Diese kleine Flasche wurde mir letztes Jahr von meinem guten Freund Tom aus den Niederlanden, genauer gesagt aus Den Haag mitgebracht. Anscheinend ist diese kleine Stadt auch ohne die Verkostung bzw. den Kauf von Destillaten einen Besuch wert, so hat man mir jedenfalls glaubhaft versichert.
Korenwijn ("Kornwein") ist eine Abart des Jenevers und wird - wie dieser - aus Moutwijn (Kornbrand) hergestellt. In den Niederlanden unterscheidet man hinsichtlich der Herstellung und den Inhaltsstoffen zwischen den verschiedenen Arten von Jenever und dessen Derivaten (die Definitionen heben sich zum Teil deutlich von denen des belgischen Jenevers ab). Maßgeblich hierfür ist eine Verordnung des Sozio-ökonomischen Rates (einer Dienststelle des Verbraucherschutzes) von 2009 (hier im Original einzusehen). Demnach ist
Junger Jenever (aus dieser Sorte werden die in Deutschland bekannten Bessenjenever hergestellt)
- eine farblose Spirituose mit mindestens 35% Vol.
- die maximal zehn Gramm Zucker pro Liter enthalten darf und
- hauptsächlich aus Agraralkohol und maximal 15 Prozent Moutwijn bestehen muss
Alter Jenever
- eine hellgelbe oder hellbraune Spirituose mit mindestens 35% Vol.
- die maximal 20 Gramm Zucker pro Liter sowie Karamell als Farbstoff enthalten darf und
- hauptsächlich aus Agraralkohol und mindestens 15 Prozent Moutwijn bestehen sowie
- die "organoleptischen Merkmale der Wacholderbeere aufweisen" muss
Graanjenever ("Kornjenever")
- eine farblose, hellgelbe oder hellbraune Spirituose mit mindestens 30% Vol.
- die maximal 20 Gramm Zucker pro Liter sowie Karamell als Farbstoff enthalten darf und
- vollständig aus Agraralkohol von Getreide bestehen muss
Korenwijn
- ein farbloses, hellgelbes oder hellbraunes Destillat mit mindestens 38% Vol.
- die maximal 20 Gramm Zucker pro Liter sowie Karamell als Farbstoff und ausschließlich natürliche Aromastoffe enthalten darf und
- nur aus Agraralkohol von Getreide sowie mindestens 51 Prozent Moutwijn bestehen muss
Kurzfassung: Korenwijn enthält mithin den höchsten Anteil Kornbrand sämtlicher Jeneversorten und -abarten.
Bevor ich mir den Korenwijn zu Gemüte führe, will ich nur kurz noch ein paar Worte zur Firma selbst verlieren:
Van Kleef wurde an der noch heute genutzten Stelle (Lange Beestenmarkt 109, Den Haag) gegründet und produzierte zwischen 1842 und 1986 vor Ort. In den Achtzigern wurde die eigene Destillerie jedoch geschlossen (u.a. aus Brandschutzgründen) und nur das sehr schöne Ladenlokal verblieb. Mittlerweile befindet sich neben den Verkaufsräumen ein kleines Museum, wo unter anderem die alten Destillierkessel ausgestellt sind. Die Herstellung der Schnäpse und Liköre erfolgt heutzutage anderswo, allerdings befindet sich im heutigen Museumsgarten - dem Standort der alten Brennerei - noch die Abfüllanlage. Besuche, Besichtigungen und auch die Anmietung für festliche Gelegenheiten sind generell (teilweise natürlich nur nach Absprache) möglich.
Produziert werden so gut wie alle traditionellen niederländischen Spirituosen und Liköre, u.a. eben Jenever, aber auch "modernere" Sachen wie Gin und Wodka. Wer den weiten Weg nach Den Haag scheut, kann selbstverständlich auch im Online-Shop einkaufen.
Art und Herkunft: Korenwijn, Niederlande (Südholland)
Besonderheiten: Fünf Jahre in Barriquefässern aus amerikanischer Weißeiche gereift. Mit Kräuterinfusion.
Aussehen und Aroma: Definitiv hellbraun und nicht hellgelb. Ein sehr warmes, holziges Aroma. Die Eichenfässer kommen mit viel Vanille durch. Deutlicher Wacholder. Etwas Rosine? Ein angenehm nostalgisch-staubiger Charakter. Sommertag in der Grundschule.
Geschmack: Sehr weich und geschmeidig im Antritt. Nach ein oder zwei Sekunden: bang. Ein sehr kräftiges, aber nicht unangenehm, sondern schön wärmendes, Ausschlagen. Schön süß, fast wie Honig auf der Zungenspitze. An Gewürzen finde ich hauptsächlich wieder Wacholder und auch Nelken.
Abgang: Lang und angenehm weich. Die Würzigkeit hält lange durch.
Fazit/Tipp: Für einen Kornbrand unheimlich weich und dennoch ausdrucksstark. Ein Spitzenprodukt, das allerdings einen Preis hat (bei Geschenken soll man ja nicht nachschauen, aber eine Dreiviertelliterflasche kostet online knapp 30,- EUR). Alles in allem: Kaufempfehlung. Es muss nicht immer Single Malt sein.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 12. März 2017.
- Euer Jan B.
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