Sonntag, 9. September 2018

Sind so kleine Biere, Teil LXIX: Grutte Pier

Grutte Pier (zu Deutsch: Großer Peter) hieß mit bürgerlichem Namen eigentlich Pier Gerlofs Donia und war ein furchtbar großer, starker und blutrünstiger Mann, der in relativ vielen Sprachen (ironischerweise aber nicht auf Friesisch) einen eigenen Wikipedia-Artikel hat. Die Not und die Rache machten ihn zum Seeräuber und Freiheitskämpfer gegen Sachsen und Holland - so weit, so romantisch. Er ist in Niederländisch-Friesland - und darum ist es ironisch, dass die friesische Wikipedia über ihn schweigt - immer noch ein beliebter Volksheld, eine Sagenfigur und ein Symbol für das traditionell starke nationale Selbstbewusstsein der Friesen.

Was also liegt für eine friesische Brauerei näher, als sich nach ihm zu benennen? Na, nicht viel, offensichtlich. Sehr alt ist sie noch nicht, gerade erst einmal drei Jahre ist es her, dass Frans Filius und Renze Bil sie in Leeuwarden eröffnet haben. Direkt nach der Gründung gab es bereits Preise, unter anderem bei den World Beer Awards für das beste Tripel aus den Niederlanden (welches wir heute auch in der Verkostung haben). Die Anlagen in Leeuwarden reichen eigentlich nur für das Experimentieren und für kleine Chargen aus, darum wurden zu Anfang die Braukessel der Mietbrauerei Admiraal verwendet. Heute wird ein Großteil der Produktion von Baxbier in Groningen übernommen.

Die drei an dieser Stelle verkosteten Biere von Grutte Pier gehören zu deren Standardsortiment; hinzu kommen noch "Specials" und saisonale Angebote, z.B. ein Bockbier. Mit der Erhältlichkeit im Einzelhandel ist es so eine Sache: wir haben es hier immer noch mit einer sehr stark regional agierenden Marke zu tun. Außerhalb der Niederlande gibt es - von zwei Ausnahmen in Belgien abgesehen - noch überhaupt keine Vertriebspartner.


Grutte Pier Blond (4,5% Vol.)

Art und Herkunft: Blond, Niederlande (Friesland/Groningen).

Besonderheiten: Mit Gerstenmalz, Weizenmalz und Haferflocken. Zusatz von Koriander. Verwendete Hopfensorten: Cascade und Saazer.

Aussehen und Aroma: Relativ große und stabile Krone. Weißlich-gelb und trübe mit einigen Sedimenten. Leicht seifig-fruchtig in der Nase. Reife, gelbe Früchte. Deutlich kommt der Koriander heraus.

Geschmack: Säuerlich und fruchtig im Antritt. Würzige Untertöne. Grobperlig. Rhabarberkompott. Rohe Kartoffeln.

Abgang: Kurz und bitterer werdend.

Fazit/Tipp: Ein erfrischendes, erdiges, gut trinkbares blondes Bier.


Grutte Pier Dubbel (7,0% Vol.)

Art und Herkunft: Dubbel, siehe oben.

Besonderheiten: Nur Gerstenmalz; ansonsten wie beim Blond.

Aussehen und Aroma: Mittlere, feste Krone. Malzig und bananig. Mango. Kinderkaubonbon.

Geschmack: Sehr süßer Antritt, wie Malzbier. Die Banane aus der Nase findet sich nicht wieder, höchstens als ein gewisser "überreifer" Hauch.

Abgang: Süßlich und schweflig.

Fazit/Tipp: Extrem malzig und unserer Meinung nach schon etwas zu süß. Im Geruch deutlich mehrdimensionaler als im Geschmack.


Grutte Pier Tripel (7,5% Vol.)

Art und Herkunft: Tripel, siehe oben.

Besonderheiten: Siehe beim Blond.

Aussehen und Aroma: Orangebraun, fast ohne Krone. Viel Hefe im Geruch. etwas Frucht. Papaya und Honig?

Geschmack: Zu Beginn bitter und gleichzeitig süßlich. Schwer. Überreife Frucht, leichter Schwefel. Honigmelone, die lange im Keller gelegen hat. Bitterer Nachlauf.

Abgang: Mittel und fade.

Fazit/Tipp: Das Tripel wird von der Brauerei als "Inspiration für das Blond" bezeichnet. Wenn dem so ist, dann muss man konstatieren, dass der Nachkomme uns deutlich mehr überzeugt hat als der Ahnherr - Medaille bei den World Beer Awards hin oder her.

Gesamtfazit: Unser Favorit war definitiv das Blond, gefolgt mit einigem Abstand vom Tripel und dann vom Dubbel. Man muss allerdings berücksichtigen, dass die Verkostung an einem sehr heißen Sommertag stattfand, an dem  "schwere" Biere natürlich auch ein wenig von ihrem Reiz verlieren.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 16. September 2018.

Verkostung: Jan B., Plattfuss, Tomas A.

Text: Jan B.


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