Mittwoch, 31. Juli 2013

Zwischendurch: Termine August 2013

Lokal und Regional

Osnabrücker Weintage (Osnabrück: 8. bis 11. August)

National

17. Internationales Berliner Bierfestival (Berlin: 2. bis 4. August)


International

Great British Beer Festival (London, England: 13. bis 17. August)

Belgrade Beer Fest (Belgrad, Serbien: 14. bis 18. August)

German Bierfest 
(Atlanta, GA, USA: 24. August)



Interessante Veranstaltung gefunden? Nachricht an uns, bitte!

Haftungsausschluss: Alle Angaben ohne Gewähr. Änderungen und Irrtümer vorbehalten. Änderungen von Veranstaltungsorten und/oder -terminen liegen in der Verantwortung des jeweiligen Veranstalters. Informieren Sie sich daher zusätzlich bitte auf den offiziellen Veranstaltungsseiten.

Samstag, 27. Juli 2013

Nikka All Malt NAS vs The Yamazaki 10 J. (beide 40% Vol.)

Wer einmal die älteren Posts in diesem Blog gelesen hat, wird wissen, dass meine Kinder- und Jugendzeit in den Siebzigern und Achtzigern lag. Damals galten die Japaner, wie die Chinesen heutzutage, wirtschaftlich und industriell als "gute Kopierer", das heißt, man sagte ihnen nach, sie könnten aus eigener Kraft bzw. aus eigener Entwicklung heraus nichts selber schaffen. Dass dem irgendwann nicht mehr so war, lag an den Innovationen der achtziger Jahre, gerade auf elektronischem Gebiet (Walkman!!), die dann "urplötzlich" um die Ecke gebogen kamen. Tatsächlich hatten die Japaner sich - seit Ende des 19. Jahrhunderts - viel von den westlichen Mächten abgeschaut (Schulsystem und Militär z.B. von Preußen bzw. Deutschland) und so einen Modernisierungsschub im eigenen Land ausgelöst. Aber wie das alte Epigramm sagt: Irgendwann wird der Lehrling den Meister übertreffen. Und so kam es, dass aus den Jahren des möglichst perfekten Kopierens westlicher Produkte eine Phase der Perfektionierung und auch der Neuentwicklung entstand.

Vor dem Hintergrund des oben gesagten ist es nicht weiter verwunderlich, dass Japan sich eines Tages (und das ist nun auch schon wieder fast 100 Jahre her) daran machte, auch westlichen Alkohol, insbesondere Bier und Whisky, selbst zu produzieren. Gegenwärtig ist das Land der zweitgrößte Produzent von Single Malts (nach wem wohl?) und die beiden heute vorgestellten Whiskys stehen stellvertretend für die beiden größten Firmen des Landes auf diesem Gebiet, welche gleichzeitig auch am längsten in dem Metier tätig sind: Suntory wurde bereits 1899 vom Geschäftsmann Shinjiro Torii gegründet und ist heute einer der größten Getränkekonzerne der Welt. Torii hatte die Idee, im ganzen Land nach westlichem Muster ausgestattete Bars zu errichten und wollte diese mit Spirituosen aus eigener Herstellung versorgen können. Im Laufe der Jahrzehnte erwuchs daraus ein mächtiges Imperium mit einer fast unüberschaubaren Vielzahl von Produkten, insbesondere auch Whiskys. Die Firma betreibt zur Zeit zwei aktive Whiskybrennereien in Japan, nämlich die Hakushu (mit angeschlossenem Weingut) sowie die Yamazaki in der Nähe der alten kaiserlichen Hauptstadt Kyoto. Zum Konzern gehört ebenfalls Bowmore.

Die Japaner bevorzugen in der Regel einen leichteren, frischeren Whiskystil, legten allerdings von Anfang an großen Wert darauf, dass die einheimischen Produkte auf genau die selbe Art und Weise hergestellt wurden wie die "Originale" aus Schottland, was bis zum heutigen Tage die Regel geblieben ist - und sich bis in die Architektur der Destillerien widerspiegelt. Suntory brauchte also, um einen "richtigen" Whisky brennen zu können, jemanden, der sich damit genau auskannte. Und diesen Jemand fand man schließlich Anfang der Zwanzigerjahre in der Person von Masataka Taketsuru, der sich mit Shinjiro Torii, dem Firmengründer, zusammentat, um die erste echte Whiskybrennerei in Japan zu gründen: Yamazaki (1923). Taketsuru hatte sich das notwendige Know-how in Glasgow angeeignet, wo er zunächst Chemie studierte. Später arbeitete er als "Lehrling" bei Lagavulin und einer Brennerei in Campeltown (laut der meisten Quellen Hazelburn). Außerdem heiratete er eine Schottin, die ihm auch nach Japan folgte. Taketsuru also war maßgeblich am frühen Erfolg von Suntory beteiligt, jedoch verließ er diese Firma 1934 im Streit und gründete sein eigenes Unternehmen, nämlich Nikka. Seine erste Whiskybrennerei war die Yoichi (in der Nähe von Sapporo), später kam noch die Miyagikyo auf der Insel Honshu hinzu. Nikka selbst gehört mittlerweile zum Konzern Asahi Breweries (hauptsächlich bekannt für das gleichnamige Bier), kaufte allerdings noch vor der Jahrhundertwende die schottische Destillerie Ben Nevis.

Eine Anmerkung zu den heute verkosteten Whiskys: Der Yamazaki ist ein klassisch hergestellter Single Malt mit Altersangabe, der Nikka All Malt wird teilweise aus Malt Whisky aus Pot Stills, teilweise aus gemälzter Gerste, die in Coffey Stills gebrannt wird (er besteht daher aus Whiskys sowohl von Yoichi als auch Miyagikyo), hergestellt, enthält also keinen Grain Whisky. Ich klassifiziere ihn hier also logischerweise als "Vatted" Malt. Der All Malt kostet online zwischen 25,- und 28,- EUR, der Yamazaki  10 ist deutlich teurer und kostet in der Regel das Doppelte.


Bild: TAQ

The Yamazaki 10 J.

Art und Herkunft: Single Malt Whisky, Japan (Suntory)

Aussehen und Aroma: Erst einmal - nicht wundern! Der Whisky hat einen Schraubverschluss; dies ist in Japan auch bei hochwertigen Tropfen üblich (ich finde dies übrigens ökologisch, ökonomisch und geschmacklich besser als Korken ... so, das musste mal gesagt werden). Farblich erstrahlt er in sattem Gelbgold. Aromen von Orangen(blütentee), sehr intensiv, leichte Vanille. Ein blumiger Whisky, ebenfalls etwas helles Toffee?

Geschmack: Weich und mild. Sanft auf der Zunge. Sahnebonbon, Wildblumen.

Abgang: Mittel, trockener werdend. Warm. Ganz zum Schluss: frisches Brot.

Fazit/Tipp: Ein erstaunlich weicher und reifer Zehnjähriger. Fast gar kein Rauch, blumig und duftig. Entspricht eher dem japanischen Geschmack in seiner Leichtigkeit - aber auch ideal für den, der nicht auf Torf/Rauch steht. Sehr gute Qualität.


Bild: TAQ

Nikka All Malt NAS

Art und Herkunft: Blended/Vatted Malt Whisky, Japan (Nikka/Asahi)

Aussehen und Aroma: Goldgelb, sehr intensive Nase von Karamell und Kaffee, leicht spritig im Hintergrund, viel Holz.

Geschmack: Süße Pflaume, später Eichenholz. Vorne im Mund ein deutliches Brennen.

Abgang: Mittel bis lang, eher trocken. Leider etwas holprig zum Schluss, es zieht einem ein wenig den Mund zusammen, herb, extrem holzig.

Fazit/Tipp: Den Abgang finde ich - wie oben beschrieben - nicht sehr gelungen. Ansonsten solides Mittelmaß. Plattfuss mochte ihn nicht sehr ("er ist anstrengend aber nicht lecker"). Ich allerdings habe mich nach einer Zeit an ihn gewöhnt und sogar die Flasche leergemacht.

Gesamtfazit: Wie man unschwer erkennt, sahen wir hier den Yamazaki ganz klar als Sieger, wobei wir noch einmal daran erinnern, dass er natürlich auch doppelt so teuer ist wie der Nikka ... insofern vielleicht auch kein ganz überraschendes Ergebnis.

Blog blong dring macht jetzt eine (kurze) Sommerpause. Der nächste planmäßige Beitrag erscheint daher erst am 10. August 2013.


Samstag, 20. Juli 2013

Arran Machrie Moor NAS (46% Vol.)

Im Westen der Insel Arran liegt eine einsame Moorlandschaft, die eng verbunden ist mit den Sagen um die gälischen Helden und Götter von einst. Dort findet man auch eine Ansammlung von Steinkreisen, die hauptsächlich aus der Bronzezeit stammen, deren Ursprünge aber bis ins Neolithikum zurückverfolgt werden können. Somit ist das Machrie Moor nicht nur eine archäologische Fundstätte erster Güte sondern natürlich auch einer der touristischen Anziehungspunkte der gesamten Insel. Was Wunder also, dass die Brennerei Arran ebenfalls eines ihrer Produkte nach dieser wildromantischen Landschaft benannt hat?

Der Whisky ist von Seiten der Destillerie der Versuch, ein gemäßigt torfiges (20 ppm) Produkt herzustellen. Leider habe ich den guten Tropfen in einer Probenflasche erhalten, jedoch ist die Originalverpackung sehr viel origineller: Sie zeigt das altertümlich wirkende Bild eines Hundes auf dunklem Label. Das Tierchen stellt laut Prospekt Bran, den Hund des legendären Helden Fingal, dar. Fingal pflegte der Sage nach gerne ungestört zu speisen und band deshalb Bran immer an einem der Steine an, die auf Machrie Moor stehen. Putzig. Die hier besprochene 3rd Edition kostet online so um die 38 bis 40 EUR.



Art und Herkunft: Single Malt, Islands (Arran)

Aussehen und Aroma: Der Machrie Moor ist wirklich sehr, sehr hell und nur leicht gelblich in der Farbe. Das Aroma zeigt sich dezent torfig, mit deutlich fruchtigen Themen: die von anderen Arrans bekannten Äpfel, jedoch auch Ananas und sehr ausgeprägte Zitrusfrucht bis hin zur Zitronenlimo.

Geschmack: Angenehm im Mund, seidig weich. Die Äpfel und Zitrusfrüchte kommen stark durch. Es zeigen sich Süße und Rauchigkeit, später leider merkbare Schärfe.

Abgang: Überraschend kurz, kaum mittellang. Wärmend, aber abrupter Schluss. Etwas Frucht bleibt am Gaumen kleben.

Fazit/Tipp: Mit etwas Wasser kommt ein wenig mehr Süße zum Tragen. Insgesamt ein recht gut gemachter Whisky (abzüglich des etwas kantigen Mittelteils), von dem man jedoch in Bezug auf die Torfigkeit keine Wunder erwarten sollte. Für mich persönlich nicht das allerbeste Produkt der Brennerei, aber absolut in Ordnung.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 27. Juli 2013.


Samstag, 13. Juli 2013

Cognac Cuvée Paradis 40-50 J., "vom Fass" (40% Vol.)

"Heute trinken wir mal was Besonderes", sagt Plattfuss, als ich in seine Wohnung trete. Er ist seit Kurzem (zu seinem Vorteil, behaupte ich mal) wieder Single, also bin ich bei solchen Ankündigungen immer etwas vorsichtig. Gibt es Kölnisch Wasser? Einen Whisky für unter 5,- EUR vom Restpostenladen? Nein, er hat sich in Unkosten gestürzt und ein Fläschchen Cognac "vom Fass" geholt - natürlich nur ein kleines, denn der Cuvée Paradis (in der Osnabrücker Filiale leider nicht ganz stilecht Paradies geschrieben) schlägt mit einem Literpreis von knapp unter 180,- EUR doch recht stark zu Buche. Was weiß ich überhaupt vom Cognac? So gut wie gar nichts, bis jetzt. Ich weiß, dass es sich um einen Weinbrand handelt (im Rest der Welt Brandy genannt). Früher wurden deutsche Erzeugnisse Kognak genannt (Konjak ausgesprochen und auch teilweise geschrieben, siehe Döblins Berlin Alexanderplatz) aber dies ist meines Wissens heute verboten, denn Cognac ist in erster Linie eine geschützte Herkunftsbezeichnung.

