Samstag, 26. Januar 2013

Sind so kleine Biere, Teil IX: Robinson's Old Tom vs Innis & Gunn Rum Finish

Britisches Bier habe ich noch nie gemocht ... jedenfalls nicht das, was man in der Kneipe trinken kann. Da gestehe ich, dass ich die Abneigung von Asterix und Obelix gegen "lauwarme Cervisia aus Britannien" durchaus teile. Zumindestens habe ich ja eines Tages erfahren, warum da der Gerstensaft bei Zimmertemperatur aus dem Hahn fließt (denn sprudeln tut er ja auch nicht ...): es sei besser für den Magen, wurde mir bedeutet. Aha. Nun, sei's drum. Da ich ein fairer Mensch bin, muss ich allerdings zugeben, dass man einen schweren Fehler macht, wenn man die britische Bierkultur nach dem Zeugs beurteilt, was so in Kneipen ins Glas bzw. in Supermärkten in die Dose kommt.

Wofür man die Bewohner der Inseln bewundern muss ist, dass Sie es - anders als wir Deutschen - geschafft haben, eine durchaus lebendige Vielfalt von Sorten über die Jahrhunderte am Leben zu erhalten. Etwas, was wir uns erst wieder mühsam aufbauen bzw. ausbauen müssen. Dass und warum ich unserer hiesigen Pils-Monokultur kritisch gegenüberstehe, habe ich hier ja schon einmal zu beschreiben versucht.

Darüber hinaus muss man neidlos anerkennen, dass die Briten in Sachen Mikrobrauereien und Traditionsbiere uns einen guten Schritt voraus sind. Seit 1971 gibt es dort zum Beispiel auch die CAMRA (Campaign for Real Ale), welche sich nunmehr 40 Jahre lang gegen die Dominanz der massentauglichen, konfektionierten und stromlinienförmigen Biere zur Wehr setzt ... und das, wie man an der Vielzahl 'neuer' britischer Biere sehen kann, durchaus mit Erfolg.

Heute schauen wir uns mal zwei kleinere Biere genauer an. Da wäre zunächst einmal Robinson's Old Tom (der Name hat nichts mit dem Old Tom Style Gin zu tun). Die Firma befindet sich schon seit 1838 in Familienbesitz, als William Robinson einen Pub namens The Unicorn aufkaufte und an der selben Stelle eine gleichnamige Brauerei errichtete. Im folgenden Jahr wurde die Produktion aufgenommen und sie befindet sich auch heute noch in der Stadt Stockport in Cheshire. Robinson's besitzt zur Zeit 360 Pubs (in Großbritannien gehören die Pubs üblicherweise einer bestimmten Brauerei) entlang der Westküste in Cumbria, Lancashire, usw. Das Old Tom ist nur eines unter einer Vielzahl von Bieren im traditionellen Stil und sowohl in der Flasche als auch vom Fass erhältlich. Nur zur Information: Viele der Biere von Robinson's haben als Namensbestandteil Tom, was auf eine legendäre Brauereikatze, nämlich eben den alten Tom (Tom heißt auch einfach nur Kater) zurückgeht, denn traditionell wurden und werden in Brauereien (und übrigens auch Brennereien) für den Schutz des Getreides vor Mäusen Katzen gehalten. Das Bier selbst hat mehrere Preise (u.a. von der o.a. CAMRA) gewonnen und führt stolz den Titel World's Best Ale.

Innis & Gunn sitzen in einer ganz anderen Ecke des Landes, nämlich im schottischen Edinburgh. Auf ihrer peppigen Webseite gibt es einen kleinen Film, der die Entstehung ihrer Biere nach dem Motto "born by accident, brewed by design" sehr niedlich illustriert. Kurz gefasst geht die Geschichte so: Eine Brennerei (wahrscheinlich von der Gruppe William Grant & Sons, denen die Brauerei heute gehört) trat an Braumeister Dougal Sharp heran und erkundigte sich nach der Möglichkeit, ein Bier-Finishing für Whisky anzubieten. Sharp kam die Idee, dass dies nur gelingen könne, wenn man ein Bier brauen könnte, welches einzig und alleine zu dem Zweck existierte, die Eichenfässer für den Whisky vorzubereiten. Gesagt, getan. Er entwarf ein Bier, füllte es in Eichenfässer und gab diese dann nach einiger Zeit an die Whiskybrennerei weiter. Das Bier schüttete er weg. Bis eines Tages einige Arbeiter der Brauerei dieses "probierten" und feststellten, dass es sehr gut war. Seitdem wurde es dann auch nicht mehr weggeschüttet ... Die Firma produziert heute ebenfalls viele verschiedene Sorten und Stile und experimentiert mit unterschiedlichen Finishes für Bier, unter anderem eben auch mit dem hier besprochenen Rum Finish (57 Tage im Rumfass gelagert). Kommerziell ist man sehr erfolgreich, hat ebenfalls ein paar Preise eingeheimst und exportiert in großem Stil nach Schweden, Kanada und in die USA.

Kurze Vorbemerkung: Die heutige Verkostung wurde ermöglicht von Mr. H. aus O., der die beiden Muster zur Verfügung stellte. Vielen Dank noch einmal dafür!

Bild: TAQ

Robinson's Old Tom (8,5% Vol.)

Art und Herkunft: (Dark) Ale, England

Aussehen und Aroma: Sehr dunkelbraun, Mahagoniholz. Ein leicht süßlicher Geruch, ansonsten wenig.

Geschmack: Zuerst ein süßlicher Antritt, am Ende ein bitterer Abschluss, dazwischen leicht fruchtig, überreife Kürbisse.

Abgang: Mittel, vielleicht etwas Portwein, flepp.

Fazit: Britisches Bier, wie ich es nicht mag: Eine verwirrende Mischung unterschiedlicher Noten, die nicht recht zusammenpassen wollen. Schaler Nachgeschmack. Nöööööööööö. World's Best Ale hin oder her.


Innis & Gunn Rum Finish (7,4% Vol.)

Art und Herkunft: Ale, Schottland

Aussehen und Aroma: Dunkelrot mit bräunlichem Schimmer. In der Nase dezente Eindrücke von Pflaume, etwas Schokolade.

Geschmack: Kräftig aber unaufdringlich. Malzige und fruchtige Noten. Röstkaffee. Eine Spur von Rum.

Abgang: Mittel, süßlich, gleichmäßig verklingend.

Fazit: Britisches Bier, wie ich es mag. Innovativ und dabei doch gefällig. Gut strukturiert.

Gesamtfazit: Ganz klar geht hier Innis & Gunn als Sieger aus dem Ring. Eine durchdachte Rezeptur, die gut umgesetzt wurde. Etwas schwer als Getränk für den ganzen Abend aber bestimmt sehr gut zu deftigen Speisen.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 2. Februar 2013.





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