Sonntag, 3. Dezember 2017

3. Inoffizielles Whiskybefürworter-Treffen

Das hier wird wahrscheinlich ein sehr langer Beitrag, also holt euch am besten was zu trinken. Beim letzten Mal, als wir über unsere Tastings berichtet haben, hatte ich die in verschiedene Posts aufgeteilt, aber heute liefere ich alles auf einmal ab.

Die Verkostung fand dieses Mal in meinen eigenen vier Wänden statt; da es bei den letzten Treffen Haggis gegeben hatte, entschied ich mich dafür, mal außer der Reihe zu tanzen und Shepherd's Pie zu servieren. Eigentlich hatten sich insgesamt sechs Personen angemeldet, gut die Hälfte ist aber mehr oder weniger frühzeitig wieder abgesprungen ("was besseres zu tun" ... "hat mir meine Frau verboten" ... "muss arbeiten"), so waren es diesmal Plattfuss, Black Arab und ich, die die Flagge der Whiskybefürworter hochhalten mussten.

Nachstehend finden sich die Whiskys, die jeder von uns in das Tasting eingebracht hat. Die Zahlen in den eckigen Klammern kennzeichnen die Reihenfolge im Tasting (von mild aufsteigend zu torfig).

Black Arab
  • Macallan 12 J. [4]
  • Aberlour 18 J. [5]
  • Glenfarclas 21 J. [6]
  • Laphroaig Quarter Cask NAS [9]
Plattfuss
  • The Irishman Founder's Reserve NAS [1]
  • Wemyss Peat Chimney NAS [8]
Tomas Aquinas (Gastgeber)
  • Aureum 1865 NAS [2]
  • Auchnagie NAS [3]
  • Kilchoman Sanaig NAS [7]



[1] The Irishman Founder's Reserve NAS (40% Vol.)

Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich hier um das Einstiegsprodukt der Walsh Whiskey Distillery, welche unter anderem auch einen Single Malt und den recht bekannten Writers Tears anbietet. Gebrannt werden die Whiskeys aber (noch) nicht im eigenen Hause, sondern bei Irish Distillers (Midleton).

Art und Herkunft: Blend aus Single Malt und Single Pot Still Whiskey, Irland (Cork).

Besonderheiten: -

Aussehen und Aroma: Ziemlich hell. Leichte Schärfe, ansonsten Klebstoff, Banane, Gummibärchen.

Geschmack: Ein sehr dünnes Stöffchen. Süßlich und scharf im Antritt. Wenige Nuancen. Löffelbiskuit.

Abgang: Kurz.

Fazit/Tipp: Sehr langweilig. Gewogen und für zu leicht befunden.


[2] Aureum 1865 NAS (43% Vol.)

Ein Produkt der Obstbrennerei Ziegler aus Freudenberg/Main, die natürlich hauptsächlich alle möglichen Obstbrände herstellt, sich aber auch an Gin versucht. In der Reihe Aureum 1865 gibt es verschiedene Fassreifungen; der hier verkostete Basiswhisky ohne Altersangabe ist inzwischen wohl nicht mehr im Sortiment. Den Einstieg bildet mittlerweile ein Fünfjähriger.

Art und Herkunft: Single Malt, Deutschland (Baden-Württemberg).

Besonderheiten: Reifung in frischen Fässern aus französischer Eiche.

Aussehen und Aroma: Standard-Bernsteinfarbe. Deutliche Vanille und grünes Holz. Pattex. Etwas frische Frucht.

Geschmack: Wässriges Mundgefühl. Leicht süß, aber ordentlich spritig. Sonst so gut wie nichts erschmeckbar.

Abgang: Kurz und ethanolisch.

Fazit/Tipp: Schwach im Charakter und dennoch etwas ruppig. Interessant wäre es herauszufinden, ob der neue Fünfjährige eine signifikante Verbesserung darstellt.


[3] Auchnagie NAS (46% Vol.)

Diesen Whisky von The Lost Distillery Company haben wir vor ein paar Wochen hier bereits besprochen. Nach dem reichhaltigen Essen hatte er kaum Geschmacksreserven, um durchzudringen.


[4] Macallan 12 J. (40% Vol.)

Was soll man über Macallan sagen? Die drittgrößte schottische Brennerei, die es trotzdem verstanden hat, sich ein exklusives Etikett zu geben. Früher wurde behauptet, alle Whiskys der Distillerie würden ausschließlich in Sherryfässern gelagert. Aber als Anfang der Zweitausender die Fine Oak-Serie herauskam, flog das als Marketingbullshit auf, denn plötzlich waren auch ältere Macallans aus dem Bourbonfass auf dem Markt. Es lohnt sich, das im Destillerieprofil bei Johannes van den Heuvel genauer nachzulesen. Ansonsten ist dies erst der dritte Whisky der Firma, den wir hier besprechen.

Art und Herkunft: Single Malt, Speyside (Central).

Besonderheiten: Sherryfass.

Aussehen und Aroma: Rotgolden. Viel Sherry in der Nase. Fruchtig. Honig.

Geschmack: Sehr weich und süß. Vielschichtig. Rote Beeren und Kompott. Honig. Blumenwiese.

Abgang: Mittellang und sehr weich.

Fazit/Tipp: Ein hervorragend komponierter und ansonsten "typischer" Speysider, der leider auch wieder mal seinen Preis hat, etwa 70,- EUR.


[5] Aberlour 18 J. (43% Vol.)

