Über die Brauerei Lindemans im brabantischen Vlezenbeek habe ich Anfang des Jahres schon einmal kurz etwas gesagt, anlässlich der Verkostung ihres Johannisbeerbieres. Sie ist, wie damals auch schon angemerkt, keine ganz kleine Brauerei mehr, hat sich aber den Ruf eines Familienunternehmens bewahrt, da die Eigentümerschaft auch weiterhin von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Ich selbst bin mir nie so sicher, ob ich Lindemans eher lieben oder eher hassen soll, denn einerseits bin ich mit ihren Produkten quasi aufgewachsen, andererseits sehe ich, nun tausende Biere später, einige ihrer Produkte, die für den Massenmarkt und -geschmack gebraut sind - wie etwa die quietschsüßen Fruchtbiere aus dem Basissortiment - durchaus kritischer, jedenfalls vom Liebhabergesichtspunkt aus. Andererseits gestehe ich, dass ich an einem heißen Sommertag durchaus gerne doch mal eine knallrote und superzuckrige Framboos reinzische, wenn sie nur kalt genug ist. Und wegen einer Sache hat Lindemans eh bei mir einen Stein im Brett: Der Brauerei ist es mit zu verdanken, dass die Sorte Faro, die einst ein beliebtes Getränk bei Jung und Alt war, nicht ausgestorben ist, denn seit Ende der Siebziger bis etwa in die Neunziger war Faro von Lindemans (fast) eine der letzten Vertreterinnen ihrer Art, die mittlerweile und gottlob auch wieder bei etlichen anderen Herstellern im Sortiment vertreten ist.
Ansonsten ist die Firma im nicht mehr ganz so neuen Jahrtausend auch international gut aufgestellt: Belgisches Bier geht momentan ohnehin wie geschnitten Brot und für Deutschland werden alleine etwa 18 Verkaufsstellen (wobei ich nicht sicher bin, wie diese gezählt werden, denn mindestens zwei, die ich persönlich kenne, sind nicht aufgeführt) gelistet. Die meisten sitzen wohl eher im Westen als im Osten der Republik; dennoch habe ich auch neulich in Dresden ein Kriek von Lindemans genießen dürfen.
Neben der - sagen wir mal - "kommerziellen" Reihe, die einfach als Lindemans ... vermarktet wird, gibt es für den etwas anspruchsvolleren Geschmack auch noch die Cuvée René, unter der die traditionell gebrauten Lambieks bzw. Fruchtbiere angeboten werden. Der Unterschied liegt hier auch ganz klar in den Zutaten: Anstatt schnöden Kirschsafts und/oder -aromas werden beim traditionellen oder "alten" Kriek (es gibt auch eine Geuze) selbstverständlich - wie früher - ganze Kirschen für die Herstellung verwendet. Dahingegen wird bei dieser Sorte generell auf den Zuckerzusatz verzichtet. Ferner gehören noch ungemälzter Hafer, Malz, Wasser und Hopfendolden zu den guten Dingen, die im Biere werkeln. Die von mir getrunkene Flasche war 2010 abgefüllt worden, hätte also - wie alle Geuzes/Lambieks bzw. deren Derivate, die in der Flasche nachgären - durchaus noch gut zwanzig Jahre liegen können. Aber so lange wollte ich nun auch nicht warten.
Art und Herkunft: Kriek aus Lambiek und Kirschen, Belgien (Flämisch-Brabant)
Aussehen und Aroma: Dunkles Rubinrot. Spritzige Krone, die schnell zerfällt. Ganz kleine Kirschstückchen sind sichtbar. Leicht säuerlicher Geruch, dominantes Sauerkirscharoma. Meine Frau sagt, der Geruch erinnere sie an Kirscheislollies.
Geschmack: Sehr spritzig auf der Zunge. Frisch, recht säuerlich. Nicht süß. Auch wieder deutliche Sauerkirschen.
Abgang: Sehr mild und kurz. Nicht trocken und nicht schweflig. Etwas Säure auf der Zunge. Kirschsaftkonzentrat?
Fazit/Tipp: Sehr gut ausbalanciertes altes Kriek. Keinerlei unangenehme Eindrücke. Sehr erfrischend und spritzig. Wer es irgendwo sieht: kaufen. Kann man sich auch noch einige Zeit in den Keller packen (liegend!). Übrigens wird empfohlen, es kalt zu trinken (5° Celsius).
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 1. November 2014.
- Euer Tomas Aquinas