Vor langer, langer, Zeit - als die Menschen in Mitteleuropa noch glücklich waren und an den kleinen Dingen des Lebens Freude hatten (also in den 80ern) - da kannten diese Menschen, von ein paar Ausnahmen abgesehen, gar keinen Single Malt Whisky. Die Ausnahmen dürften damals ein paar Afficionados gewesen sein, die durch langen und intensiven Kontakt mit der britischen bzw. schottischen Kultur auf den Trichter gekommen waren, dass es im Leben noch etwas anderes gab als Johnnie Walker und Ballantine's. Natürlich fand man auch damals schon in gut sortierten Bars oder Spirituosengeschäften den unvermeidlichen Glenfiddich oder auch mal einen Glenlivet - aber danach wurde es dann auch schon zappenduster im sprichwörtlichen Karton (ich bin übrigens gar nicht sicher, dass es heißt "zappenduster im Karton" ... muss es nicht eher heißen: "es rappelt im Karton"? ... eh wurscht).
Und eigentlich war das auch der Zustand, wie ihn die Destillerien kannten und bis zu einem gewissen Grad auch wollten. Die Mehrzahl ihrer Single Malts floss - zusammen mit irgendwo gebranntem Grain Whisky - in die große Masse der Blends, und damit gut. Der große Hype um den Single Malt, gepaart mit astronomischen Summen für die Destillate, Fanclubs, Maltheads und Blogs, die sich dem Thema widmeten (ich hoffe, das war jetzt nicht zu selbstreferenziell), begann eigentlich erst Ende der 90er, eher sogar noch nach der Jahrtausendwende.
Nun weiß jeder, der in diesem Blog schon einmal gestöbert hat, dass ich den Snobismus vieler Whiskyenthusiasten gegenüber den Blends nicht unbedingt teile. Das Blending ist eine durchaus ehrwürdige Tradition aus dem 19. Jahrhundert, die indirekt auch das Überleben der Single Malts gesichert hat, da deren stetiger Zustrom ja für die Produktion der Blends unerlässlich war. Darüber hinaus muss man auch anerkennen, dass - ganz besonders im Bereich der hochwertigen Blends, bei denen der Anteil und die Vielfalt der enthaltenen Single Malts beträchtlich sein kann - der Beruf des Master Blenders, der dafür verantwortlich ist, die verschiedenen Brände zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen, genau so anspruchsvoll ist wie der des Malt Masters, der dies bei der Komposition eines Single Malt tut. Man sollte auch nicht vergessen, dass die Single Malts der Vergangenheit sich durchaus von denen der Gegenwart unterschieden. Sie waren durchgängig rauer, weniger ausgewogen und kräftiger als heute. Selbst jemand, der sich als Liebhaber der Materie versteht, dürfte von einem unverschnittenen Malt - sagen wir der 1830er - durchaus unangenehm überrascht werden. Insofern war die Entwicklung des Blended Scotch nur folgerichtig, denn sonst hätte der Whisky niemals seinen Siegeszug um die Welt antreten können sondern wäre ein Nischenprodukt für Einheimische und Sonderlinge geblieben.