Aus der selben Region wie der Macallan und daher auch nicht unbedingt der "Hausstil" unseres Blogs. Aberlour wurde 1879 gegründet und gehört schon seit den Neunzehnsiebzigern zu Pernod Ricard, mit Umweg über die Chivas Brothers (Chivas Regal).

Art und Herkunft: Single Malt, Speyside (Central).

Besonderheiten: Sherryfass.

Aussehen und Aroma: Dunkler Bernstein. Sehr "weihnachtlich": Orangen, Aprikose, Mandeln, Peffer, Marmelade, Pfirsich.

Geschmack: Ganz kräftig im Antritt, süß und gleichzeitig weich. Milch mit Honig und Zwieback. Wieder Aprikosen. Leicht nussig.

Abgang: Mittellang, süßlich und weich. Crême bruleé.

Fazit/Tipp: Sehr stimmig und weich. Noch besser als der Macallan. Und sogar noch etwa einen Zehner günstiger.


[6] Glenfarclas 21 J. (43% Vol.)

Auch diesen dritten Speysider im Bunde haben wir schon einmal verkostet, und zwar beim letzten Treffen. Aber wir machen uns den Spaß gerne nochmal. Diesmal aus der großen Flasche.

Art und Herkunft: Single Malt, Speyside (Central)

Besonderheiten: -

Aussehen und Aroma: Altes Stroh, in der Nase würzig und süß. Rosinen oder Traubensaft.

Geschmack: Leichte Vanille und rote Früchte. Ingwer und Orangeat. Leichter Rauch.

Abgang: Mittel bis lang. Trocken und holzig.

Fazit/Tipp: Sehr schön ausbalanciert und stabil. Keine störenden Einflüsse.


[7] Kilchoman Sanaig NAS (46% Vol.)

Kilchoman gehört zu meinen absoluten Lieblingen unter den neuen Brennereien. Der Unterschied zwischen der - auch beim letzten Treffen besprochenen - Reihe Machir Bay und dem heutigen Sanaig ist, dass bei Ersterem das Bourbonfass überwiegt, beim Letzteren das Sherryfass.

Art und Herkunft: Single Malt, Islay

Besonderheiten: Reifung in Bourbon- und Sherryfässern, mit Schwerpunkt auf dem Sherryfass. Nicht kaltfiltriert und nicht gefärbt.

Aussehen und Aroma: Sehr hell. Phenolischer Geruch. Eukalyptus, Sattelfett, Rosmarin, Tannennadeln, Kreide und JHP Rödler.

Geschmack: Deutlicher Torf und gleichzeitige Süße. Sensorisch eher dünn. Dunkle Schokolade. Wald an einer Steilküste. Ledrig. Speckig.

Abgang: Kurz und minzig.

Fazit/Tipp: Ordentlich im Antritt; auf lange Sicht fehlen ihm aber ein bisschen die Reserven. Mit einem Schuss Wasser schmeckt er süßer.


[8] Wemyss Peat Chimney NAS (46% Vol.)

Der einzige Vatted Malt im Test. Wemyss (spricht man "Wiehms" aus) ist einer der großen unabhängigen Abfüller in Schottland, der neuerdings auch eine eigene Destillerie hat: Kingsbarns. Die an den Vattings beteiligten Destillerien werden grundsätzlich nicht genannt. Neben dem torfigen Peat Chimney gibt es noch den süßen Hive und den würzigen Spice King.

Art und Herkunft: Blended/Vatted Malt, Islay.

Besonderheiten: -

Aussehen und Aroma: Honiggelb. Jodhaltig. Salzig. Erdig.

Geschmack: Sehr scharfer Antritt. Trocken, Schiefertafel in der Grundschule.

Abgang: Relativ lang. Die Zunge bleibt etwas ertaubt zurück.

Fazit/Tipp: Mir persönlich ein bisschen zu ruppig. Mit Wasser etwas runder und fruchtiger.


[9] Laphroaig Quarter Cask (48% Vol.)

Mittlerweile ein Standard aus dem Hause Laphroaig. Der Name stammt von der Nachreifung in kleineren Fässern, welche dem Whisky angeblich mehr Intensität verleiht. Normalerweise für um die 35,- EUR erhältlich.

Art und Herkunft: Single Malt, Islay.

Besonderheiten: -

Aussehen und Aroma: Hellgolden. Starkes Holz auf der Zunge. Lagerfeuer. Teer.

Geschmack: Sehr süß und sehr kräftig. Prickelnd und fruchtig. Holzfeuer im Kanonenofen.

Abgang: Länglich und heiß.

Fazit/Tipp: Ein sehr verlässlicher Aufwärmer, mit dem man, wenn man auf Islay steht, nichts falsch machen kann.


Gesamtfazit: Danke an die Gäste und ihre Mitbringsel. Black Arab noch einmal besonders für das schöne Nosingglas. Dies ist unsere Rangliste für den Abend:

  1. Laphroaig Quarter Cask oder Aberlour 18 J. (2:1)
  2. Kilchoman Sanaig oder Laphroaig Quarter Cask (2:1)
  3. Wemyss Peat Chimney oder Glenfarclas 21 J. (2:1)
  4. Aberlour 18 J. oder Glenfarclas 21 J. (2:1)
  5. Glenfarclas 21 J. oder Kilchoman Sanaig oder Wemyss Peat Chimney
  6. Macallan 12 J. (einstimmig)
  7. Auchnagie (einstimmig)
  8. The Irishman Founder's Reserve (einstimmig)
  9. Aureum 1865 (einstimmig)
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 10. Dezember 2017.

- Euer Tomas Aquinas



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