Samstag, 12. April 2014

Cadenhead's Old Raj Gin (46% Vol.)

Ein ganz lustiger Film, der aber auch schon wieder gut 15 Jahre auf dem Buckel hat, ist der oft unterschätzte Mystery Men, in dem es um eine Gruppe von Möchtegern-Superhelden geht. Einer von ihnen ist der Blaue Raja, der im Verlaufe des Films jemandem erklärt, dass das Wort Raj soviel wie "Herrschaft" oder "Oberhoheit" bedeutet und dass demzufolge der im Englischen übliche Begriff British Raj die Zeit der britischen Herrschaft über Indien zwischen 1858 und 1947 bezeichnet. Wenn wir nun heute über einen Gin sprechen, der Old Raj heißt, dann dürfen wir davon ausgehen, dass eine Assoziation mit der guten, alten Kolonialzeit wohl durchaus beabsichtigt sein wird. 

Die Firma, die ihn vertreibt (Wm Cadenhead Ltd), ist bereits sehr lange im Geschäft: William Cadenhead übernahm sie 1858 von seinem Schwager George Duncan, als dieser überraschend - oder, wie man sagt: nach kurzer, schwerer Krankheit - das Zeitliche segnete. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts, nachdem Cadenhead selbst verstorben war, konzentrierten sich die Aktivitäten mehr und mehr auf die Spirituosen (zu Beginn hatte der Wein noch eine große Rolle gespielt), insbesondere eben Rum und Whisky. In den 1970ern gingen die Geschäfte schlecht, denn der damalige Inhaber hatte keine Nachkommen hinterlassen, die sie in seinem Sinne hätten weiterführen können; Jahre des Missmanagements waren die Folge. Ein Befreiungsschlag gelang erst, als man 1972 beschloss, die übergroßen Vorräte an gelagerten Schnäpsen zu versteigern, wodurch die Firma nicht nur auf einen Schlag schuldenfrei sondern sogar wieder liquide wurde. Ein Familienunternehmen ist es aber nun auch lange nicht mehr: Eine kurze Zeit nach der Finanzspritze wurde Cadenhead von J&A Mitchell aufgekauft, denen auch die Whiskybrennereien Glengyle und Springbank gehören. Die Geschäftsräume sind, wie zu Beginn der Geschichte, in Campbeltown zu finden und auch der Fokus liegt immer noch auf dem Whisky (und dem Rum), denn Wm Cadenhead ist ein bedeutender unabhängiger Abfüller für beide Produkte. Über die einschlägigen Portfolios werde ich ausführlicher berichten, wenn ich mal etwas daraus hier zur Verkostung vor mir stehen habe.

Das Angebot an Gins ist dagegen recht überschaubar: Außer einem Schlehengin werden noch der Classic Gin sowie zwei verschiedene Abfüllungen des Old Raj vertrieben. Einmal der hier besprochene mit 46 Umdrehungen (rote Schrift auf dem Etikett) sowie ein stärkerer mit 55 Volumenprozent (blaue Schrift). Beide sind - wie ich in einem Katalog lesen durfte - angeblich den Gins der indischen Kolonialzeit nachempfunden und enthalten, neben ausgewählten botanicals, auch eine Prise Safran. Die Umverpackung und das Etikett ziert das Porträt eines britischen Kolonialoffiziers mit Bart und Pickelhaube; der 46er kostet online um die 26,- EUR, der 55er ist etwa vier Euro teurer.


Art und Herkunft: Dry Gin mit Safran, Großbritannien

Aussehen und Aroma: Der Safran färbt den Old Raj wohl etwas gelblich. Er ist daher nicht ganz klar und zeigt sogar einen leichten Grünstich. Außer dem bei Gin naturgemäß dominanten Wacholder finden sich im Geruch leicht stechende, aber nicht unangenehme Noten. Frisches Gras. Safran? Muskatnuss.

Geschmack: Sehr alkoholisch-parfümiert. Stark, Rasierwasser. Indische Gewürze: Schwarzer Pfeffer und Koriander. Süße Untertöne. Zitrone.

Abgang: Relativ lang und heiß. Trocken. Die Süße bleibt lange auf der Zunge haften.

Fazit/Tipp: Ein Gin wie ein warmer Sommerabend in Hyderabad. Stark, würzig und exotisch. Dabei sehr lecker. Gut über einem Stückchen Eis. Für Mixer: ergibt einen weichen, zitruslastigen Gin Tonic.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 19. April 2014.


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