Aber genug der Theorie. Wer sich noch nicht so genau auskennt mit den Unterschieden zwischen Single Malt und Blend, kann sehr gerne zwischendurch auch mal diesen Grundlagenartikel zum Thema durchlesen. Das Klassenziel für heute lautet auch nicht: Überzeuge alle Maltheads von den Vorzügen der Blends sondern: Finde einen guten Alltagsblend für Tomas Aquinas' Hausbar. Warum? Ganz einfach: erstens ist mir einfach danach, lieber Leser ... mal einen guten, aber unkomplizierten Schluck für einen Schlummertrunk oder für die Abende, an denen die Wahl zwischen Laphroaig und Caol Ila einfach zu schwer ist. Und zweitens: man hat ja mal auch Gäste, die nicht unbedingt immer gleich einen mit der Torfschaufel übergebraten kriegen möchten ... eben darum. Wir veranstalten also ein Blend-Casting, um mal in der Sprache unserer Zeit zu bleiben. Nicht zu banal soll er sein und nicht zu kantig (dann hätte er ja seinen Zweck als Blend verfehlt). Nicht zu billig und nicht zu teuer. Keine Discounterware, aber gut erhältlich. Darum habe ich mal ins Getränkemarktregal gegriffen und zwei Bewerber mitgenommen, die beide in etwa gleich viel kosten: Black Bottle sowie Cutty Sark (beide um die 18,- EUR und ohne Altersangabe). Stellen wir die Kontrahenten doch einmal kurz vor:
Die Marke Black Bottle wurde bereits 1879 von den drei Brüdern Graham gegründet, die - und das hört man bei Geschichten über Whisky mit Tradition öfter - sowohl mit Tee als auch mit Alkoholika handelten. Firmensitz war damals Aberdeen und der Blend bestand aus regionalen Whiskys, die - nach dem, was man so hört - ziemlich harsch schmeckten. Der Markenname kommt übrigens tatsächlich daher, dass man zur Abfüllung bis 1914 Flaschen aus schwarzem Glas verwendete, die in Deutschland hergestellt wurden. Mit Beginn des 1. Weltkrieges stieg man dann natürlich auf (grüne) Flaschen um, welche in leicht abstrakter Form eine Brennblase darstellen sollen. Die Firma selbst ist seit langem schon nicht mehr in Familienbesitz. Anfang der Neunziger wurden die Markenrechte von Allied Distillers übernommen, welche auch die Rezeptur änderten. Das ist wichtig zu wissen: wenn irgendwo noch Flaschen von vor dieser Zeit rumfliegen, ist nicht das selbe drin wie heute. Allied Distillers ging dann 2005 an Pernod Ricard, aber die Marke Black Bottle befindet sich aktuell in den Händen von Burn Stewart (Bunnahabhain, Ledaig, usw). Früher gab es ferner eine zehn- und eine fünfzehnjährige Abfüllung, aber nur der Blend ohne Jahresangabe ist zur Zeit noch im Verkauf. Angeblich befinden sich Malts von "allen sieben Brennereien von Islay" (Kilchoman hat man wohl noch nicht auf der Rechnung, mangels Masse - ebenso die sich noch im Bau befindende "neue" Port Charlotte). Und natürlich noch ein paar Speysides, eventuell Glenrothes.
Cutty Sark war lange (und damit meine ich sehr lange Zeit) der Aushängeschild-Blend von Berry Brothers and Rudd (BBR) in London. Ich finde diese Firma so interessant und sie bietet so viele verschiedene Alkoholika an, dass ich ihr eines Tages einen eigenen, langen Artikel widmen möchte. Und darum heute wirklich nur die allernötigsten Fakten: Bei BBR handelt es sich um die älteste noch existierende Wein- und Spirituosenhandlung in Großbritannien (gegründet 1698) und das Stammhaus befindet sich immer noch am selben Ort wie damals (St James Street Nr. 3, London). Besonders interessant ist die Firma wegen ihrer sehr großen Auswahl an Hausabfüllungen von Single Malts, aber auch von anderen Spirituosen wie z.B. Rum. Cutty Sark war - wie gesagt - sehr lange Jahre der Hausblend und verfügt(e) dementsprechend über ein sehr großes Prestige. Anno 1923 entschieden die beiden Teilhaber der Firma, Francis Berry und Hugh Rudd, dass sie ihren Kunden gerne einen Blend anbieten wollten; sie empfanden die damaligen Produkte jedoch als zu schwer und kräftig. Es sollte also ein Whisky kreiert werden, der auch den Weinliebhabern (welche die Hauptklientel von BBR stellten) schmecken würde, also ein eher leichter, feiner Tropfen. Verzichten wollte man auch auf die damals und heute übliche Färbung mit Zuckerkulör bzw. Karamell. Der Name wurde zu Ehren eines des schnellsten Segelschiffe des 19. Jahrhunderts gewählt und bedeutet so viel wie "knappes Hemdchen" (die Galionsfigur des Schiffes zeigt eine spärlich bekleidete junge Frau) im schottischen Lowland-Dialekt. Laut Firmenangaben besteht der Whisky hauptsächlich aus Speyside Malts, in anderen Quellen findet man häufig als Lead Whiskys Bunnahabhain (einen traditionell weniger rauchigen Islay-Malt) sowie ebenfalls den oben genannten Glenrothes. Neben der Standardabfüllung gibt es auch noch den Storm sowie einen 12-, 18- und 25-jährigen (Tam O'Shanter). Seit 2010 gehört die Marke nicht mehr zu BBR sondern zur Edrington Group.