Um mich schlau zu machen, verzichtete ich diesmal auf den Wikipedia-Um- bzw. Irrweg und wandte mich direkt an die (auf Deutsch verfügbaren) Webseiten des Cognac-Berufsverbandes in Frankreich. Dort finden sich alle wichtigen Informationen, die ich hier nur ganz kurz umreißen möchte, weiterlesen kann ja schließlich jeder selbst. Aaalso: Cognac wird mit Hilfe einer Zweifachdestillation aus Weißwein gewonnen und muss mit einem Alkoholgehalt von 40% an den Endverbraucher abgegeben werden. Zu diesem Zweck darf er mit Wasser versetzt werden. Weitere Zusätze sind nur zum Zwecke der Farbjustierung (Karamell zum Beispiel) erlaubt. Nach dem Brennen ist der Schnaps noch farblos, genauso wie frischer Whisky. Er kann dann mehrere Jahrzehnte in Eichenfässern reifen, wo er sein Aroma und seine Farbe gewinnt. Gegen Ende seines Alterungsprozesses wird er noch einmal in ältere Fässer umgefüllt (eine Art Finishing). Ist er dann ausgereift, wird er in Korbflaschen luftdicht verschlossen. Eine Abfüllung besteht - wiederum ähnlich einem Whisky, wenn es nicht gerade ein Single Cask ist - aus einer Mischung verschiedener Fässer, der so genannten  marriage (Verheiratung). Die Altersangabe eines Cognacs bezieht sich stets auf die jüngsten verwendeten Bestandteile, der heute Verkostete enthält also keine Produkte, welche jünger als vierzig Jahre alt sind. Nur Weinbrand aus der Charente, genauer: 
[dem] Departement Charente-Maritime, [einem] Großteil der Charente und [einigen] Gemeinden in den Departements Deux-Sèvres und Dordogne
darf offiziell Cognac heißen. Ein sehr naher Verwandter ist der - früher einst sehr beliebte aber heute etwas marginalisierte - Armagnac, der jedoch aus der Gascogne stammen muss. 

Bild: TAQ

Art und Herkunft: Cognac, unabhängiger Abfüller ("vom Fass")

Aussehen und Aroma: Warmes, schimmerndes Braun, sehr breite Legs. Eine ausgeprägte, reichhaltige Nase mit Sultaninen, Bitterorangen und Vanillezucker. Viel Eichenholz und ein Hauch von Maraschinokirschen.

Geschmack: Beim ersten Schluck sofort Pfefferschärfe, die sich aber spätestens im Mittelteil gelegt hat. Sehr süß, Vanille und ein wenig Orange. Später Haselnuss.

Abgang: Relativ lang, sehr warm. Zum Schluss meint man die Geister der Trauben zu schmecken, aus denen der Cognac einst gebrannt wurde.

Fazit: Wenn es ein Whisky wäre, käme er von der Speyside. Dieser erste Versuch mit französischem Weinbrand war sehr angenehm und macht Lust auf mehr. Ich kenne mich (noch) nicht genug mit Cognac aus, um einschätzen zu können, ob der hohe Preis für diese Qualität angemessen ist - dennoch eine Ausgabe, die man sich ab und zu wohl mal leisten könnte. Lecker.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 20. Juli 2013.


Donnerstag, 11. Juli 2013

Zwischendurch: I've Seen the Future, Baby.

Plattfuss und ich haben endlich Nägel mit Köpfen gemacht und sind die dreißig Kilometer nach Greven gefahren, um uns beim Bierzwerg umzuschauen. Ein schön hergerichtetes Etablissement mit einer Wundertüte an halb- und vollexotischen Bieren, je nach Erfahrung und Perspektive natürlich. Ein Stück unentgeltlicher Werbung: Ganz klare Empfehlung! Zur angenehmen Atmosphäre kommen auch (für importierte bzw. seltene Biere) faire Preise (Pfand wird übrigens berechnet und auch wieder erstattet) und - das finden wir besonders wichtig - fachkundige Leute, die auch mal für ein längeres Gespräch unter Bierliebhabern zur Verfügung stehen. Nix wie hin also!

Für den Blog bedeutet die heutige Einkaufstour demnächst eine gut ausgestattete Fortsetzung unserer Serie "Sind so kleine Biere ...", denn es ist wieder einiges Interessantes dabei:

Bild: TAQ

Minus der Einkäufe von Plattfuss, die nicht abgebildet sind sowie zuzüglich der Biere, die wir noch "auf Halde" hatten (ebenfalls nicht im Bild), darf man sich also auf Verkostungen folgender Tropfen freuen:
  • Lindemans Pecheresse (Belgien)
  • Mongozo Banana (Belgien)
  • Mongozo Coconut (Belgien)
  • Haacht Kriek Mystic (Belgien)
  • Lindemans Cassis (Belgien)
  • St Louis Premium Kriek (Belgien)
  • Leffe Ruby (Belgien)
  • St Bernardus Tripel (Belgien)
  • Kriek Boon (Belgien)
  • Kriek Boon Mariage Parfait (Belgien)
  • Liefmans Cuvée-Brut (Belgien)
  • Williams Ginger (Großbritannien)
  • Robinson's Old Tom with Ginger (Großbritannien)
  • Wells Bombardier English Premium Bitter (Großbritannien)
  • Widmer Brothers Omission Gluten-Free (USA)
Hach, wie wir uns schon freuen :-)


Samstag, 6. Juli 2013

Sind so kleine Biere, Teil XII: Faro Cantillon vs Kriek de Ranke

Der Februarmorgen in meiner alten Heimat Brüssel war - wie zu erwarten - eher nass und kalt. Meine Frau und mich hatte es dennoch nicht davon abgehalten, einen recht anspruchsvollen Morgenspaziergang entlang der Avenue Louise, über die Abtei Ter Kameren bis hin zu den Teichen von Elsene/Ixelles zu machen. Auch hatten wir bereits einen der berühmten Pfefferminztees im Café Belga verdrückt, aber irgendetwas brauchte ich jetzt doch noch.

Passenderweise fiel mir dabei ein, dass Chez Moeder Lambic ja vor kurzem eine Dependance am Place Fontainas, also nicht weit weg vom Südbahnhof, gegründet hatte, die fußläufiger etwas einfacher zu erreichen war als das Original in der Rue de Savoie. Also nichts wie hin und eine kleine Erfrischung genossen ... die Kneipe war zu dieser frühen Tageszeit (11 Uhr, gerade geöffnet) noch erfrischend leer und frei von sonstigen Touristen, so dass meine Frau und ich die einzigen Gäste waren. Das Ambiente stellte sich als sehr modern aber einigermaßen gemütlich heraus, bildete jedoch einen gewissen Kontrast zum Stammhaus, das eher den Charme einer altehrwürdigen Bierhalle verströmt. Sei's drum, der Service konzentrierte sich einzig und alleine auf uns, also konnten wir bereits nach 10 Minuten eine erste Bestellung abgeben ;-)


Bild: TAQ

Nun, wenn ich im Moeder Lambic bin, dann trinke ich natürlich regionale und lokale Biere, vorzugsweise Lambiek, bzw. dessen Abarten. Lambiek ist das Brüsseler Bier par excellence. Es entsteht durch spontane Gärung, ausgelöst durch die Hefepilze Brettanomyces bruxellensis bzw. Brettanomyces lambicus, welche früher nur im Tal der Senne (= in und um Brüssel) vorkamen, so dass lange Zeit ein Lambiek nur in dieser Gegend hergestellt werden konnte ... denn der Hefepilz muss in der Umgebungsluft der Brauerei vorhanden sein; er kann nicht "aus der Dose" zugefügt werden. Nach dem Brauprozess gärt traditionelles Lambiek in Eichenholzfässern (oft uralten Weinfässern) mehrere Jahre lang weiter, wobei das entstehende CO2 durch die Holzwände entweicht. Daher ist naturbelassenes Lambiek praktisch kohlensäurefrei. Es gibt einige Brauereien, die unverschnittenes Lambiek an den Endverbraucher abgeben, aber dieser Trunk ist - zugegebenermaßen - nur etwas für jemanden, der damit aufgewachsen ist (so wie ich) oder für jemanden, der unbedingt mal etwas neues probieren möchte, denn das Produkt ist nicht nur fast platt, es ist auch sehr holzig (wenn traditionell im Eichenfass vergoren) und extrem sauer.

