Sonntag, 23. April 2017

Sind so kleine Biere, Teil XLVIII: La Caracole Saxo vs. La Cress vs. Gentse Gruut Blond

Die heutige Verkostung verdanken wir in erster Linie natürlich den Herstellern selber, aber in zweiter Linie unserem Tomas A., der während seines Urlaubs in Belgien weder Kosten noch Mühen gescheut hat, um ein paar neue Biere mitzubringen, die wir vor ein paar Tagen im Rahmen eines gemeinsamen Abendessens probieren durften. Tom hat in jedem Ort, in dem er übernachtet hat, nach einem örtlichen Bier aus kleiner(er) Brauerei gefragt und hat tatsächlich drei Stück auftreiben können, die noch niemand in unserem Team vorher probiert hatte.

Die Brauerei Caracole ist in ihrer heutigen Form zwar relativ jung, geht aber auf eine wesentlich ältere Gründung am selben Ort (Famignoul bei Dinant) zurück, die seit 1765 existierte. Wir haben hier eine klassische Hausbrauerei, sprich: die Biere wurden ursprünglich zum Verzehr in der angeschlossenen Gaststätte hergestellt. Aktuell gibt es 21 Biere (und einige Spirituosen) von Caracole. Das heute vorgestellte Saxo gehört zur "Klassik"- Reihe und bezieht sich im Namen auf Adolphe Sax, den Erfinder des Saxophons, der in Dinant geboren wurde. Wie bei allen anderen bières classiques von Caracole gibt es auch das Saxo noch zusätzlich als Bioversion.

Das Lacress kommt aus dem so genannten Haspengau, einer Region Belgiens, die für ihre besonders hochwertigen landwirtschaftlichen Produkte (insbesondere Obst sowie Milchprodukte) bekannt ist. Hergestellt wird es von der Brauerei Anders!, die sich auf das Brauen von Auftragsbieren spezialisiert hat. Ideengeber hingegen ist Sint Lucie, Betreiberin einer Sumpfkresseaufzucht.

Gentse Gruut ist noch einmal etwas ganz Besonderes: es beruht auf dem mittelalterlichen Grutbier, welches langsam aus der Mode kam, als die Brauer mehr und mehr dazu übergingen, anstatt der verschiedenen Kräutermischungen, die man für diesen Bierstil benötigt, Hopfen zu verwenden. Heute sind Biere dieser Art extrem selten; es gibt weltweit nur noch wenige Hersteller. Umso besser also, dass Gruut in Gent, gegründet 2009 von Annick de Splenter, die aus einer alteingesessenen Familie von Bierbrauern stammt, dieser Tradition wieder neues Leben einhaucht - mittlerweile mit fünf verschiedenen Produkten.


La Caracole Saxo (7,7% Vol.)

Art und Herkunft: Belgisches Blond, Belgien (Namur).

Besonderheiten: Auf Holzfeuer gebraut, nicht pasteurisiert, nicht filtriert, Nachgärung in der Flasche.

Aussehen und Aroma: Goldgelb und leicht trüb, mit einer sehr großen schaumigen Krone. Fruchtiger Geruch, aber wenig differenzierbar.

Geschmack: Hopfig und fruchtig. Aprikose, Mango und Banane (Anmerkung: Ich vertrete hier die Minderheitsmeinung; die beiden anderen Tester fanden es deutlich eindimensionaler). Sehr spritzig.

Abgang: Kurz und etwas schweflig.

Fazit: Ganz in Ordnung aber nicht besonders er- oder aufregend. Ein eher typischer Vertreter dieses Bierstils.


La Cress (6,5% Vol.)

Art und Herkunft: Belgisches Blond, Belgien (Limburg).

Besonderheiten: Gebraut unter Hinzufügung von Samen der Sumpfkresse während des Kochvorgangs, Nachgärung in der Flasche.

Aussehen und Aroma: Hellgelb und weißlich, trüb, mit kleiner Krone. Etwas schweflig in der Nase, sonst wenig zu erschnüffeln. Gartenteich, stehendes Gewässer.

Geschmack: Ein feinperliges Mundgefühl. Der Antritt schlägt sehr schnell ins Bittere um (die Kresse). Ansonsten etwas mehr Würze im weiteren Verlauf.

Abgang: Mittellang und süßlicher als zuvor.

Fazit: Ein sehr erfrischendes, herbes Bier. Wer die Kressesamen durchschmecken möchte, wird jedoch enttäuscht. Diese tragen nur zu den ziemlich ausgeprägten bitteren Noten bei.


Gentse Gruut Blond (5% Vol.)

Art und Herkunft: Grutbier, Belgien (Ostflandern).

Besonderheiten: Ohne Hopfen gebraut.

Aussehen und Aroma: Hellgelb und sehr trüb. Fast gar keine Schaumkrone. Ganz starke Eindrücke von englischem Weingummi und Papaya.

Geschmack: Sensorisch sehr angenehm und cremig. Ein stark würziger und blumiger Antritt. Thymian, Akazienhonig, Kochbanane und Rosen.

Abgang: Mittel bis lang und süßlich. Ein Anflug von Anis?

Fazit: Bier wie bei den Rittersleuten. Total ungewohnt aber gefährlich trinkbar und lustig.

Gesamtfazit: Alle drei Biere sind gut, aber das Gentse Gruut ist einfach aufgrund der exotischen Machart und des abenteuerlichen Geschmacks Sieger des Abends.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 30. April 2017.

- Euer Jan B.





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