Black Bottle NAS
Art und Herkunft: Blended Scotch Whisky
Aussehen und Aroma: Die Farbe möchte ich eher als strohgold bezeichnen, im Glas macht er einen etwas dünnflüssigen Eindruck. Für einen Blend eine recht deutliche Nase mit rustikalen Noten: Tonerde, Rauch und Kastanien.
Geschmack: Spürbar phenolisch mit deutlichem Eichenholz. Süß und ein samtiges Mundgefühl, ab dem Mittelteil eine leichte Schärfe auf der Zunge.
Abgang: Verhältnismäßig lang, etwas Pfeffer; mit ausklingender Bitterkeit.
Fazit: Ein würziger Scotch mit erstaunlich viel Charakter. Die Islays kommen gut durch, im Abgang schieben die Grains hinterher. Süffig!
Cutty Sark NAS
Art und Herkunft: Blended Scotch Whisky
Aussehen und Aroma: Farblich eher hell, so wie dieser helle Weidehonig (?), den man im Glas kaufen kann. Übrigens auch im Geruch sehr starke Erinnerung an Honig und vollreifes Obst.
Geschmack: Sehr angenehm auf der Zunge, weich. Das Aroma setzt sich fort mit viel Honigsüße und wenig Rauch.
Abgang: Mittellang und leicht wärmend.
Fazit: Insgesamt schön süß und rund, mild. Eine hervorragende Komposition, der man die jahrzehntelange Qualitätskontrolle anmerkt. Sehr gut.
Gesamtfazit: Am Schluss des Castings mag ich mich nicht für einen von beiden entscheiden und werde sowohl dem Black Bottle als auch dem Cutty Sark einen Ehrenplatz in meiner Hausbar einräumen. Beides sehr stimmige, sehr liebevoll gestaltete Blends, die nicht die Welt kosten. Wer einen Scotch im Barschrank haben möchte (und sei es auch nur für die Gäste), ist mit beiden gleich gut bedient. Für einen Maltliebhaber, der - aus welchen Gründen auch immer - mal einen Blend trinken möchte, ist der Black Bottle eventuell ganz knapp die bessere Wahl, da er etwas mehr Antritt hat.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 2. März 2013.
Die Marke Black Bottle wurde bereits 1879 von den drei Brüdern Graham gegründet, die - und das hört man bei Geschichten über Whisky mit Tradition öfter - sowohl mit Tee als auch mit Alkoholika handelten. Firmensitz war damals Aberdeen und der Blend bestand aus regionalen Whiskys, die - nach dem, was man so hört - ziemlich harsch schmeckten. Der Markenname kommt übrigens tatsächlich daher, dass man zur Abfüllung bis 1914 Flaschen aus schwarzem Glas verwendete, die in Deutschland hergestellt wurden. Mit Beginn des 1. Weltkrieges stieg man dann natürlich auf (grüne) Flaschen um, welche in leicht abstrakter Form eine Brennblase darstellen sollen. Die Firma selbst ist seit langem schon nicht mehr in Familienbesitz. Anfang der Neunziger wurden die Markenrechte von Allied Distillers übernommen, welche auch die Rezeptur änderten. Das ist wichtig zu wissen: wenn irgendwo noch Flaschen von vor dieser Zeit rumfliegen, ist nicht das selbe drin wie heute. Allied Distillers ging dann 2005 an Pernod Ricard, aber die Marke Black Bottle befindet sich aktuell in den Händen von Burn Stewart (Bunnahabhain, Ledaig, usw). Früher gab es ferner eine zehn- und eine fünfzehnjährige Abfüllung, aber nur der Blend ohne Jahresangabe ist zur Zeit noch im Verkauf. Angeblich befinden sich Malts von "allen sieben Brennereien von Islay" (Kilchoman hat man wohl noch nicht auf der Rechnung, mangels Masse - ebenso die sich noch im Bau befindende "neue" Port Charlotte). Und natürlich noch ein paar Speysides, eventuell Glenrothes.
