whic wurde jedenfalls 1994 abgefüllt und hat ein Finish im Barolofass erhalten. Barolo ist ein trockener Rotwein aus dem Piemont und reift traditionell in Eiche oder Kastanie.

Schließlich Aberlour aus dem Konzern Pernod Ricard. Hier im Blog hatten wir schon mal einen Fünfzehnjährigen und einen Achtzehnjährigen; bewertet haben wir ihn einmal mittelmäßig (15) und einmal gut (18). Whiskys von der Speyside sind in unserem Team nicht immer die beliebtesten Tropfen, allerdings hat die Brennerei an und für sich einen hervorragenden Ruf. Der hier vorgestellte Einundzwanzigjährige von whic kommt aus dem Bourbonfass (Hogshead = 250 Liter).



Glenturret 22 J. (1994/2017) Barolo Finish (55,5% Vol.)

Art und Herkunft: Single Malt, Highlands (Southern).

Besonderheiten: Fassstärke, nicht gefärbt.

Aussehen und Aroma: Satte Kupferfarbe mit Rotstich. Sehr starke Nase aus dem Holz, gegen die sich andere Eindrücke zuerst nur schwer durchsetzen können. Später Amarenakirsche. Leicht ledrig und würzig. Nach der Zugabe von Wasser frischere Noten, Balsaholz.

Geschmack: Ein scharf-süßlicher Antritt mit Pfeffer und deutlich parfümierter Note. Eau de Cologne. Etwas nasse Asche. Wiederum sehr holzbetont und adstringierend. Tannine. Mit Wasser deutlich weniger trocken, fruchtiger. Rote Gummibärchen.

Abgang: Lang und doch recht trocken.

Fazit/Tipp: Tatsächlich sorgt das Barolofass hier für mächtig Holz im Ofen. Für mich sogar schon einen Tick zu stark betont, aber es gibt ja viele Leute, die gerade so einen extremen Fasseinschlag mögen. Unser Team empfiehlt definitiv einen Schuss Wasser dazu.


Aberlour 21 J. (59,8% Vol.)

Art und Herkunft: Single Malt, Speyside (Central).

Besonderheiten: Fassstärke, nicht gefärbt, nicht kaltfiltriert.

Aussehen und Aroma: Hellgold. Süße und gefällige Nase. Ananas, Vanille und etwas Honig. Hintergrundwürze mit schwarzem Tee. Heimelige Eindrücke mit dem Geruch von Mutters Tischuntersetzern (warmes Binsengeflecht). Der Zusatz von Dihydrogenmonoxid schließt noch weitere fruchtige Noten auf, insbesondere frische Mirabellen.

Geschmack: Kräftiger, pfeffriger, süßer Antritt. Honigwabe und Vanillezucker. Kandierte Frucht, insbesondere wieder Ananas. Mit Wasser noch etwas gefälliger und süßer. Aprikosenkompott.

Abgang: Mittel bis lang. Eher trockener als vorher.

Fazit/Tipp: Ein recht "typischer", sauber durchgestylter Speysider mit einem rasanten Antritt, der dann aber freundlich-süß verläuft. Im Gegensatz zum Glenturret hat er fast keine holzigen Aromen. Wasser? Ja, bitte.


Ben Nevis 22 J. (1995/2018) Sherry Butt (52,9% Vol.)

Art und Herkunft: Single Malt, Highlands (Western).

Aussehen und Aroma: Dunklere Bernstein, eher bräunlich als rötlich. Sehr dezidiertes Sherryfass, viel rote Frucht - in diesem Falle Johannisbeere und Moosbeere. Apfelig. Dezente Vanille. Grießpudding. Leicht vegetabile Eindrücke. Speiseöl? Der Zusatz von Wasser bringt noch ein bisschen Zitronenkuchen zum Vorschein.

Geschmack: Kräftig. Kaum Ethanol. Süß mit Rosinen und rotweißer Zuckerstange. Ein paar leicht säuerliche Noten. Cranberrysaft? Frischer Tabak. Wenn man Wasser dazugibt, wird er etwas "glatter", an den Aromen ändert sich aber kaum etwas.

Abgang: Lang und weiterhin fruchtig.

Fazit/Tipp: Ein sehr schön fruchtig-süßlicher Whisky mit vielen Nuancen. Selbst für Leute, die keine Freunde des Sherryfasses sind, gut verträglich. Wasser kann, muss aber nicht. Leider, leider vergriffen.

Gesamtfazit: Wie ich schon sagte: wir sind wohl ein bisschen biased hinsichtlich des Ben Nevis, aber tatsächlich hat er uns heute auch am besten gefallen. Der Aberlour ist ein solider Tropfen, mit dem man nichts falsch machen kann. Der Glenturret eignet sich wirklich vornehmlich für Leute, die trockene, würzige Whiskys schätzen. Vielen Dank noch einmal an whic für die Samples.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 19. August 2018.

Verkostung: Jan B., Plattfuss, Tomas A.
Text: Jan B.



Keine Kommentare: