Samstag, 11. Januar 2014

Sind so kleine Biere, Teil XIV: Lindemans Cassis vs Leffe Ruby

Ich habe mir für die heutige Bierverkostung mal zwei Biere vorgenommen, die zwar nicht von wirklich kleinen Brauereien stammen, die aber jedenfalls - wie auch die meisten anderen, die ich hier vorstelle, in Deutschland eher unbekannt sind.

Lindemans ist im Kern immer noch immer eine Familienbrauerei, obwohl der heutige Ausstoß an Bier jährlich um die 90.000 Hektoliter liegt, was durchaus achtbar ist. Angefangen hatte man, zumindest was die "professionelle Periode" der Firma ab dem 1950ern betrifft, mit einer Kapazität von 5.000. An sich ist das Unternehmen aber noch viel älter; die Familie Lindemans begann bereits 1822 mit dem Bierbrauen, wenn auch nur als Nebenverdienst für die Wintermonate, wenn die Feldarbeit ruhte. Im Fokus der Lindemans liegen seit jeher die Lambieks samt deren Derivaten, also hauptsächlich Geuze und Fruchtbiere, wie z.B. Kriek oder das heute besprochene Cassis (Johannisbeere). Neben den - in Belgien durchweg gut erhältlichen - für den Massengeschmack produzierten Sorten stellt Lindemans auch noch einige ambachtelijke (also "handwerklich" entstandene, traditionell schmeckende) Biere her, wie etwa die Oude Geuze oder die Reihe Cuvée René. Das Cassis ist keine ganz neue Entwicklung, sondern entstand in der Neorenaissancezeit der belgischen Fruchtbiere, den 80ern.

Leffe dagegen ist eine ganz andere Sache. Bis vor kurzem stellte man noch gar keine aromatisierten Biere her, das Ruby und auch das Nectar (mit Honiggeschmack) sind relativ neue Entwicklungen, die wohl auch dem Zeitgeist geschuldet sind. Brot- und Buttergeschäft von Leffe waren eigentlich immer die so genannten Abteibiere, Lambieks werden und wurden nicht hergestellt. Zwar geht die Brautradition noch auf mittelalterliche Mönche zurück, die Gegenwart ist jedoch deutlich unromantischer: Leffe gehört mittlerweile zum Getränkegiganten AB InBev, ist also eigentlich kein "kleines" Bier mehr und wird auch schon lange nicht mehr von wallonischen Mönchen gebraut: die namensgebende Abtei nahe Dinant ist nur Inhaber der Markenrechte. Die Herstellung erfolgt recht schnöde in den Produktionsstätten von Stella Artois im fernen Leuven.


Bild: TAQ

Lindemans Cassis (3,5% Vol.)

Art und Herkunft: Cassis aus Lambiek und "mindestens" 25% Saft aus schwarzen Jonannisbeeren (Zusatz von Zucker und Süßungsmitteln), Belgien (Flämisch-Brabant)

Aussehen und Aroma: Kleine, spritzige Krone, die schnell zusammenbricht. Rubinrote bis dunkelrote Farbe. Der typisch süß-säuerliche Geruch des Lambiek kommt stark durch, ein dezenter Anteil der Nase erinnert an Johannisbeerdrops.

Geschmack: Kräftig und weniger süß als erwartet. Relativ ausgewogen beerig-säuerlich.

Abgang: Kurz, mit einem etwas unangenehmen Nachbrenner (Plastiktank).

Fazit/Tipp: Im Großen und Ganzen ziemlich angenehm, aber sicher kein "Bier wie aus Großvaters Zeiten". Der künstlich wirkende Abgang stört ein wenig, ansonsten erfrischend. Sehr kalt trinken (Empfehlung: 2 bis 3°C).

Leffe Ruby (5,0% Vol.)

Art und Herkunft: Helles Abteibier mit "Zusatz von Fliederbeeren und roten Früchten", Belgien (Flämisch-Brabant)

Aussehen und Aroma: Eine mittlere Krone, das Bier selbst ist rötlich-orange. Ein unaufdringliches Aroma. Rosenwasser und regennasser Beton.

Geschmack: Ein schaumiges Mundgefühl. Frühlingshaft. Rosenblätter, Erdbeere, Maibowle. Leicht hopfig.

Abgang: Kurz und sanft. Etwas Bitterkeit zum Schluss, keine bösen Überraschungen.

Fazit/Tipp: Für eine Brauerei, die gerade erst mit den Fruchtbieren anfängt, ein guter Start. Leicht und locker zu trinken. Gefällig.

Gesamtfazit: Hier schlägt der Neuling den Platzhirsch, da stimmiger komponiert und weniger stark und künstlich wirkend. Beides sind und bleiben Biere des Kompromisses.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 18. Januar 2014.



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