Cutty Sark war lange (und damit meine ich sehr lange Zeit) der Aushängeschild-Blend von Berry Brothers and Rudd (BBR) in London. Ich finde diese Firma so interessant und sie bietet so viele verschiedene Alkoholika an, dass ich ihr eines Tages einen eigenen, langen Artikel widmen möchte. Und darum heute wirklich nur die allernötigsten Fakten: Bei BBR handelt es sich um die älteste noch existierende Wein- und Spirituosenhandlung in Großbritannien (gegründet 1698) und das Stammhaus befindet sich immer noch am selben Ort wie damals (St James Street Nr. 3, London). Besonders interessant ist die Firma wegen ihrer sehr großen Auswahl an Hausabfüllungen von Single Malts, aber auch von anderen Spirituosen wie z.B. Rum. Cutty Sark war - wie gesagt - sehr lange Jahre der Hausblend und verfügt(e) dementsprechend über ein sehr großes Prestige. Anno 1923 entschieden die beiden Teilhaber der Firma, Francis Berry und Hugh Rudd, dass sie ihren Kunden gerne einen Blend anbieten wollten; sie empfanden die damaligen Produkte jedoch als zu schwer und kräftig. Es sollte also ein Whisky kreiert werden, der auch den Weinliebhabern (welche die Hauptklientel von BBR stellten) schmecken würde, also ein eher leichter, feiner Tropfen. Verzichten wollte man auch auf die damals und heute übliche Färbung mit Zuckerkulör bzw. Karamell. Der Name wurde zu Ehren eines des schnellsten Segelschiffe des 19. Jahrhunderts gewählt und bedeutet so viel wie "knappes Hemdchen" (die Galionsfigur des Schiffes zeigt eine spärlich bekleidete junge Frau) im schottischen Lowland-Dialekt. Laut Firmenangaben besteht der Whisky hauptsächlich aus Speyside Malts, in anderen Quellen findet man häufig als Lead Whiskys Bunnahabhain (einen traditionell weniger rauchigen Islay-Malt) sowie ebenfalls den oben genannten Glenrothes. Neben der Standardabfüllung gibt es auch noch den Storm sowie einen 12-, 18- und 25-jährigen (Tam O'Shanter). Seit 2010 gehört die Marke nicht mehr zu BBR sondern zur Edrington Group.
Bild: KRT
Black Bottle NAS
Art und Herkunft: Blended Scotch Whisky
Aussehen und Aroma: Die Farbe möchte ich eher als strohgold bezeichnen, im Glas macht er einen etwas dünnflüssigen Eindruck. Für einen Blend eine recht deutliche Nase mit rustikalen Noten: Tonerde, Rauch und Kastanien.
Geschmack: Spürbar phenolisch mit deutlichem Eichenholz. Süß und ein samtiges Mundgefühl, ab dem Mittelteil eine leichte Schärfe auf der Zunge.
Abgang: Verhältnismäßig lang, etwas Pfeffer; mit ausklingender Bitterkeit.
Fazit: Ein würziger Scotch mit erstaunlich viel Charakter. Die Islays kommen gut durch, im Abgang schieben die Grains hinterher. Süffig!
Bild: TAQ [dies ist noch die alte Ausstattung der Flasche]
Cutty Sark NAS
Art und Herkunft: Blended Scotch Whisky
Aussehen und Aroma: Farblich eher hell, so wie dieser helle Weidehonig (?), den man im Glas kaufen kann. Übrigens auch im Geruch sehr starke Erinnerung an Honig und vollreifes Obst.
Geschmack: Sehr angenehm auf der Zunge, weich. Das Aroma setzt sich fort mit viel Honigsüße und wenig Rauch.
Abgang: Mittellang und leicht wärmend.
Fazit: Insgesamt schön süß und rund, mild. Eine hervorragende Komposition, der man die jahrzehntelange Qualitätskontrolle anmerkt. Sehr gut.
Gesamtfazit: Am Schluss des Castings mag ich mich nicht für einen von beiden entscheiden und werde sowohl dem Black Bottle als auch dem Cutty Sark einen Ehrenplatz in meiner Hausbar einräumen. Beides sehr stimmige, sehr liebevoll gestaltete Blends, die nicht die Welt kosten. Wer einen Scotch im Barschrank haben möchte (und sei es auch nur für die Gäste), ist mit beiden gleich gut bedient. Für einen Maltliebhaber, der - aus welchen Gründen auch immer - mal einen Blend trinken möchte, ist der Black Bottle eventuell ganz knapp die bessere Wahl, da er etwas mehr Antritt hat.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 2. März 2013.