Samstag, 26. April 2014

Writers Tears NAS (40% Vol.)

Bekanntlich (oder auch nicht - ich bin ja nicht über den Bildungsstand all unserer Leser informiert, aber wir nennen das jetzt mal "dichterische Freiheit") halten die Iren sich recht viel zugute auf die Tatsache, dass sie eine Menge berühmte Schriftsteller hervorgebracht haben: angefangen bei solchen Schwergewichten wie Oscar Wilde (obwohl der die meiste Zeit seines Lebens in England wohnte), James Joyce und William Butler Yeats (den man übrigens "Yates" und nicht "Yeeets" ausspricht - wieder was gelernt) über Größen des frühen Schauerromans wie Sheridan Le Fanu und Bram Stoker bis hin zu eher den Liebhabern bekannten Autoren wie Brendan Behan oder Patrick Kavanagh. Was läge da also näher, als einen Whiskey zu kreieren, der diesem imposanten literarischen Erbe quasi ein Denkmal setzt?

Das jedenfalls versucht die Brennerei Midleton mit dem Writers Tears, der im Namen der gleichnamigen Firma (Writers Tears Ltd in Carlow) hergestellt wird. Ziel der namensgebenden Gesellschaft ist es, "einige der großen irischen Whiskeys von vor hundert Jahren neu zu erschaffen". Dass die Produktion bei Midleton erfolgt, die ja bekanntlich über ein großes Sortiment sowohl an traditionellen pot stills als auch "industrielleren" Coffey stills zur kontinuierlichen Destillation verfügt und somit in der Lage ist, viele verschiedene Whiskeystile zu schaffen bzw. auch zu rekonstruieren, dürfte nicht weiter verwundern. Auf der Webseite wird auch noch einmal schön der Unterschied zwischen einem irischen (Pure ) Pot Still Whiskey und einem Blended Whisk(e)y erklärt. Etwas, was mir vor ein paar Jahren auch nicht klar war und was für Einige vielleicht einen Erkenntnisgewinn darstellt. Ich zitiere die Passage von der Webseite daher im Wortlaut:
Not to be confused with blended whiskey, which is a mixture of column still unmalted grain whiskey and pot still single malt whiskey, "pure pot still" is a single whiskey made from a batch of Barley composed of both unmalted and malted barley that has been distilled in a pot still.
Der Unterschied liegt also im verwendeten Getreide (im Blended Whiskey irgendein ungemälztes Getreide, im Pure Pot Still ausschließlich ungemälzte Gerste) sowie in den verwendeten Brennblasen.

Den Writers Tears gibt es noch in einer Cask Strength Edition mit 53 Umdrehungen. Die hier besprochene leichtere Variante besteht nach Herstellerangaben zu unterschiedlichen Anteilen aus Single Malt und Pure Pot Still Whiskey. Gekauft habe ich ihn für etwa 35,- EUR im gut sortierten aber kleinen Whisk(e)yshop Tara in München, am Rindermarkt.


Art und Herkunft: Pot Still Whiskey, Irland (Midleton)

Aussehen und Aroma: Dunkles Stroh, macht einen dünnflüssigen Eindruck. Sehr intensiver Geruch, fast wie ein Bourbon. Barbourjacke, Essiggurken.

Geschmack: Viel milder als der Geruch, samtig im Mund. Etwas heller Honig, Milchbrötchen. Später leicht holzig, deutliches Eichenfass.

Abgang: Mittel, recht sanft (wie die meisten "Iren"). Ganz am Ende ein scharfer Nachbrenner.

Fazit/Tipp: Der Geschmack ist definitiv dezenter als die Nase und diese antizipiert ihn nicht wirklich (jetzt haben wir auch noch ein Fremdwort gelernt). Ein guter Alltagswhiskey, insbesondere, wenn man ihn etwas günstiger bekommen kann.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 3. Mai 2014.

- Euer Tomas Aquinas

Samstag, 19. April 2014

Glenmorangie Nectar d'Or 12 J. (46% Vol.)

