Sonntag, 7. September 2014

Ledaig Mull-a-Mhoine NAS vs Black Corbie Ledaig 2005/2013

Die Insel Mull gehört zu den Inneren Hebriden, liegt aber um einiges weiter südlich an der schottischen Westküste als ihre große Schwester Skye. Der Name Mull ist nicht gälischen Ursprungs, sondern geht auf ein altnorwegisches Wort zurück, denn die Hebriden gehörten im Mittelalter lange Zeit zum sagenumwobenen Königreich der Inseln, in dem sich nordische und keltische Herrscher abwechselten.

Genauso wie auf Skye gibt es auch auf Mull nur eine einzige Whiskybrennerei, in diesem Fall Tobermory. Sie gehörte ursprünglich zu den Wenigen, die vor der Legalisierung der Whiskyproduktion (Excise Act von 1823) gegründet wurde, nämlich bereits Ende des 18. Jahrhunderts; damals unter dem Namen Ledaig (ausgesprochen "Lettschick"). Dafür schloss sie dann aber auch schon 1837 wieder die Pforten, für gut vierzig Jahre. Von 1878 bis 1930 wurde wieder gebrannt, von 1930 bis 1972 wieder nicht, von 1972 bis 1975 doch wieder, von 1975 bis 1978 denn wieder nicht, von 1978 bis 1982 aber hallo, von 1982 bis 1989 nüschte. Oj Gewalt. "Rauf und runter, wie das assyrische Imperium", wie es bei Monty Python so schön heißt. Endlich (!) kaufte Burn Stewart die Destillerie, und denen gehört sie auch immer noch (wenn auch die Mutterfirma mittlerweile von einer internationalen Investorengruppe "geschluckt" wurde). Die Namen Tobermory und Ledaig stehen heute jeweils für die ungetorften bzw. torfigen Single Malts von Mull. Nach der Produktion werden die Whiskys an zwei weitere Brennereien von Burn Stewart weitergereicht: bei Deanston werden sie abgefüllt und bei Bunnahabhain lagern sie. Die Hausabfüllungen sind überschaubar: vom Tobermory gibt es derer drei (10, 15, 19), vom Ledaig nur zwei (10 und 16). Ein zehnjähriger Ledaig kostet in der Regel zwischen 33,-und 37,- EUR.

Heute vergleichen wir jedoch zwei unabhängige Abfüllungen, genauer gesagt. einen Achtjährigen und einen ohne Altersangabe. Hinter dem Firmennamen Mull-a-Mhoine (wenig aussagekräftige Webpräsenz) steht oder stand die Whiskymax Event UG in Mainhausen (Handelsregistereintrag aus 2009); diese Firma wurde allerdings 2014 aus dem Handelsregister wieder gelöscht, scheint aber immer noch aktiv zu sein. Wie dem auch sei. [Update: Nach längeren Recherchen vermute ich eine Umstrukturierung als Grund für die Löschung aus dem HR; auf der Webpräsenz der Whiskymax zeichnet mittlerweile eine Whiskymax Activities verantwortlich] Zuerst dachte ich, der Abfüller sei der selbe wie der des Finlaggan, wegen der ähnlichen Aufmachung der Verpackung, aber das kann dann ja nicht sein. Die sogenannte Robert Butler Selection mit 40 Umdrehungen (es gibt sie auch noch mit 46 und 56 Vol.) kostet normalerweise so um die 30,- EUR, teilweise ist sie auch noch etwas günstiger.

Sozusagen am anderen Ende der Skala angesiedelt ist der Ledaig von Black Corbie, ebenfalls eine "deutsche" Abfüllung der Rolf Kaspar GmbH in Düsseldorf. Deren Sortiment umfasst nicht nur Whisky, sondern zum Beispiel auch Wein und andere Spirituosen. Zur Serie Black Corbie ("Schwarze Krähe") ist auf jeden Fall anzumerken, dass alle Whiskys in Fassstärke abgefüllt, nicht gefärbt und nicht kaltfiltriert sind. Darüber hinaus handelt es sich durchweg um Single Casks, der heute verkostete Ledaig war aus dem Fass 800102 und die 123. von nur 300 Flaschen. Soviel Exklusivität hat natürlich ihren Preis - sollte man meinen - und daher habe ich auch für das gute Fläschchen letztes Jahr in München so knapp 57,- EUR hingelegt.



Ledaig Mull-a-Mhoine NAS (40% Vol.)

Art und Herkunft: Single Malt, Islands (Mull)

Aussehen und Aroma: Hellgolden. Geruchlich sehr lecker: exotische Zitrusfrüchte, Blutorange, Physalis, Rhabarber, Mirabellen. Deutlich feuriger Torf.

Geschmack: Weich und samtig. Sehr erdig, wie eine Schaufel voll Torf, die man in den Mund geworfen bekommt. Leicht süßliches Nebenthema, helles Karamellbonbon.

Abgang: Mittellang, leicht kreidig. Scharfer Chilinachbrenner, erinnert hier ein bisschen an Talisker.

Fazit: Sehr fruchtig und torfig im Charakter, erdig im Geschmack. Wer beim Whiskytrinken einen dicken Tritt braucht, ist hier - auch preislich - bestens bedient.



Black Corbie Ledaig 2005/2013 (60,6% Vol.)

Art und Herkunft: Single Malt (Single Cask), Islands (Mull)

Aussehen und Aroma: Sehr hell-gelblich. Extrem torfig und erdig. Holzfeuer, geräucherter Schinken, Wacholder. Daneben noch angenehme Vanilledüfte.

Geschmack: Ein sehr direkter Antritt, sofort stehen auf der Zunge Salz und Tabasco. Prickelnd, fast schon moussierend am Gaumen. Im Mittelteil versöhnliche Töne von Waldhonig. Frucht (Johannisbeeren) zeigt sich erst spät, aber deutlich. Torf, Torf, Torf.

Abgang: Lange den Mund ausfüllend. Heiß.

Fazit: Ein sehr mächtiger Tropfen, allerdings hervorragend komponiert. Bei über 60 Umdrehungen braucht man auf Wasser nicht zu verzichten. Der Black Corbie ist dann etwas (!) milder, die Süße kommt aber stärker durch. Dass er im Sherry-Refill-Butt lagerte, merkt man nur so ein wenig.

Gesamtfazit: Beides sind sehr gut gemachte Whiskys, die sicherlich ihre Käufer begeistern können - vorausgesetzt, diese mögen Torf. Für knapp unter 30,- EUR ist der Mull-a-Mhoine schon praktisch ein must have, ähnlich wie der Black Corbie im höheren Segment. Bemerkenswert an diesem ist, wie er auch noch die letzten Torfreserven mobilisiert, obwohl er offiziell nicht wirklich mit einer gigantischen ppm-Zahl protzt. Es ist am Ende nicht nur so, als ob man die oben angesprochene "Schaufel Torf" in den Mund bekommen habe, sondern auch, als ob man anschließend noch kopfüber in ein Torfmoor gefallen wäre. Chapeau!

In der nächsten Woche haben wir endlich unsere jährlichen Redaktionsferien und machen uns auf die Jagd nach neuen Rezensionsobjekten. Daher erscheint der nächste planmäßige Beitrag erst in zwei Wochen, am 20. September 2014.



Keine Kommentare: