Irgendwie haben es die wallonischen Brauer nicht so mit mir und meinen Besuchen. Ich bin ja schon einmal kräftig von Saint-Monon enttäuscht worden, allerdings muss ich zugestehen, dass Ostersonntag damals eventuell nicht die beste Besuchszeit war.
Die Mikrobrauerei Marckloff in Durbuy hat allerdings keine solche Entschuldigung: mir war glaubhaft versichert worden, man empfange Dienstags durchaus Interessierte. Als ich allerdings an der verschlossenen Tür rüttelte, bedeutete mir der herbeigeeilte junge Mann ebenfalls überzeugend, gerade heute sei ebenfalls rein zufällig kein Besuch möglich. Was blieb mir also anderes übrig, als in die nächstbeste Touristenabzocke zu wanken und mir zumindest ein anderes regionales Mikrobier zu besorgen?
Das Saison von St. Feuillien habe ich übrigens auf dem Bierfest in Brüssel 2011 noch negativ bewertet; das wusste ich allerdings nicht mehr, als ich die Flasche aus dem Regal nahm und bezahlte. Um so besser: eine unvoreingenommene zweite Chance hat ja bekanntlich jeder verdient. Das Bier ist benannt nach einem irischen Mönch des 7. Jahrhunderts, der wohl Teil der iroschottischen Mission Europas war und im heutigen Belgien, ganz in der Nähe der heutigen Brauerei, zum Märtyrer wurde. Danach stand am Ort auch noch bis zur Revolution ein Prämonstratenserkloster, wo ebenfalls schon Bier hergestellt wurde. Im Jahr 1873 übernahm die Familie Friart den Besitz und die Brautradition, sodass einige Biere von St. Feuillien auch heute noch als "Abteibiere" bezeichnet werden. Mittlerweile sind die Friarts bereits in vierter Generation hier tätig. Zurzeit umfasst das Portfolio gut zehn verschiedene Biere, darunter auch Fruchtbiere der Marke Grisette. Das heute verkostete Saison wurde 2009 zunächst speziell für den amerikanischen Markt entwickelt, wo sehr hopfige Biere nachgefragt werden. Es hat bereits verschiedene internationale Preise gewonnen. Als traditionelles Saisonbier wird es im Winter gebraut und ist im Sommer verzehrfertig.
Art und Herkunft: "Belgian Farmhouse Ale" / Saison, Belgien (Hennegau)
Besonderheiten: Ungefiltert. Obergäriges Bier, Nachgärung in der Flasche.
Aussehen und Aroma: Goldorange. Schaumige, mittlere, instabile Krone. Geruch nach Orangenlimonade. Sehr viel Hopfen.
Geschmack: Spritzig und moussierend. Orangenschale oder Kumquat. Deutliche Hopfenbitterkeit.
Abgang: Mittel, aber längerer hopfiger Nachklang.
Fazit/Tipp: Ein erfrischendes und sehr spritziges Sommerbier. Recht hopfig, wie in den USA gewünscht. Meine negative Kritik von 2011 relativiere ich also hiermit.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 13. Dezember 2014.
- Euer Tomas Aquinas
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