Als ich dies schreibe, sitze ich gerade vor meinem Barschrank und schaue mir die Füllstände der Flaschen an: Kavalan Concertmaster: noch fast ganz voll. Green Mark Wodka: noch gar nicht angebrochen. Glenmorangie Nectar d'Or: fast leer. Auch sehr seltsam, wie es soweit kommen konnte. Den Whisky hatte ich letztes Jahr mal für meine Frau gekauft, die ja höchst selten überhaupt etwas trinkt und dann auch gerne mal was Süßes. Ich selbst, so muss ich ehrlich gestehen, war bis dato kein großer Fan von Glenmorangie. Der Zehnjährige (alias The Original) wurde schon seit Urzeiten in meiner Stammkneipe ausgeschenkt (bis wir Pascal überreden konnten, sich zumindest eine Flasche Talisker anzuschaffen) - und ich habe ihn einfach nach all den Jahren satt gehabt, wobei ich ihn auch (ehrlich gesagt) etwas sehr geschliffen und beliebig finde. Den Lasanta, den Nobody einst kredenzte, fand ich schon ausdrucksstärker, aber er passte mir mit seinem eher trockenen Sherryfassstil einfach nicht so sehr. Den Nectar d'Or hatte ich aufgrund seiner Beschreibung im Haus am See geordert, er war ja, wie gesagt, eher für den Geschmack meiner Frau gedacht:
Die Sauternes Barriquefässer zur Nachreifung verleihen diesem goldenem Nektar köstliche, süße Sirup-Aromen, die sich mit dem Zitrusfrucht-Aroma der nördlichen Highlands wunderbar verbinden.
Die Destillerie wurde bereits 1843 (in der späten "ersten Welle" der modernen schottischen Whiskyproduktion) gegründet (angeblich an der Stelle einer alten Schwarzbrennerei) und produziert seit 1849. Als Teil der Glenmorangie plc (zusammen mit Ardbeg, bis 2008 auch noch mit Glen Moray) gehört sie seit den frühen 2000ern zum Konzern LVMH. Zusammen mit Balvenie, die meines Erachtens die erste war, gebührt ihr der Ruhm, zu den Pionieren des Finishings - auch mit ungewöhnlichen Holzarten - zu gehören. Neben den bereits erwähnten Sorten sind noch von Bedeutung: der Quinta Ruban (Portweinfinish), der Astar (nordamerikanische Eiche, first fill Tennessee Whisky), der noch recht neue Artein (Nachreifung im Supertoskaner-Fass), sowie noch Sonderabfüllungen (Finealta, Signet, Pride 1981) und zwei Produkte mit reiner Altersangabe (18 und 25).

Der Nectar d'Or reift zehn Jahre im Ex-Bourbonfass und dann noch einmal zwei Jahre lang im Sauternesfass. Er ist in der Regel für knapp unter 40,- EUR gut zu bekommen. Wie die meisten Glenmorangies (außer z.B. dem Original) ist er etwas stärker abgefüllt. Außerdem hat man bei der Herstellung auf die Kaltfiltrierung verzichtet.



Art und Herkunft: Single Malt, Highlands (Northern)

Aussehen und Aroma: Sehr schöne Farbe, warm und samtig. Sattes Gold mit Kupferstich. Extrem blumig und vollsüß in der Nase. Deutlicher Imkerhonig (dieser cremig weiße), rote Johannisbeeren, Rosen.

Geschmack: Recht kräftiger Antritt. Datteln? Deutlich dann die Vanille, süß. Später etwas feucht-herbstlich. Nasses Laub?

Abgang: Lang und trocken. Im Nachklang etwas frische Zitrone.

Fazit/Tipp: Zusatz von Wasser bringt die Zitrusnoten bereits im Mittelteil hervor. Ein würziger, süßer, sehr ausgewogen komponierter Whisky. Der einzige Glenmorangie (bis jetzt), den ich wirklich gerne mag.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 26. April 2012.

- Euer Tomas Aquinas

Mittwoch, 16. April 2014

Gastkommentar: Glencadam 10 J. (46% Vol.)

Mein lieber Freund Ben Nevis (aka Plattfuss) hat mal wieder kräftig zu Ostern eingeholt (diesmal beim Haus am See) und nachdem ich ihm einige Zeit damit in den Ohren gelegen hatte, war er freundlicherweise endlich dazu bereit, einen kleinen Text beizusteuern. Er meinte, es sei vielleicht mal eine schöne Idee, anlässlich einer Verkostung die eigenen Notizen mit dem Verkaufstext zu vergleichen - und das hat er dann auch gemacht.


Die Beschreibung des Whiskys bei The Whisky Store:

Aroma: Lebendig, intensiv. Frische Zitrusnoten und würziges Eichenholz. 
Geschmack: Elegant und rund mit Zitrusfrüchten, Eichenholz und einer natürlichen Süße. 
Abgang: Lang und sanft. 
Die Glencadam Distillerie liegt nur eine halbe Meile vom Zentrum der schottischen Stadt Brechin entfernt. Sie wurde 1825, kurz nach dem das Brennen legalisiert wurde, eröffnet. Auch heute wird dort der Whisky noch wie 1825 produziert.

