Sonntag, 29. November 2020

Sind so kleine Biere, Folge112: Schoppe Bräu Juice (6,0% Vol.)

Schoppe Bräu. Nicht Schoppebräu. Muss das so? Egal, ich habe eh schon vor dem Phänomen unnötiger Leerstellen (vulgo "Deppenleerstelle") kapituliert. Kostet nur Lebenszeit. Also meinetwegen Schoppe Bräu. Die kommt aus Deutschlands zweitbester Hauptstadt Berlin. Die Brauerei von Thorsten Schoppe gibt es nächstes Jahr - wenn ich richtig gerechnet habe - schon seit zwei Dekaden. Auf Hopfenhelden habe ich einen sehr langen Artikel über das Projekt gefunden, der sogar noch auf einen älteren Artikel verweist, darum belasse ich es für den Moment erst einmal mit dem Droppen des entsprechenden Links.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt (November/Dezember 2020) führt die Webseite von Schoppe ganze 16 Sorten als lieferbar auf, darunter das heute hier vor uns stehende Juice, das es als No Juice auch in einer alkoholfreien Version gibt. Ein NEIPA, das anders ist als andere NEIPAs, offensichtlich:

Es gibt ja ein paar Dinge, die affig sind am New England Style. Extreme Trübung: Ham wa nicht! Extremer Hype: ham wa nicht! ABER: Extrem herrlich cremiges, fruchtiges und mildes IPA: Ham wa!!!

Nun, man wird sehen, man wird sehen.

Art und Herkunft: New England IPA, Deutschland (Berlin).

Aussehen und Aroma:  Goldgelb und tatsächlich nur wenig trübe. Eine kleinere, aber sehr stabile Schaumkrone. Sehr angenehm fruchtig-süße Nase, mit Mandarinen, Maracuja und Aprikosen.

Geschmack:  Vollmundiger und eher feinperliger Antritt, bei dem die Fruchtnoten eher reif als frisch sind. Sehr dominante Säure von Orange und/oder Mandarine auf der Zungenmitte. Etwas Ananas? Zum Ende hin schlagen die herberen Noten stärker durch. Grasig, würzig.                                

Abgang: Mittellang und immer noch etwas säuerlich, aber die Bitterkeit hat eindeutig das größte Stehvermögen.

Fazit/Tipp: Ein sehr gut ausbalanciertes, angenehm hopfiges NEIPA, das man guten Gewissens weiterempfehlen kann. Dass es den visuellen Erwartungen von Haziness nicht so recht entspricht dürfte noch weit im Bereich des Verkraftbaren liegen.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 6. Dezember 2020.

Verkostung & Text: Tomas A.

Sonntag, 22. November 2020

Sind so kleine Biere, Folge 111: Vet & Lazy

Die Brauerei Vet & Lazy aus Rotterdam gibt es bereits seit 2015, als zwei Jungs (Ruben und Okke) beschlossen, selber Bier zu brauen - zunächst in einem Weck-Kocher mit 30 Liter, dann schon in einer eigenen Anlage (die aber laut deren Webseite auch schon letztes Jahr erweitert werden sollte) für 800 Liter. Die mengenmäßig sehr gut "laufenden" Biere werden oder wurden darüber hinaus auch bei anderen Brauereien hergestellt. Zurzeit sind vier verschiedene Sorten im Dauersortiment; saisonale und andere Ware kommt bei Gelegenheit dazu.

Tom hat uns von seinem Urlaub in Rotterdam neben dem Bierpaket von Kaapse Brouwers auch noch einen niedlichen Viererträger mit drei Standards und einem "Spezial" von Vet & Lazy mitgebracht. Die Flaschen sehen sehr schön aus und haben alle liebevoll gestaltete Etiketten. Auch die "witzischen" Namen gehören heute auf jeden Fall dazu 😉.


Vet & Lazy Dubbel Wit Zomerfit (7,0% Vol.)

Art und Herkunft: Witbier, Niederlande (Südholland).

Besonderheiten: Mit Kardamom, Szechuanpfeffer, Orangen-, Grapefruit-, und Limonenschale.

Aussehen und Aroma: Dunkles Gelbweiß und wenig Krone. Starke Ablagerungen. Die Orangenschale ist in der Nase sehr dominant.

Geschmack: Vollmundig und für ein Witbier überraschend herb. Auch hier wieder viel Zitrusfrucht.

Abgang: Mittellang und herb.

Fazit/Tipp: Tatsächlich sehr sommerlich und durstlöschend. Die verschiedenen Gewürze kommen nicht so recht gegen die fruchtigen Noten an. Alles in allem sehr gefällig.


