Dass Piraten Rum trinken, ist jedem Schulkind klar. Dass aber auch ihre Feinde von der Marine, zumindest in der Vergangenheit, gerne mal ein Schlückchen genommen haben, wissen manche Landratten heute eventuell nicht mehr. Und da Britannia bekanntlich die Weltmeere beherrscht, war die Royal Navy auch eine der letzten Seestreitkräfte, die bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts ihren Seeleuten täglich eine Portion Rum spendierte, um das allgemeine körperliche Wohlbefinden und die allgemeine Zufriedenheit zu erhalten. Dies gelang der britischen Marine allerdings erst nach der Eroberung Jamaikas im Jahre 1655, als Rum in ausreichender Menge zur Verfügung stand. Bis 1740 erhielten die Seeleute Ihrer Majestät jeden Tag eine Pinte (!) des Zuckerrohrsaftes in Fassstärke verabreicht. Zuständig für diese - "tot" genannte - Ration war an Bord der Purser (Zahlmeister). Später verwässerte man den Rum dann, um zu vermeiden, dass allzuviele Matrosen sturzbetrunken aus der Takelage krachten (daher auch das Wort "sturzbetrunken") und damit war der Grog geboren. Das Ende der täglichen Zuteilung kam am 31. Juli 1970 (in der Royal Navy auch bekannt als "Black Tot Day"). Seitdem gibt es Gratisschnäpse nur noch bei besonderen Gelegenheiten, z.B. beim Kommando "splice the mainbrace" (bei der Deutschen Marine: "Besanschot an"). Im Jahr 1970 kam somit auch das Ende der staatlichen Subvention für die Rumproduktion zu Marinezwecken, aber nicht lange danach hatten findige Geschäftsleute die Idee, den so genannten Naval Rum oder Navy Rum wiederzubeleben, indem sie noch vorhandene Produktionsanlagen, Rezepte und Vorräte aufkauften.
Heute gibt es wieder eine ganze Menge verschiedener Anbieter, welche diesen starken, kräftigen Rum im Angebot haben, zum Beispiel Lamb's, Wood's, Four Bells und eben Pusser's. Die Geschichte dieser Firma beginnt laut Homepage im Jahre 1979, als der Gründer, ein Mr Tobias, sich "die Rechte und Rezepte für den original Navy Rum von der Admiralität übertragen ließ". Naja, kann man glauben oder auch nicht. Jedenfalls leitet sich der Firmenname von einer Verballhornung des Wortes "Purser" ab. Bei den Produkten handelt es sich um einen Verschnitt mehrerer karibischer Rums (zwischen fünf und sechs Stück), welche in traditionellen hölzernen Pot Stills gebrannt werden. Angegebener Herkunftsort sind die Britischen Jungferninseln (manche Chargen anscheinend auch Barbados). Aromastoffe werden nicht zugesetzt, der Geschmack entsteht alleine durch Verschnitt, Destillation und Reifung. Insgesamt ist das Firmenportfolio überschaubar: Basisprodukt ist der ursprüngliche Navy Rum in zwei verschiedenen Trinkstärken, nämlich 42 und 54% Vol. Für den britischen Markt gibt es vom 42er anscheinend noch eine besondere Abfüllung. Darüber hinaus, auch in Deutschland, den Overproof (nicht auf der Homepage von Pusser's beworben) mit schlanken 73 Umdrehungen.
(Bild: Katy Stoddard auf flickr.com [BY-NC-SA 2.0])
Im oberen Preissegment finden wir den 15 Jahre gereiften "Nelson's Blood", den zu verkosten die Ehre ich hatte. Der Name geht zurück auf eben den Admiral Nelson, dessen Leiche nach der Schlacht von Trafalgar zwecks Überführung nach England in einem Fass Rum eingelegt wurde. Der Legende nach bohrten durstige Matrosen aber das Leichenfass an, um an den Rum heranzukommen und konsumierten so nicht nur eben diesen sondern auch "Nelsons Blut". Bäh. Aber zurück zum Rum: Geliefert wird er in einer schön schweren, bauchigen Rumflasche á 0,7 l (leider um die 38,- EUR im Onlineversand) mit Korken. Er erinnert mit ein bisschen Fantasie vielleicht wirklich an Blut, denn farblich ist er schon recht dunkel ausgefallen. Auch das Aroma ist sehr markant: würzig, schwer, eindeutige Holznoten, dunkle Trauben und ein Hauch von Zitrus, Tropen. Im Geschmack ist er recht süß, Anklang an Kräuter, recht viel Holz, stark für "nur" 40% Vol. Er ist allerdings kaum scharf sondern im Gegenteil auf der Zunge sehr geschmeidig; im Abgang zeigt er sich mittellang und trocken. Guten Gewissens kann man ihn für den reinen Purverzehr empfehlen, obwohl er in Longdrinks und Cocktails (meine Empfehlung von der Firmenhomepage: Rum Punch) einen sehr guten Eindruck macht. Mit Cola gewinnt er im Geschmack noch etwas Zitrusnote dazu. Aber dennoch: gebt ihm bitte pur eine Chance. Kaufempfehlung, aber leider recht teuer. Seinen kleinen Bruder, den regulären Navy Rum, muss ich erst noch einmal probieren. Der ist mit EUR 18,- pro Flasche auch erheblich günstiger.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 30. September 2011. Dann mit einem Update meiner To Drink-Liste.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen