Sonntag, 14. März 2021

Sind so kleine Biere, Folge 118: Abbaye de La Cambre Blonde (5,6% Vol.)

Diese Flasche hat etwa zwei Jahre lang in meinem Bierkeller gelegen; ich hatte sie bei einem meiner letzten Besuche zu Hause in Brüssel (es wird wohl Sommer 2019 gewesen sein) in irgendeinem Laden erstanden. Man sieht die Marke Abbaye de La Cambre nicht allzuoft irgendwo in einem Regal (vor allem nicht außerhalb der Hauptstadt), darum war ich ganz froh, mal etwas mitnehmen zu können. Als mein knuffelcontact Plattfuss am Samstag zu Besuch kam, dachte ich, dass es mal eine gute Gelegenheit wäre, dieses Bier zu verkosten.

Die erste Enttäuschung vorweg: es handelt sich hier NICHT um ein "Abteibier" im eigentlichen Sinne. Die Union der Belgischen Brauer vergibt ein Gütesiegel unter dem Namen Anerkanntes Belgisches Abteibier; wer dieses führen möchte, muss einige (im verlinkten Artikel genannte) Kriterien erfüllen. La Cambre tut dies nicht; der Brauer Vincent Poswick hat 2013, als er die Marke gründete, die Namensrechte für einen Zeitraum von zehn Jahren erworben. Gebraut wird sein Bier allerdings bei der limburgischen Firma Anders!, einer relativ großen und bekannten Auftragsbrauerei. Tatsächlich gibt es im Herzen von Brüssel eine alte Abtei mit Namen La Cambre/Ter Kameren - diese liegt sehr malerisch in einem kleinen Tal an den Ausläufern der Avenue Louise/Louizalaan und ist definitiv einen kleinen Ausflug wert - welche 1798 säkularisiert wurde. Heute dient sie unter anderem als Sitz einer Kunsthochschule und des Nationalen Geografischen Instituts und beherbergte von 2013 bis 2020 tatsächlich wieder eine sehr kleine Gemeinschaft von Mönchen (Norbertiner bzw. Prämonstratenser). Aber wie schon gesagt: mit der Abtei oder gar mit Mönchen hat das Bier La Cambre - außer dem Namen nach - nichts zu tun.

Vincent Poswick hat in Louvain-la-Neuve Brauwesen studiert und von 2005 bis 2009 in den französischen Ardennen eine kleine Brauerei namens Ardwen aufgebaut und geleitet. Im Jahr 2013 gründete er dann das La-Cambre-Bier. Außerdem ist er Gemeinderatsmitglied von Sint-Genesius-Rode/Rhode-Saint-Gènese (eine politisch interessante Kommune übrigens: sie liegt in Flämisch-Brabant, ist heute aber mehrheitlich durch Zuzug aus der Wallonie französischsprachig geworden, was den Flamen natürlich ein Dorn im Auge ist).

Neben dem heute in Rede stehenden Blonde gibt es von Poswick noch das Triple, das Ambrée, das Hopsession (ein sehr leichtes IPA) sowie ein Winterbier.

Art und Herkunft: Blond, Belgien (Limburg).

Besonderheiten: -

Aussehen und Aroma: Goldgelb mit einer großen, aber flüchtigen Krone. Sehr erdig und holzig in der Nase. Erinnert an ein altes Apfelfass, das lange in einer Kellerecke gestanden hat.

Geschmack: Auch ein erstaunlich fruchtiger und geradezu "apfeliger" Antritt mit kräftiger Kohlensäure. Nachgelang wird das Geschmackserlebnis immer herber. Die verwendeten Aromahopfen kommen stärker zur Geltung.

Abgang: Kurz und trocken.

Fazit/Tipp: Ein Blond, das wie ein Cider beginnt, aber eher wie ein Pils endet. Gut trinkbar und als Abwechslung ganz interessant, aber nicht besonders vielschichtig.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 21. März 2021.

Verkostung: Plattfuss, Tomas A.

Text: Tomas A.


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