Ben Nevis' Notizen (zweite Verkostung):

Kräftige Zitrusaromen, süüüüüüß, langer, wärmender, angenehmer Abgang mit noch mehr Süße; leichte Andeutung der Eichenfass-Lagerung... Glücklicherweise gibt es noch zwei Abfüllungen mit Port- und Oloroso Sherry-Finish, die ich auf jeden Fall mal probieren möchte; eher als die 21-jährige Version.

... vielleicht sollte man noch dazu sagen, dass er für 34,90 ein wunderbarer Aperitif ist.

Text (außer wo entsprechend gekennzeichnet): Ben Nevis (Plattfuss)

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 19. April 2014.

- Euer Ben Nevis

Samstag, 12. April 2014

Cadenhead's Old Raj Gin (46% Vol.)

Ein ganz lustiger Film, der aber auch schon wieder gut 15 Jahre auf dem Buckel hat, ist der oft unterschätzte Mystery Men, in dem es um eine Gruppe von Möchtegern-Superhelden geht. Einer von ihnen ist der Blaue Raja, der im Verlaufe des Films jemandem erklärt, dass das Wort Raj soviel wie "Herrschaft" oder "Oberhoheit" bedeutet und dass demzufolge der im Englischen übliche Begriff British Raj die Zeit der britischen Herrschaft über Indien zwischen 1858 und 1947 bezeichnet. Wenn wir nun heute über einen Gin sprechen, der Old Raj heißt, dann dürfen wir davon ausgehen, dass eine Assoziation mit der guten, alten Kolonialzeit wohl durchaus beabsichtigt sein wird. 

Die Firma, die ihn vertreibt (Wm Cadenhead Ltd), ist bereits sehr lange im Geschäft: William Cadenhead übernahm sie 1858 von seinem Schwager George Duncan, als dieser überraschend - oder, wie man sagt: nach kurzer, schwerer Krankheit - das Zeitliche segnete. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts, nachdem Cadenhead selbst verstorben war, konzentrierten sich die Aktivitäten mehr und mehr auf die Spirituosen (zu Beginn hatte der Wein noch eine große Rolle gespielt), insbesondere eben Rum und Whisky. In den 1970ern gingen die Geschäfte schlecht, denn der damalige Inhaber hatte keine Nachkommen hinterlassen, die sie in seinem Sinne hätten weiterführen können; Jahre des Missmanagements waren die Folge. Ein Befreiungsschlag gelang erst, als man 1972 beschloss, die übergroßen Vorräte an gelagerten Schnäpsen zu versteigern, wodurch die Firma nicht nur auf einen Schlag schuldenfrei sondern sogar wieder liquide wurde. Ein Familienunternehmen ist es aber nun auch lange nicht mehr: Eine kurze Zeit nach der Finanzspritze wurde Cadenhead von J&A Mitchell aufgekauft, denen auch die Whiskybrennereien Glengyle und Springbank gehören. Die Geschäftsräume sind, wie zu Beginn der Geschichte, in Campbeltown zu finden und auch der Fokus liegt immer noch auf dem Whisky (und dem Rum), denn Wm Cadenhead ist ein bedeutender unabhängiger Abfüller für beide Produkte. Über die einschlägigen Portfolios werde ich ausführlicher berichten, wenn ich mal etwas daraus hier zur Verkostung vor mir stehen habe.

Das Angebot an Gins ist dagegen recht überschaubar: Außer einem Schlehengin werden noch der Classic Gin sowie zwei verschiedene Abfüllungen des Old Raj vertrieben. Einmal der hier besprochene mit 46 Umdrehungen (rote Schrift auf dem Etikett) sowie ein stärkerer mit 55 Volumenprozent (blaue Schrift). Beide sind - wie ich in einem Katalog lesen durfte - angeblich den Gins der indischen Kolonialzeit nachempfunden und enthalten, neben ausgewählten botanicals, auch eine Prise Safran. Die Umverpackung und das Etikett ziert das Porträt eines britischen Kolonialoffiziers mit Bart und Pickelhaube; der 46er kostet online um die 26,- EUR, der 55er ist etwa vier Euro teurer.


Art und Herkunft: Dry Gin mit Safran, Großbritannien

Aussehen und Aroma: Der Safran färbt den Old Raj wohl etwas gelblich. Er ist daher nicht ganz klar und zeigt sogar einen leichten Grünstich. Außer dem bei Gin naturgemäß dominanten Wacholder finden sich im Geruch leicht stechende, aber nicht unangenehme Noten. Frisches Gras. Safran? Muskatnuss.

