Seltsam aber wahr: dies ist erst der zweite Whisky aus dem Hause Speyburn, den ich überhaupt versucht habe ... und das, obwohl ich dem Zehnjährigen damals ein recht gutes Zeugnis ausgestellt hatte. Irgendwie bin ich aber auch etwas von den Speysides weggekommen, wie ich mir selbst eingestehen muss.
Für heute beziehe ich mich auf meine Verkostungsnotizen vom legendären Whiskybefürwortertreffen bei Plattfuss; ist auch schon etwas länger her. Wer den Bericht noch einmal liest, stellt fest, dass der Speyburn Bradan Orach auf meiner damaligen Rangliste ganz am Ende gelandet war. Und warum? Naja, das werden wir wahrscheinlich gleich sehen.
Bei der Speyburn-Brennerei handelt es sich angeblich um eine der meistfotografierten Destillerien in Schottland. Auf jeden Fall macht sie optisch einen wuchtigen Eindruck, denn anscheinend musste sie höher als üblich gebaut werden, da man aufgrund der Geländebeschaffenheit nicht allzusehr in die Breite gehen konnte. Das Grundstück liegt übrigens in der Nähe eines alten Galgenhügels, daher spricht der Volksmund auch von The Gibbet (dem Galgen), wenn von der Destillerie die Rede ist. Und dies ist auch der Name des Firmennewsletters, der als Teil des Kundenbindungsprogramms Clan Speyburn vertrieben wird.
Speyburn gehört heute zu Inver House Distillers, welche nicht nur im Bereich Whisky über ein recht breites Portfolio verfügen (unter anderem die Single Malts anCnoc und Old Pulteney, der Blend Hankey Bannister sowie Gin der Marke Caorunn). Als Herstellerabfüllung gibt es zur Zeit nur den Zehnjährigen und eben den Bradan Orach ohne Altersangabe. Die Brennerei beschreibt den Geschmack offiziell als "subtil und delikat", mit einem "soliden Antritt von Rauch und Torf". Gleichzeitig sei er aber auch "leicht zu trinken". Hört sich zuerst an wie ein Widerspruch in sich, aber schauen wir mal. Preislich gesehen handelt es sich tendenziell tatsächlich um einen Einsteigerwhisky, denn die Flasche ist bereits ab etwa 20,- EUR gut zu bekommen.
[Bild: Martyn Jenkins auf flickr.com (BY-NC-SA 2.0)]
Aussehen und Aroma: Der Bradan Orach ist relativ hell und macht im Glas einen recht öligen Eindruck. In der Nase halten sich hauptsächlich frische und junge Noten, viel Gras, Löwenzahn. Ansonsten ist nur wenig los.
Geschmack: Sehr leicht, fast schon dünn. Etwas Süße am Gaumen, außerdem noch ein Hauch von Salz. Von Torf und Rauch habe ich persönlich nichts geschmeckt.
Abgang: Trocken, recht kurz.
Fazit: Ein Whisky, der niemandem wehtut bzw. niemandem wehtun kann, mangels Masse. Ich tippe mal, dass er nicht viel älter sein dürfte als maximal fünf Jahre. Wenig Charakter, wenig Aussagekraft ... aber die gute Nachricht: ein erschwinglicher Schluck (was übrigens auch für den erheblich besseren Zehnjährigen gilt), welcher tatsächlich als Einsteigerwhisky gelten darf und dazu geeignet ist, jemanden behutsam an die weite Welt der Single Malts heranzuführen. Ein Whisky mit Stützrädern.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint erst am 6. Oktober 2012, bis dahin machen Plattfuss und ich Urlaub. :-)
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