Sweet Baby Jesus (5,6% Vol.)

Art und Herkunft: Weizenbier, siehe oben.

Sonntag, 15. November 2020

Projekt Braugarten, Folge 10: Mosaic IPA (6,2% Vol.)

Wir sind etwas nachlässig gewesen mit unseren Verkostungsnotizen: seit dem Mild Session Ale haben wir ja - außer dem turnusmäßigen Weihnachtsbier - schon drei weitere Biere hergestellt: Das 4-40 Oatmeal Stout, das Vorstandspils und das Mosaic IPA. Beim Stout müssen wir mal schauen, ob wir noch irgendwo eine Flasche rumfliegen haben, um das Pils kümmere ich mich ein anderes Mal und das IPA ... ja, das IPA machen wir heute.

Ein IPA zu brauen war uns schon lange ein großes Anliegen, aber irgendwie haben wir es immer vor uns hergeschoben. Und: wir haben ja den Anspruch, Biere zu brauen, die wir auch selbst gerne trinken würden. Und da gehen die Meinungen, wie ein IPA zu schmecken hat, im Team doch teilweise sehr stark auseinander. Der eine mag keine starke Bitterkeit, der andere keine würzigen bzw. grasigen Noten, usw. usw.

Der Kompromiss war, ein sehr fruchtiges IPA zu brauen; mit der entsprechenden Kombination des richtigen Hopfens mit der richtigen Hefe sollte das kein Problem sein. Entschieden haben wir uns letztendlich für eine Zusammenarbeit von Mosaic (und zwar NUR Mosaic) sowie der SafAle S-33 von Fermentis. Für den richtigen Hopfenwumms haben wir uns der guten alten Kalthopfung bedient und eine ordentlich Schaufel Mosaic in die Gärbottiche geworfen. Leider ist die Gesamtausbeute nicht ganz so groß wie erhofft: in einer der Chargen ist die Hefe wohl durch andere Bakterien infiziert worden und der Inhalt des Bottichs ist "umgekippt". Sehr schade, aber aus Schaden wird man klug (wenn auch niemals reich).

Art und Herkunft: Single Hop New England IPA, Deutschland (Niedersachsen).

Sonntag, 8. November 2020

Sind so kleine Biere, Folge 110: Wentersch

 Eines mal ganz schnell vorweg, bevor wir uns in die Haare kriegen. Die Brauerei wird nicht "WenterSCH" ausgesprochen, so mit einem dicken fetten "sch" wie in Schwamm oder Scheiße oder so. Das niederländische "sch" am Ende des Wortes wird wie ein etwas vernuscheltes "s" gesprochen. Auch nach knapp 35 Jahren in Deutschland treibt mich das echt in den Wahnsinn, wenn Deutsche das "sch" so grauenvoll verhunzen. Und wo wir gerade davon reden: der niederländische Fußballer und Trainer wird nicht "Ruth Gullitt" ausgesprochen, sondern "Rüüd Chüllid". Und der belgische Fußballer heißt nicht "Käwin die Bräune", sondern "Kevin de (kurz!) Bröjjne". Um Himmels Willen nochmal ...

Räusper. Sorry für den Rant. Es geht also heute um niederländische Biere der Marke Wentersch (nett, mit deutscher Version). Der Name bezieht sich auf die Gemeinde Winterswijk im Achterhoek; die lokale Mundart bezeichnet man als Niedersächsisch bzw. Nedersaksisch, was jedoch sehr wenig bis gar nichts mit dem gleichnamigen deutschen Bundesland zu tun hat. Die Brauerei wurde 2016 gegründet und produziert, wenn ich es richtig mitbekommen habe, seit 2017. Die Webseite vermeldet, dass die Brauanlage von der österreichischen Firma Labu Buchrucker gebaut wurde, welche sich auf den Bedarf großer Hobbybrauer bzw. kleiner gewerblicher Brauer spezialisiert hat. Bei meinem letzten Besuch in Enschede (kurz vor dem 2. Kapitel dieser saudämlichen Pandemie) habe ich einfach mal im Albert Heijn kräftig ins Regal gegriffen und ein paar Flaschen in den Einkaufswagen gelegt.


Wentersch Gevloerd (6,0% Vol.)

Art und Herkunft: Spezialbier/Weizenbier, Niederlande (Gelderland).

Besonderheiten: Das Malz kommt von einem traditionellen Malzboden aus der Region.

Aussehen und Aroma: Hellgelb, trüb, mit großer, stabiler Krone. Ganz leichte Zitrusnoten.

Geschmack: Beginnt wie ein traditionelles Witbier, hat aber gleich einen kräftigen sauren Nachlauf. Etwas fruchtig, Brausebonbon.

Abgang: Kurz und schmerzlos.

Fazit/Tipp: Kann man gut trinken; zuerst etwas überraschend, aber nicht unangenehm.


Wentersch Pomp 4 (10,0% Vol.)

Art und Herkunft: Quadrupel, siehe oben.

Besonderheiten: Mit Zusatz von Kandiszucker.

Aussehen und Aroma: Rotbraun und noch leicht durchsichtig; die Probe hatte (anders als auf den Werbefotos der Brauerei) praktisch gar keine Krone. In der Nase Wein oder Weingummi. Röstaromen von Schwarzbrot.

Geschmack: Sehr süßer Antritt mit roten Johannisbeeren. Feinperlig und vollmundig. Ganz dezenter kaffeeartiger Nachbrenner.

Abgang: Mittellang, der süßliche Beerengeschmack vom Anfang bleibt uns - mit einigen herben Nuancen - erhalten.

Fazit/Tipp: Das Pomp 4 hat uns gut geschmeckt, aber wir waren uns einig, dass es doch recht schwer ist und man eventuell vorher eine kleine "Grundlage" im Magen haben sollte.


Wentersch IPA (6,5% Vol.)

Art und Herkunft: IPA, siehe oben.

Besonderheiten: Diese Edition ist anscheinend ausgelistet. Das gegenwärtige IPA hat ein anderes Etikett und auch 1/2 ABV mehr.

Aussehen und Aroma: Goldgelb, feste große Krone mit sehr starker Sedimentierung. Leichte tropische Frucht.

Sonntag, 1. November 2020

Sind so kleine Biere, Folge 109: "Who the Fuck is Knaust?"

Um die Frage nun endlich gleich zu Anfang zu beantworten: Heinrich Knaust war ein frühneuzeitlicher (1520-1580) Theologe und Autor. Im Jahr 1575 erschien zu Erfurt sein umfangreiches Werk mit dem Titel Fünff Bücher Von der Göttlichen und Edlen Gabe der Philosophischen, hochthewren und wunderbaren Kunst, Bier zu brawen. Es bietet nicht nur einen Überblick über die zu seiner Zeit in Deutschland hergestellten Biersorten, sondern auch über ihre Herstellungsweise:

"Wie man ein Bier auf natürliche Weise wohlschmeckend wie Wein macht und das man gut im Sommer trinken kann: in ein  leeres Fass von Beerenwein füllen, dann nimmt es den Geschmack des Weines an und wird schön lauter. Die kölnischen und holländischen Biere (dieser Brauart? - JHB) sind dermaßen gelungen, dass sie oft für Wein gehalten werden (oder genau so gerne getrunken werden - JHB)."

Barrel aging nennt man das heute wohl. Knausts historisches Verdienst ist es, dass wir dank ihm relativ gut über die Zubereitung und auch den Geschmack der damaligen Biere informiert sind, da er ebenfalls Verkostungsnotizen angefertigt hat. Eine Art Bierblogger avant la lettre, könnte man sagen 😉.

Who the Fuck is Knaust ist ein Projekt der Brauereien Überquell (Hamburg), Freigeist Bierkultur (Stolberg) und dem Atelier der Braukünste (Vogelsberg). Gemeinsam haben sie zum 500. Geburtstag von Knaust drei Bierkreationen auf den Markt bzw. in die Flasche gebracht, die zumindest "historische Wurzeln" (in Knaustens Werk?) haben sollen.


Überquell Who the Fuck is Knaust? (5,5% Vol.)

Art und Herkunft: "Historic Ale"/Ale, Deutschland (Hamburg).

Besonderheiten: Gebraut mit Gerste, Emmer, Einkorn, Roggen, Weizen. Lavendel, Meersalz, Kardamom und Wacholderbeeren.

Aussehen und Aroma: Hellbraun bis goldbraun, trüb. Keine Krone. Sehr dezenter Geruch, etwas staubig. Cola?

Geschmack: Salziger Antritt (!), der Wacholder kommt deutlich durch, weiches Mundgefühl.

Abgang: Kurz und leicht süßlich.

Fazit/Tipp: Trotz der exotisch anmutenden Zutatenliste mühelos trinkbar. Weniger auffällig als gedacht.


Atelier der Braukünste Who the Fuck is Knaust? (6,3% Vol.)

Art und Herkunft: "Kartoffelbockwurstweizen"/Weizen, Deutschland (Hessen).

Besonderheiten: Weizen, Gerste, Hafer und Kartoffeln. Die Malze wurden "beim Metzger" geräuchert.