Geschmack: Sehr alkoholisch-parfümiert. Stark, Rasierwasser. Indische Gewürze: Schwarzer Pfeffer und Koriander. Süße Untertöne. Zitrone.

Abgang: Relativ lang und heiß. Trocken. Die Süße bleibt lange auf der Zunge haften.

Fazit/Tipp: Ein Gin wie ein warmer Sommerabend in Hyderabad. Stark, würzig und exotisch. Dabei sehr lecker. Gut über einem Stückchen Eis. Für Mixer: ergibt einen weichen, zitruslastigen Gin Tonic.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 19. April 2014.


Samstag, 5. April 2014

Aichinger 8 J. (41% Vol.)

Nachdem mein Beitrag über den Amrut von letzter Woche ganz gut zu laufen scheint, dachte ich mir: "Mach doch ruhig noch eine Verkostung eines nicht-schottischen Whiskys. Kann ja nicht schaden". Normalerweise habe ich kein ganz so großes Vertrauen in meine inneren Stimmen - aber warum nicht, dies eine Mal?

Der Aichinger also, mein erster Österreicher. Die Seite der Austrian Whisky Association nennt die Brennerei nicht, aus welchen Gründen auch immer. Vielleicht ist man einfach nur nicht Mitglied? Vielleicht ist Aichinger als Whiskyhersteller auch einfach zu klein? Das Brot-und-Butter-Geschäft sind wohl auch eher der Wein und die Obstbrände, denn das Weingut hat einst als Obstbaubetrieb begonnen, nach Übernahme durch die heutige Inhaberfamilie (1994) stellte man auf die Verarbeitung um und produziert neben den Alkoholika auch diverse Säfte und Moste (unter der Marke Hilka). Die Webseite der Firma Aichinger ist recht wenig informativ; gerade zur Geschichte des Whiskys erfährt man in Prinzip gar nix, außer dass es ihn gibt. So muss man zur Recherche auf Drittquellen zurückgreifen, als da wären diverse Produktdatenblätter aus dem Versandhandel und ähnliches. Das Weingut und die Brennerei liegen jedenfalls beide in Hartkirchen, einer kleinen Gemeinde von etwa 5.000 Einwohnern, nahe des Länderdreiecks Österreich - Deutschland - Tschechien.

Federführend bei der Entwicklung war anscheinend der - mittlerweile früh verstorbene - Senior des Weinguts, Mathias Aichinger (+2013). Eine der Besonderheiten ist, dass hier ein Whisky nicht aus Gersten- sondern aus Weizenmalz gebrannt wurde. Über die Destillationsanlage kann man ohne nähere Informationen nur spekulieren, für die (vermutlich) überschaubaren Mengen würde ja in Prinzip eine pot still reichen. Möglich wäre aber auch eine ganz schnöde Patentbrennanlage. Gelagert wird das fertige Produkt jedenfalls in Barriquefässern, also mit anderen Worten: Eiche. Außer dem hier besprochenen Achtjährigen wird auch ein 13-jähriger Whisky angeboten. Die heutige Flasche kostete im Versandhandel um die 38,- EUR und ist mittlerweile wohl vergriffen, ich habe sie im letzten Oktober (unter anderem) von meinen Freunden als Geschenk zum Geburtstag erhalten.


Art und Herkunft:  Single Malt aus Weizen, Österreich (Oberösterreich)

Aussehen und Aroma: Mittelgold bis kupferfarben. Erster Geruchseindruck: Streng. Gummi, Essig bzw. Balsamico. Zweiter Eindruck: Süßer. Vanille und Waldboden. Dritter Eindruck: Holzig. Eichenfurnier.

Geschmack: Etwas dünn oder wässrig am Gaumen. Vanille. Kuchenteig und Nelken. Merkbare Schärfe im Mittelteil.

Abgang: Relativ lang für einen recht jungen Whisky. Warm, auch scharf. Etwas After Shave im Nachklang?

Fazit/Tipp: Ein noch etwas bissiger Whisky, der jedoch Potenzial zeigt. Nicht unangenehm, hat tatsächlich etwas von Obstbrand. Etwas für diejenigen, die viel Vanille und Holz mögen. Der "große Bruder" würde mich ebenfalls mal interessieren. Den Aichinger 8 trinkt man, wie ich jetzt nach einigem Testen für mich herausgefunden habe, am besten nach dem Essen, als Digestif.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 12. April 2014.