Neulich hatte ich eine Diskussion mit einem richtigen Deppen. Sowas passiert im Leben zwar häufiger, aber es war einer von diesen Deppen, die nicht nur immer Recht behalten müssen, sondern auch der Meinung sind, eine möglichst penetrant und "laut" vorgetragene Meinung sei ein hervorragender Ersatz für Sachargumente. Egal, auf jeden Fall ging es bei der Diskussion um Bier (bzw. darum, wie viel "Kreativität" beim Brauen erlaubt sei) und am Ende habe ich zumindest eine Sache daraus mitgenommen: Ich muss meinen Bierkonsum mal diversifizieren - und sei es nur, um nicht so zu enden wie besagter Depp. Tatsächlich ist mir klar geworden, dass ich auch experimentierfreudiger sein könnte, denn zur Zeit spielt sich bei mir alles mehr oder weniger im Bereich (India) Pale Ale ab.
Ich also ab zu trinkgut und erst einmal zwei Flaschen Stout mitgenommen, etwas, das ich normalerweise nicht tun würde. Ein großer Freund von malzigen, dunklen, schweren Bieren bin ich ja bekanntlich nicht, und genau deshalb wird es jetzt Zeit, mich dazu zu zwingen.
Der Einfachheit halber habe ich mich für zwei Biere vom selben Hersteller entschieden: Samuel Smith's aus Tadcaster gilt als die älteste noch arbeitende Brauerei in Yorkshire: gegründet 1758 und noch immer in Familienbesitz. Außer dem Biergeschäft betreibt man, wie in Großbritannien üblich, eine ganze Reihe (über 200) Pubs sowie - meist in Verbindung mit einer der Gaststätten - ein paar Hotels (oder auch Frühstückspensionen). Samuel Smith's stellt eine ziemliche Menge unterschiedlicher Bierstile her, unter anderem einige lokale Spezialitäten und (neuerdings?) auch Fruchtbiere.
Heute trinken wir einmal das Oatmeal Stout, dem Hafermehl bzw. Haferflocken beigemischt werden, wenn auch natürlich nur in kleinen Mengen. Diese sollen für eine Extraportion Samtigkeit und Geschmeidigkeit sorgen. Das Imperial (Russian) Stout hingegen geht auf eine Erfindung des 18. Jahrhunderts zurück, wobei ein höherer Alkoholgehalt dafür sorgen sollte, dass Biere länger haltbar wurden und so in die Weiten Russlands (an den Hof Katharinas der Großen) verschickt werden konnten. Obwohl die Smiths diesen Bierstil nicht erfunden haben, sind sie einer der wenigen Hersteller, welche diesen Klassiker noch ehren.
Samuel Smith's Imperial Stout (7,0% Vol.)
Art und Herkunft: Imperial Stout, England (Yorkshire)
Besonderheiten: wie beim Oatmeal Stout wird auch hier Hafer zugesetzt.
Aussehen und Aroma: Schwarz wie eine mondlose Nacht, verbracht in einer dunklen Höhle mit einer Decke über dem Kopf. Eine kleine und feste, aber flüchtige Krone. In der Nase sehr malzig und schwer. Rotwein und Lütticher Sirup. Lakritze.
Geschmack: Wirklich sehr samtig im Mund. Ganz kräftige Röstaromen. Wenig süß, aber deutliche Lakritzaromen. Schwarzer Kaffee.
Abgang: Kurz bis mittel. Relativ spät wird es relativ bitter. Ansonsten schmerzlos verlaufend.
Fazit: An und für sich deutlich trinkbarer als ich befürchtet hatte. Ich verspüre zwar nicht direkt den Drang nach einem zweiten Glas, aber ich würde es auch nicht ablehnen, wenn es noch eines gäbe.
Samuel Smith's Oatmeal Stout (5,0% Vol.)
Art und Herkunft: Oatmeal Stout, England (Yorkshire)
Besonderheiten: Zusatz von Hafer
Aussehen und Aroma: Schwarz oder dunkelbraun, mit bräunlicher, fester Krone, die schnell zusammenfällt. Erinnert vom Aussehen her an ein Glas Cola. Der Geruch ist sehr süßlich und malzig. Espresso. Haselnuss?
Geschmack: Sehr weich und schmeichelhaft am Gaumen. Ganz unerwartet überhaupt nicht süß, sondern ein trockener, leicht bitterer Kern von Kaffee und anderen Röstaromen.
Abgang: Mittel bis lang. Mit der Zeit noch bitterer und trockener.
Fazit: Absolut nicht so, wie ich mir mein erstes Haferstout vorgestellt hatte. Ich war der festen Überzeugung, es würde mir nicht schmecken, aber es hat mir dann so gut geschmeckt, dass ich gerne ein Zweites gehabt hätte.
Gesamtfazit: Man ahnt es schon - für mich ist das Oatmeal Stout deutlicher Sieger, aber auch das Imperial Stout hat mir nicht wehgetan. So darf es weitergehen mit der neu gewonnenen Experimentierfreude!
Nächste Woche gibt es keinen neuen Beitrag, weil die Redaktion zwecks Recherche in Belgien weilt. Der nächste planmäßige Beitrag erscheint also am 20. November 2016.
- Euer Tomas Aquinas
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen