Für den heutigen Beitrag war wieder mal etwas Recherchearbeit nötig, denn die Whiskymarke Glen Turner sagt außerhalb von Frankreich nur wenigen Leuten etwas. Tatsächlich handelt es sich auch vornehmlich um Produkte für den französischen Markt, die von der Firma La Martiniquaise (sie stellen z.B auch den St. James-Rum her, den wir vor Urzeiten einmal verkostet haben) vertrieben werden. Leider hat die Marke keine eigene Webseite und auch sonst sind wirklich handfeste Informationen schwer zu finden.
Aber schließlich hatte ich dennoch Glück: ich stieß auf eine online verfügbare Publikation namens Brewer & Distiller International, in der es im November 2012 einen sehr ausführlichen Artikel über die Destillerie Glen Turner im schottischen Bathgate gab. Ohne diesen allzu eingehend rezipieren zu wollen (es geht hauptsächlich um den Bau der Anlage), fasse ich mal auf die Schnelle zusammen: In der Destillerie werden Grain Spirits (Industriealkohol) hergestellt, die in den Blends aus dem Hause La Martiniquaise (LM) Verwendung finden. Zu nennen wäre hier unter anderem der ebenfalls hauptsächlich in Frankreich anzutreffende Label 5, der ab und zu auch in deutschen Geschäften auftaucht. Die Produktionsanlagen sind für einen jährlichen Alkoholausstoß von 25 Mio. Litern ausgelegt. Ebenfalls am Orte befinden sich eine Abfüllanlage und natürlich umfangreiche Lagerhäuser. Auf der Internetpräsenz der Bonded Warehousekeepers Association (BWA) fand sich noch folgende Information:
Glen Turner was established in 1981 but did not start operations until March 2004. Since commencing operations the company has converted the whisky supply from buying spirit for bottling in France to distilling its own spirit, maturing the same and then finally bottling the product in Scotland. It also supplies bulk whisky to its sister companies in France and despatches 95% of the cased goods to the EU and non EU countries. The companies own maturation warehouses will hold 370,000 barrels with more warehouses being constructed.
Wie auch immer, eines ist klar: Der Single Malt Glen Turner, über den wir uns heute unterhalten, kann in dieser Anlage zwar gelagert und abgefüllt werden, gebrannt wird er hier jedenfalls nicht, denn die Destillerie ist - wie oben beschrieben - eine reine Grain-Destillerie. Woher also kommt er? Nun, wenn LM nicht bei der Konkurrenz einkaufen geht, dann müsste es ein Glen Moray sein, denn diese ist die einzige schottische Brennerei im Firmenbesitz (sie gehörte bis zum Verkauf im Jahr 2008 zusammen mit der Glenmorangie zu LVMH). Zwar steht auf allen Flaschen von Glen Moray "Speyside" und auf dem Glen Turner "Highlands", aber da die Speyside traditionell auch als eine Unterregion der Highlands gilt, geht das wohl in Ordnung. Zurzeit befinden sich folgende Whiskys im Portfolio der Firma: Der Achtjährige (Rare Reserve) als Einstiegswhisky, der heute besprochene 12-jährige (Exclusive Reserve), ein 16-jähriger (Port Cask Finish) sowie ein 21-jähriger (Vintage Reserve). Da man die Whiskys in Deutschland nicht so oft findet, ist eine definitive Aussage zum Preis schwierig. Für meine Flasche habe ich vor etwas mehr als einem halben Jahr in Luxemburg etwa 21,- EUR hingelegt.
Art und Herkunft: Single Malt, Highlands
Besonderheiten: -
Aussehen und Aroma: Dunkler Bernstein. Sehr süß, Gummibärchen. Vanille, Pfirsich und etwas Kakao.
Geschmack: Außerordentlich mild, vom Mundgefühl her recht dünn. Auch wieder süß, mit Pfirsichnoten. Auch Äpfel.
Abgang: Mittel. Deutlich das Eichenfass. Der Nachbrenner ist etwas scharf.
Fazit/Tipp: Nicht schlecht, gar nicht schlecht. Ziemlich stimmig komponiert, allerdings auch wenig aufregend. Rauch habe ich, anders als in den "offiziellen" Verkostungsnotizen, gar nicht gefunden. Wer es süß mag, ist gut bedient. Mit Wasser wird er sogar noch ein wenig lieblicher und gewinnt eine nicht uninteressante Veilchennote. Der Luxemburger Preis war natürlich ein Kampfpreis und machte den Glen Turner zu einem regelrechten Schnäppchen. Ich halte es abschließend für durchaus plausibel, dass hier ein Glen Moray am Werke ist.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 7. Februar 2015.
- Euer Tomas Aquinas
2 Kommentare:
Hi Tomas,
ich stand vor kurzem im Duty Free auch vor einer Flasche, habe aber die Finger davon gelassen, weil ich dann doch anderweitig zugeschlagen habe ;).
Interessant, ich habe das mal ein wenig rumgegoogelt und denke auch, dass hier Glen Moray der Lieferant ist, es würde geschmacklich ja auch passen. Ausserdem liefert Glen Moray auch an Label 5, das auch zur gleichen Company gehört.
Wenn ich das nächste Mal davorstehe, greif ich vielleicht doch mal zu ;)
Weißt du noch, was der Glen Turner im Duty Free kosten sollte?
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