Ich beginne heute mit einer insgesamt sechsteiligen Serie über das Trinken in Irland, wobei ich einerseits mich auf einzelne Aspekte der Trinkkultur dort konzentrieren will, andererseits aber auch jeden Post mit der Verkostung von einer bis zwei Spezialitäten verknüpfe. Wer sich also weder für Irland, noch für Bier, noch für irischen Whiskey interessiert, der muss erst wieder gegen Ende November hier vorbeischauen ... es sei denn, er sucht im Archiv nach Anderem. Der erste Beitrag nach der Miniserie dreht sich dann aber garantiert nicht um Whisk(e)y, das schwöre ich, so wahr ich Tamos Aqiunas heiße ;-)
Das Ganze hier ist das Ergebnis einer Urlaubs- bzw. Recherchereise von Plattfuss, dem Kleinen Roten Traktor, ein paar Freunden und mir auf dem Shannon-Erne Waterway im Norden der Grünen Insel, im gerade vergangenen September 2012. Da ich hier so gut wie nicht auf die generellen touristischen Aspekte der Reise eingehen will, empfehle ich - bei Interesse - einen Besuch auf meinem anderen Blog, wo parallel hierzu eine kleine Reihe über die (wie soll ich sagen) hausbooturlaubsartigen Aspekte läuft (mit Tipps, Sehenswürdigkeiten usw).
Ok, beginnen wir mit Teil Eins der allgemeinen Belehrung: Wie ich an anderer Stelle (wo genau weiß ich nicht mehr und bin gerade auch zu faul, es herauszusuchen) irgendwo mal geschrieben habe, streiten sich die Iren und die Schotten schon seit ewigen Zeiten darum, wer von beiden Völkern den Whiskey (die Schotten schreiben ihn bekanntlich ohne "e", aber solange wir über Irland berichten, bleiben wir mal bei der regionalen Schreibweise) erfunden hat. Bis jetzt ist es noch niemandem gelungen, die Sache abschließend zu klären, nicht einmal ausgewiesenen Experten wie Jim Murray. Belassen wir es für heute dabei, dass man gemeinhin davon ausgeht, dass der Whiskey (oder uisce beatha) ursprünglich in Irland erfunden wurde (wobei man diesen zuerst sicher mehr in der Art eines Potcheen genoss), dass jedoch die Schotten "leider" die erste urkundliche Erwähnung über die Herstellung vorweisen können (1494). Quel malheur, wie der Ire sagt.
Erwähnenswert ist die geradezu lächerlich geringe Anzahl von Destillerien in Irland; es sind derer nämlich nur noch (oder genauer gesagt: wieder) vier: (Old) Bushmills (in Ulster bzw. Nordirland, Diageo), (New) Midleton (Republik Irland, Pernod Ricard), Cooley (Republik Irland, Aktiengesellschaft) sowie Kilbeggan (Republik Irland, gehört zu Cooley). Aus diesen kommt alles, aber wirklich alles, was sich zur Zeit Irischer Whiskey nennen darf. Früher gab es mehr Brennereien, viele in Familienbesitz, aber der große Schlag kam mit der Prohibition in den USA Anfang des 20. Jahrhunderts, als der größte Exportmarkt für irischen Schnaps plötzlich wegbrach.
Irischer Whisky unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht vom schottischen Whisky. Erstens ist hier nicht der Single Malt die Norm, sondern der so genannte Pure Pot Still Whiskey, welcher aus gemälzter sowie ungemälzter Gerste besteht und in Pot Stills destilliert worden sein muss. Nicht zu verwechseln mit dem Pot Still Whiskey, der in einer Pot Still destilliert wurde, jedoch anstatt der ungemälzten Gerste auch anderes Getreide enthalten kann. Alles klar so weit? Es gibt darüber hinaus eine sehr große Zahl an Blends, jedoch nur wenige Single Malts. Zweitens ist irischer Whiskey in der Regel weicher und milder als schottischer, denn er wird - von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen - dreifach destilliert. Schließlich wird beim Mälzen (bis auf die Connemara-Reihe von Cooleys) niemals Torffeuer verwendet, sondern ausschließlich Holz- oder Kohlenfeuer.
Die beiden ersten Whiskeys, die wir heute verkosten, sind "typische" Iren, also Blends mit jeweils 40 Volumenprozent und entstammen zwei verschiedenen Brennereien. Es sind beides Produkte, die man in Irland im Supermarkt findet. Der Danny Boy Premium kostete 30,- EUR (!), der Dunphy's Finest Old etwa 18,- EUR - zu den Getränkepreisen in Irland sage ich in einer der nächsten Folgen noch etwas. Den Preisunterschied zwischen beiden Whiskeys beim Lesen der Bewertung aber bitte im Hinterkopf behalten. Wir beginnen mit dem Danny Boy Premium (Danny Boy ist auch der Titel einer beliebten irischen Ballade). Er wird damit beworben, dass er in Fässern aus amerikanischer Weißeiche reifen konnte.
Art und Herkunft: Blended Whiskey, Republik Irland (Cooley)
Aussehen und Aroma: Hellgelb, wie ein Lagerbier, relativ viskos. Dünne, schnelle Legs, wie bei dem Alkoholgehalt und dem vermuteten Alter nicht anders zu erwarten. Ein relativ reiches Aroma von Rosinen, Vanille (die amerikanischen Fässer?) und etwas Pflaume.
Geschmack: Zuerst sehr scharf auf der Zungenspitze, deutlich Vanille und sehr viel Holz.
Abgang: Nur gerade so eben mittellang, eher kurz. Trockener.
Fazit: Nicht unangenehm, das Holz kommt für meinen Geschmack etwas stark heraus. In Deutschland würde ich nicht annähernd 30,- EUR dafür ausgeben wollen.
Weiter zum Dunphy's Finest Old. Er ist von Irish Distillers, also Pernod Ricard.
Art und Herkunft: Blended Whiskey, Republik Irland (Midleton)
Aussehen und Aroma: Dunkler Bernstein, von der Konsistenz ähnlich wie die Konkurrenz :-). Sehr wenig in der Nase, etwas Mandeln, leicht spritig.
Geschmack: Ebenfalls scharfes Ethanol im Antritt, etwas Süße im Mittelteil, sonst nichts los. Eventuell ein bisschen Vanille.
Abgang: Kurz, trocken.
Fazit: Ein Whiskey mit wenig Ausdruckskraft und deutlicher Schärfe.
Gesamtfazit: Qualitativ ist der Danny Boy etwas höher einzuschätzen ... allerdings hat auch dieser einige Haken und Ösen, so dass man sich überlegen kann, ob man für fast die Hälfte weniger nicht doch zum Dunphy's greift, wenn man (für irische Verhältnisse) einigermaßen günstig trinken will. So oder so lautet mein Tipp: Beide Whiskeys einige Minuten atmen lassen, dann verlieren sie etwas an Schärfe.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 20. Oktober 2012.
Picture Credits: "Danny Boy", "Dunphy's": TAQ