Samstag, 2. April 2011

Loch Lomond NAS ("Blue Label")


Die Destillerie befindet sich seit den 1980ern im Besitz der Familie Bulloch aus Glasgow. Früher handelten sie mit verschiedenen Whiskies, Hauptgeschäft ist nicht der Single Malt (von dem mehrere Marken im Handel sind) sondern der sogenannte Grain Whisky, welcher als Basis für den Blended Whisky dient. Die Jahresangabe „1814“ dürfte sich also eher auf die Gründung des Whiskygeschäfts beziehen, nicht jedoch auf den Zeitpunkt, seit dem man den Single Malt herstellt. Die Brennerei liegt in Alexandria, nahe des Südendes von Loch Lomond. Technisch gesehen sind dies nicht mehr die Highlands sondern die Lowlands, dennoch bezeichnet sich Loch Lomond als „Single Highland Malt“. Dies muss aber kein Täuschungsversuch sein – auch andere Destillerien sind nicht eindeutig einer Region zuzuordnen.

Der Loch Lomond Blue Label bildet das untere Ende des Preissegments. Zum Firmenportfolio gehören (bei den Single Malts) noch der Black Label (21 Jahre alt) und der Distillery Select (Single Cask). Eine Tochtergesellschaft produziert den nicht nur mir unangenehm in Erinnerung bleibenden High Commissioner.

Laut Webseite der Destillerie ist der Loch Lomond Blue Label der drittpopulärste Single Malt in Deutschland (!). Sorry, aber da bin ich skeptisch. Allerdings sieht man ihn letzthin wirklich sehr oft im Supermarkt ...

Übrigens: eine super Webseite mit allem, was man über Whisky wissen muss, insbesondere über Single Malts: www.maltmadness.com

Flasche und Label sehen edel aus, Flasche mit Glasprägung, blau-goldenes Label (der Blended Whisky hat ein rot-goldenes) mit massenhaft Informationen: "Since 1814" (darüber habe ich schon was geschrieben), "Produced in the Scottish Highlands" (darüber auch), "aged for MANY YEARS" (man wüsste ja gerne, wie viele Jahre genau, aber zwölf oder mehr werden es wohl nicht sein..

Ich habe schon mal ein paar Kritiken im Internet durchgelesen: ziemlich mäßig insgesamt. Aber man soll sich davon nicht abhalten lassen. Viele labern auch einfach mal rum, ohne was davon zu verstehen.

Optik: bernsteinfarben, es wurde wohl etwas nachgeholfen (laut Etikett mit Zuckerkulör). Naja, wie wir wissen: Whisky kann theoretisch auch klar sein, dass Fass und die Zusätze machen's.

Nase: relativ nichtssagend, leicht ölig. Würde sagen mit leichter Rosinennote, evtl. frisches Gras.

Erster Schluck, ohne Wasser: Süß. Ölig. Leicht ledrig. Sehr wenig Torf, wenig Rauch. Ein anderer Rezensent schreibt: "Menthol?" Ich würde eher sagen: Ethanol. Mittlerer Abgang, extrem spritiger (darum: Ethanol) Nachbrenner

Zweiter Schluck, mit Wasser: Und zwar Leitungswasser. Einen Schuss. Bis zu fifty-fifty wird aber akzeptiert. Beim Testen ist weniger mehr ... das Wasser soll nicht verdünnen sondern die "Aromen erschließen". Darum sind viele enttäuscht, wenn sie ihren ersten Malt pur trinken ... oder mit Soda (pfui!!!).

So, also der Schluck MIT Wasser: Nase jetzt definitiv grasiger. Wahrscheinlich Zerfallserscheinung nach 10 Minuten im Glas. Geschmack jetzt runder, aber noch charakterloser. Ölig. Sehr ölig. Etwas Frucht (sollte das der Christmas-Pudding-Geschmack sein, der auf der HP der Destillerie vermerkt ist?), Abgang jetzt sanfter aber immer noch spritiger Nachbrenner.

So, den Rest lass ich mal 10 Minuten im Glas stehen. Mal sehen, was dann noch übrig ist.

Nun schon etwas über die Zeit. Muss wohl ein kleines Nickerchen gemacht haben. Mal eben das kosten, was noch im Glas ist. Pfui. Man sollte den Blue Label zügig trinken. Die Zeit an der Luft hat ihm nicht gut getan...geschmacklich ist fast nichts mehr da...außer dem Sprit.

So, Zeit für das Fazit. Also, ein Single Malt für 13,99 (Einzelhandelspreis) geht. Mir ist weder schlecht noch bin ich blind. Der Loch Lomond ist nicht einmal sehr unangenehm; es fehlt ihm aber an hervorstechenden Merkmalen (oder "Charakter"). Der Geschmack ist zuerst leicht süß und mild. Was mich wirklich ein bisschen nervt, ist der sehr ruppige Abgang, spritig mit starkem Ethanolnachbrenner. Ich tippe mal, er wäre besser, wenn er länger lagerte.

Für den Preis kann man insgesamt nicht meckern, vor allem weil man für den Preis noch nicht einmal einen vernünftigen Blended Whisky bekommt, also Mördergesöff wie Johnnie Wackler Red Label (mögen die Heiligen uns beistehen). Da ist mir dann der LLBL doch um einiges lieber. Allerdings bekommt man für ca. EUR 3,- mehr schon einen Glen Grant, der ebenso massentauglich ist, aber einen viel netteren Abgang hat. Das sollte man sich dann evtl. doch mal überlegen. Vielen Dank und gute Nacht. ;-)
 
   

4 Kommentare:

Plattfuss hat gesagt…

Nachdem ich nun dieses Getränk ausgiebig getestet habe, kann ich es Einsteigern nur empfehlen. Loch Lomond weißt keinen unverwechselbaren Charakter auf, dafür tut er einem aber auch nicht weh, wenn man mal ein bisschen mehr davon trinkt ;-) Für diese Preisklasse ein ehrliches Tröpfchen, von dem man aber nicht zu viel erwarten darf .... Guter Alltags-Whiskey

Anonym hat gesagt…

Ich habe den LLBL ebenfalls mal probiert.

"Das Zeug" erinnert geruchsmäßig an Terpentinersatz und geschmacklich an eine Mischung aus Eichenholz, das in geschmacksneutralem Sonnenblumenöl gelagert wurde mit Feuerzeugbenzin.

Das ist definitiv der schlechteste Malt, den ich je verkostet habe. Den bekomme ich pur bzw. mit etwas Wasser nur durch den Hals, wenn ich vorher schon soviel "vorgeglüht" habe, dass ich nicht mehr merke, was ich trinke - also gar nicht!

Den Rest dieses Sprits werde ich wohl als Scheibenreiniger verwenden. Hoffentlich werden meine Fenster davon nicht blind.

Tomas Aquinas hat gesagt…

Soo schlecht fand ich ihn wie gesagt nicht, Anonym. Aber die Geschmäcker sind ja verschieden - danke für Deine Meinung.

Anonym hat gesagt…

Dieses Zeug verdient den Namen Single Malt nicht.Das hat nichts mit "Geschmäcker sind verschieden" zu tun.
Ich habe für den Preis auch nicht wirklich viel erwartet.Aber das ist einfach nur eine sprittige Plörre mit dem Geruch einer chemischen Reinigung.
Für den Preis empfehle ich einen Canadian Club,oder den stinknormalen Tullamore Dew.
Da liegen geschmackliche Welten dazwischen.