Als Plattfuss und ich neulich mal wieder halb betrunken in der Ecke lagen beim Stammtisch im Grünen Jäger über das Leben sinnierten, beschlossen wir einstimmig, dass wir mal was Anderes trinken sollten. Let's face it - wie man auch hier am Blog sehen kann, beschränken sich unsere Aktivitäten in letzter Zeit doch sehr auf Bier, Whisk(e)y und Rum. Gut, ein bisschen Gin und Jenever und ... so weiter ... ist auch mal dabei. Aber im Großen und Ganzen hatten wir doch das Gefühl, wir sollten uns zumindest ab und zu auf zu neuen Ufern wagen. Und da wir gerade im Jäger saßen (den ich sehr liebe, dessen Auswahl an Spirituosen ich aber ehrlich gesagt ausbaufähig finde), suchten wir fieberhaft in den Miszellen (auch noch so ein Wort, das ich öfter verwenden will: Miszellen) nach etwas Passendem und kamen schließlich auf Calvados.
Der Calvados ist ein Getränk französischen, genauer gesagt: normannischen Ursprungs. Er entsteht durch die Destillation von Cidre (Apfelwein). Möglich sind sowohl einfache als auch zweifache Brennvorgänge entweder in pot stills und/oder in Coffey stills. Für eine der Calvadosregionen (der Name Calvados ist eine geschützte Herkunftsbezeichnung), nämlich das Pays d'Auge, ist eine Zweifachdestillation vorgeschrieben. Der fertige Branntwein lagert mindestens zwei Jahre (nach denen er die Bezeichnung Fine oder *** trägt) in Eichenfässern. Sehr hochwertige Produkte lagern allerdings sechs Jahre und länger (Extra, XO und weitere Bezeichnungen).
Nun ist das Problem mit Experimenten natürlich, dass man nicht weiß, wo man anfangen soll. Der Grüne Jäger zum Beispiel hatte Papidoux auf Lager, den man auch recht häufig in den Einzelhandelsregalen stehen sieht. Aber ansonsten? Wie viel soll man ausgeben für die erste Flasche? Was ist, wenn er nicht schmeckt? Da kam es uns zupass, dass Lidl um Weihnachten herum einen Calvados ins Angebot nahm, den Plattfuss sofort für gemütliche 9,99 erstand und als Gastgeschenk bei mir anschleppte. Der hier verkostete Deribaucourt ist übrigens keine Handelsmarke des Discounters, sondern eine der vielen Marken von Slaur-Sardet/Slaur International in Le Havre, einem sehr umtriebigen Spirituosenhersteller, von dem ich zwar noch nie etwas gehört habe, der aber ein gigantisches Portfolio (unter anderem übrigens auch einen schottischen Bastard Malt mit Namen Glen Scanlan) zu haben scheint. Bevor wir zur Verkostung schreiten, noch eben der übliche Verzehrhinweis: Calvados trinkt man aus einem Schwenker, nicht aus einem Tumbler - und erst recht nicht aus einem Schnapsglas.
Art und Herkunft: Calvados, Frankreich (Normandie)
Besonderheiten: -
Aussehen und Aroma: Heller, leicht rötlicher Bernstein. Nase: Apfel, eventuell ein Hauch von Pflaume. Sonst nichts. Ich habe gelesen, dass älterer Calvados deutlich mehr Nuancen hat, da er mehr Aromen vom Eichenfass aufnehmen konnte. Kennen wir ja auch von anderen Getränken; ergibt also Sinn.
Geschmack: Im Antritt macht er einen sehr milden, man möchte schon sagen: wässrigen Eindruck. Etwa zwei Sekunden später fährt einem allerdings eine gnadenlose, alkoholische Schärfe durch Mark und Bein. Das Apfelaroma ist präsent, jedoch viel weniger ausgeprägt als erwartet.
Abgang: Lang und sehr hart. Nach einer Weile bleibt eine deutliche pelzige Trockenheit auf der Zunge zurück. Der nicht sehr stark schmeckende Apfel hält sich überraschend lange, wirkt ganz am Ende allerdings leicht muffig.
Fazit/Tipp: Nun ja - Branntwein. Dann muss er ja wohl brennen. Im Ernst: er ist mir ehrlich gesagt einen ganzen Schlag zu harsch und unwirtlich. Fairerweise muss man ihm zugute halten, dass er mit etwa zwei Jahren auch noch sehr jung ist. Im Endeffekt finde ich das Konzept Calvados gar nicht so unspannend, ich werde aber irgendwann mal einen etwas älteren und teureren Vertreter kaufen, um zu sehen, ob der dann harmonischer ist.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 24. Januar 2015.
- Euer Tomas Aquinas
2 Kommentare:
Merkwürdig finde ich, dass dieser, offenbar nicht im Fass gereifte Calvados seine Farbe einer Behandlung mit Zuckercouleur verdankt.
Das ist meinnes Wissens nicht üblich. Er sollte FArbe und Aroma schon den Eichenfässern verdanken oder ehrlicherweise als weißer Apfelbrand in den Regalen landen.
Allerdings: die Behandlung ist korrekt auf der Rückseite der Flasche auf dem Etikett angegeben.
Soweit uns bekannt ist, MUSS Calvados im Eichenfass lagern.
Grüße
Jan von bbd
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