Sonntag, 29. April 2018

Speymhor NAS (40% Vol.)

Für den heutigen Beitrag habe ich - bescheiden gesprochen - etwas Detektivarbeit geleistet. Zuerst dachte ich, Speymhor sei eine Handelsmarke von Aldi, weil er dort vor ein paar Wochen angeboten wurde und weil als deutscher Vertrieb die Lobuschkellerei (BORCO) genannt wird. Als Hersteller wird eine Speymhor Distillers Company (SDC) angegeben, in der 148 Terregles Avenue in Glasgow, einem unauffälligen Wohngebiet. Ein Blick ins Handelsregister von Schottland deutet ganz klar auf eine Briefkastenfirma hin. Aber: die SDC teilt sich die Adresse mit Glasgow Whisky, einer Firma, die Gesicht und Webseite besitzt. Und was findet sich in deren Portfolio? Ganz recht: Speymhor. Und zwar mehr als nur eine einzige Abfüllung. Gut, Glasgow Whisky wirbt damit, dass sie auch Whisky "nach Kundenwunsch" verschneiden, aber sowohl Speymhor (Bastard Malts) als auch einige andere Produkte (The Munros - unabhängige Abfüllungen benannter Brennereien und Cailleach - ebenfalls Bastard Malts) sind echte "Aushängeschilder" der Firma.

Darüber hinaus werden noch einige mehr oder weniger obskurer Blends (z.B. Highland Cup und Strathallan, übrigens beide mit eigener Facebookseite) hergestellt.

Der von Aldi offerierte Speymhor ist die Basisvariante ohne Altersangabe auf der Flasche. Laut Glasgow Whisky selbst ist es aber ein Dreijähriger. Er war Ende März für 14,99 zu haben. Als Dreingabe fand sich ein Rechtschreibfehler auf der Rückseite der Flasche ("... aufgrund ihres einzigartigen Charakters und Charms"). Laut Glasgow Whisky kommt dieser Malt aus der Region Perthshire, wo es zurzeit "nur" acht Distillerien gibt, die als Produzenten überhaupt infrage kämen, nämlich Aberfeldy, Edradour, Blair Athol, Deanston, Dalwhinnie, Strathearn, Glenturret und Tullibardine. Hmmm. Letztere wäre aufgrund von Ausstoß und Positionierung z.B. eine mögliche Kandidatin, aber wer weiß.


Art und Herkunft: Single Malt, Highlands

Sonntag, 22. April 2018

Sind so kleine Biere, Teil LXVI: Lindemans Pecheresse (2,5% Vol.)

Über die Brauerei Lindemans und ihr Verhältnis zur Tradition habe ich schon öfter mal etwas verlautbaren lassen, unter anderem hier und hier. Heute ist mal eines (wenn nicht das) ihrer süßesten und kommerziellsten Biere auf dem Prüfstand: das Pecheresse. Es ist nur sehr schwach alkoholisch (zusammen mit dem Framboise das alkoholärmste aller mir bekannten Lindemans-Produkte) und entsteht aus der Vermischung von einjährigem Lambiek mit 30% Pfirsichsaft. Das Etikett zeigt die Namenspatronin des Bieres, die Pecheresse (pécheresse bedeutet "Sünderin" auf Französisch, gleichzeitig ist pêche das Wort für Pfirsich) in Jugendstilaufmachung. Neulich ist mir übrigens zufällig aufgefallen, dass Lindemans anscheinend bei einer ganzen Reihe seiner Produkte spezielle Etiketten (und auch teilweise Namen) nur für den amerikanischen Markt bereitstellt. Hier in Europa heißt das Pecheresse eben Pecheresse und sieht - auch in Großbritannien - so aus. In den USA heißt es ganz einfach Pêche und sieht so aus. Komisch, oder? 


Art und Herkunft: Lambiek mit Pfirsichsaft, Belgien (Flämisch-Brabant)

Sonntag, 15. April 2018

Aus der Rätselkiste, Folge 1: Both Gold NAS (38% Vol.)

Vor ein paar Monaten schleppte Plattfuss einen großen Karton auf unser Redaktionstreffen mit. Er hatte ihn für kleines Geld auf Ebay ersteigert und darin befanden sich recht viele alte bis sehr alte ungeöffnete Miniaturen mit Schnaps bzw. Schnapsresten. Ab und zu wollen wir nun einmal in diese mysteriöse Rätselkiste greifen und schauen, was uns da so erwartet und ob man es noch trinken kann.