Das meiste Lambiek wird zu etwas gefälligeren Kreationen verarbeitet, so wird zum Beispiel die traditionelle Geuze aus alten und jungen Lambieks verschnitten (der Fachmann spricht bei Geuze vom "Stechen"). Anders als im deutschen Wikipedia-Artikel behauptet, hat der Name Geuze nichts mit der mitteldeutschen Gose zu tun sondern der Name kommt von einer der ersten Produktionsstätten des 19. Jahrhunderts in der Brüsseler Geuzestraat. Die Mischung der verschiedenen Lambieks gärt in der Flasche weiter (genau so wie es auch Champagner tut, die erste Geuze wurde tatsächlich auch in Champagnerflaschen abgefüllt) und wird daher klarer und sprudelnder als reines Lambiek. Dennoch behält auch die Geuze einen unnachahmlichen süß-säuerlichen Charakter, der nicht jedermanns Sache ist. Sie lässt sich auch hervorragend für bestimmte Gerichte, insbesondere nach Art des Stoofvlees, verwenden.

Zwei andere Arten der Aufbereitung von Lambiek sind a) das Versetzen mit Zucker oder Süßstoff (ganz früher Melasse bzw. Rübensirup); somit erhält man das sogenannte Faro, welches aufgrund seines relativ geringen Alkoholgehalts und seiner relativen Süße einst als Getränk für Kinder und Frauen galt sowie b) das Mischen mit Kirschen und/oder Kirschsaft, wodurch die sehr viel bekannteren Krieks entstehen. In dieser Kategorie unterscheidet man wiederum zwischen "modernen" und "traditionellen" Krieks, aber dazu ein anderes Mal mehr. Für die Verkostung heute wählte ich jeweils ein Faro und ein Kriek. Zum Kriek ist zu sagen, dass es nicht in Brüssel sondern in Wevelgem hergestellt wird und außer Lambiek auch rotbraunes Bier aus Westflandern enthält; es ist also kein ganz traditionelles Produkt.

Bild: TAQ

Faro Cantillon (5% Vol.)

Art und Herkunft: Faro aus Lambiek, Belgien (Brüssel)

Aussehen und Aroma: Das Bier ist sehr kohlensäurearm und trüb. Kein Schaum. Farblich eher dunkel und rötlich-braun. Ein sehr würzig-säuerlicher Geruch nach Erbsensuppe mit Essig.

Geschmack: Wie nicht anders zu erwarten sehr starke süß-säuerliche Eindrücke. Frische und fruchtige Noten wie Apfel und Rhabarber im Mittelteil. Etwas schal.

Abgang: Kurz, aber ein überraschend bitterer Nachbrenner.

Fazit: Ein sehr traditionelles Faro, wie es wohl nur ein Brusseleir runterkriegt - wobei ich zugeben muss, dass selbst ich mich trotz jahrelanger Abhärtung etwas schwer damit tue. Allerdings meinen Respekt für das konsequente Hochhalten einer uralten Biertradition.


Bild: TAQ


Kriek de Ranke (7% Vol.)

Art und Herkunft: Kriek aus Lambiek und Ale, Belgien (Westflandern)

Aussehen und Aroma: Deutlich "bieriger", genügend Kohlensäure, schöne kleine Krone. Säuerliche Kirsche und andere Früchte (Ananas).

Geschmack: Sehr säuerlich und wenig süß. Erfrischend bis adstringierend. Hopfig und tendenziell bitter im Mittelteil. Noten von Apfelrotkohl.

Abgang: Kurz bis mittel. Hopfiger Schluss.

Fazit: Sehr erfrischend, unterscheidet sich (wohltuend) von den üblichen "süßen" Krieks der Massenware.

Gesamtfazit: Sowohl das getestete Faro als auch das Kriek sind definitiv Biere für den Liebhaber, nicht für den leichtfertigen Konsumenten. Insgesamt ist das Kriek von de Ranke etwas einfacher zu trinken. Trotzdem sind beide Produkte empfehlenswert für diejenigen, die einmal wissen möchten, wie belgisches Bier "früher" schmeckte. Beim Besuch in Brüssel doch auf jeden Fall ausprobieren!

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 13. Juli 2013.


Montag, 1. Juli 2013

Zwischendurch: Versuchen wir es nochmal

Nachdem ich vor einiger Zeit darauf hingewiesen wurde, dass die Suchfunktion nicht mehr richtig funktionierte, habe ich jetzt ein neues Suchfeld in die Seite integriert (siehe rechts) ... und hoffe, dass es funzt.

Wenn nicht, wäre ich für eine kurze Fehlerrückmeldung dankbar. Die Labelcloud reduziere ich in der Zwischenzeit wieder etwas, um die Lesbarkeit zu erhöhen.