Eine lange Lagerung kann Spirituosen ziemlich zusetzen, vor allem wenn man es nicht richtig macht. Ethanol oxidiert, wenn auch sehr langsam. Durch den (niemals perfekt schließenden) Verschluss wird mit der Zeit Luft gezogen bzw. verdunstet der Alkohol. Dadurch verändert sich nicht nur der Füllstand der Flasche, sondern auch der Alkoholgehalt - vom Aroma ganz zu schweigen. Hinzu kommt der Einfall von Tageslicht, außer in Fällen, in denen wirklich ein dunkler Keller zur Verfügung steht. Besonders bedenklich ist die lange Lagerung natürlich, wenn sich in schwachprozentigen Likörchen noch allerlei verderbliche Zutaten (z.B. Sahne) tummeln. Diese Getränke sollte man nicht unbedingt sehr lange aufbewahren, nicht einmal, wenn sie nicht angebrochen sind.

Unser Kistchen umfasst gottlob hauptsächlich Fruchtiges (einen Pimm's habe ich schon gesehen) oder Klares. Unseren Hausregeln entsprechend habe ich mal mit geschlossenen Augen ins Volle gegriffen und die heutige Flasche herausgezogen. Achtunddreißig Umdrehungen hatte sie mal, heute dürften es aber (siehe oben) deutlich weniger sein.

Der Both Gold wird auch heute noch hergestellt (wenn auch "nur" noch mit 36 Volumenprozenten) und auch die ihn produzierende Firma gibt es weiterhin. Die Gebrüder Both GmbH wurde 1886 in Ahrweiler gegründet und war bereits in ihren Ursprüngen Weinbrennerei und -handlung. Als sie 1961 das 75. Firmenjubiläum feierte, hatte sie 130 Festangestellte und 110 Außendienstler (also Handelsvertreter). Irgendwann zwischen 1961 und heute muss die Brennerei aber umgezogen sein, denn als Adresse wird jetzt Goch angegeben. Bekannte Produkte sind u.a. der Lakrizza und ein Kräuterbitter namens Löwentor. Der Both's Old Tom Gin hat aber meines Erachtens mit der Firma nichts zu tun.

Unsere Flasche heute ist gerade noch einmal halbvoll. Auf dem Etikett findet sich die Angabe "Weinbrennerei Gebr. Both GmbH & Co. KG, 5483 (!) Ahrweiler". 

Sonntag, 8. April 2018

Johnnie Walker Double Black NAS (40% Vol.)

Ein Geständnis vorweg, liebe Leserinnen und Leser: Ich bin - bis jetzt - kein großer Freund der Produkte aus dem Hause Johnnie Walker. Vor nun auch schon wieder sechs Jahren hatte ich eine etwas unschöne Begegnung mit dem damaligen Gold Label ("damalig", denn seitdem ist das Portfolio von JW kräftig umgebaut worden), über die ich ausführlich hier im Blog berichtet hatte

Zweitens geht mir  der allgegenwärtige Red Label besonders auf den Keks, wenn ich ihn denn doch einmal trinken muss, weil in der jeweiligen Kneipe neben dem Trio Infernale John, Jack und Jim ansonsten nur Tequila (am besten auch noch der mit Hütchen) oder Doppelkorn zu haben sind. Oder ein deutscher Weinbrand, der seit dreißig Jahren geöffnet im Regal steht. Und drittens nervt mich der Hype, den die "Firma Walker" (eigentlich natürlich Diageo) mit ihren überkandidelten Whiskys im Hochpreissegment betreibt. Das fängt an bei swingenden Flaschen und endet bei der Verzehrempfehlung (zitiert nach der deutschen Webseite) füllen Sie 4,5 cl in ein Glas aus Baccarat-Kristall. Baccarat-Kristall!

Warum also habe ich mir jetzt doch noch eine Flasche zugelegt? Ach, so wirklich kann ich das auch nicht sagen. Wollte ich dem Herren in dem flotten Outfit mit Spazierstock noch eine Chance geben? Oder hoffe ich auf eine positive Überraschung? Wer kennt schon die Abgründe der menschlichen Seele? Ich jedenfalls anscheinend nicht. Ganz ehrlich gesagt liegt es wohl daran, dass der Double Black einer der Whiskys von Johnnie Walker (Johnny Walker liest man übrigens häufig in den Getränkekarten, ist aber trotzdem falsch) ist, über den ich schon relativ häufig Gutes gehört habe. Und er war bei Amazon Prime im Angebot. Darum also.

Nach der großen Unstellung vor ein paar Jahren hat die Marke nun insgesamt drei Segmente, von denen uns heute nur die Reihe Johnnie Walker Colours interessiert, die mit dem oben schon rüde abgefertigten Red Label, welcher laut Werbung am besten wohl in Mixgetränken zu goutieren ist; dem Gold Label Reserve (früher ein Achtzehnjähriger, heute NAS); dem Platinum Label (18 Jahre alt); dem Blue Label (laut Stefan Gabanyi "ein guter Blend zum Preis von zwei sehr guten Single Malts"); dem Green Label, einem Blended Malt aus vier verschiedenen Whiskyregionen sowie schließlich den beiden Black Labels.