Nach der Verkostung des Statesman von Aldi Nord dachte ich, es sei jetzt erst einmal gut mit den Whiskys vom Discounter. Allerdings kam dann eines schönen Sommertages Plattfuss mit dem Old House No 1 von Netto (früher Plus) an. Womit ich das verdient habe, weiß ich nicht. Ich hatte nie vor, eine ganze Serie über Billigwhisky zu machen, vor allem deshalb nicht, weil derlei schon versucht worden ist.
Wer dem eben angegebenen Link folgt, und sich den Thread von "Exxa" (auch schon ein paar Jahre her) durchliest, wird sehen, was ich meine. Interessant finde ich übrigens die doch allgemein recht missmutigen, hochnäsigen und schlichtweg dummen Reaktionen auf den "Noob". Ich weiß nicht, was das den Leuten in solchen Foren bringt ... so was soll doch eigentlich dem gegenseitigen Austausch dienen, aber der wird doch kaum zustande kommen, wenn man Neulinge, auch wenn sie noch nicht das ganze Fachvokabular beherrschen usw., gleich erst einmal unterbügelt. Auch Kommentare, die gefährliches Halbwissen offenbaren ("Whisky MUSS in Eichfässer (sic!) reifen damit er sich überhaupt Whisky nennen darf" - hier ist nicht nur die Grammatik fehlerhaft; bestimmte Arten von Whisky müssen unbedingt in Eichenfässern reifen, um ihre Herkunftsbezeichnung führen zu dürfen, z.B. Scotch und Bourbon), dienen wohl eher der Abgrenzung als der Belehrung. Oder - in einem anderen Thread (sinngemäß): "Also Blended Whiskys sind generell schlechter als Single Malts". Wobei man dann so ziemlich die gesamte Geschichte des Whisky auf den Kopf gestellt hat, da die Blends ja historisch gesehen die raison d'etre der Single Malts sind, wenn man bedenkt, wie viel von ihren Malts die Destillerien so hergeben, damit die Blends überhaupt hergestellt werden können.
Ich schweife schon wieder ab, aber das Phänomen, dass jeder, der das Wort Laphroaig halbwegs korrekt aussprechen kann, sich selbst für den Whiskyguru und alle anderen für Unwissende hält, ist mir genau so suspekt wie die Leute, bei denen vor ein paar Jahren noch der Texaseintopf das höchste der kulinarischen Gefühle war, und die dann plötzlich anfingen, bescheuerte Sätze wie etwa den folgenden loszulassen: "Also, der Jamie sagt immer, Kurkuma muss man bla bla blub fasel". Sehr nervig. Okay, zurück zum Experiment.
Dank Plattfuss musste ich also doch den Old House No 1 probieren, wird im Laden so um die 6,99 kosten. Es ist auf jeden Fall schon mal ein Scotch, sonstige Informationen geben weder das Label noch eine kurze Internetrecherche her. Im Aussehen ist das Alte Haus hellgelb und ölig. Das Nosing, um einmal in der Sprache unserer Zeit zu bleiben, ergibt nichts Umwerfendes: Spargel, Lakritz. Auf der Zunge dann eine leichte Süße, wieder Lakritz, aber auch Schärfe (leider keine Gewürze sondern Ethanol). Der Abgang ist eher kurz, es bleibt ein bitterer Nachgeschmack (sowohl körperlich als auch seelisch). Der direkte Vergleich mit dem Statesman ergibt, dass jener ein schärferes, grasigeres Aroma hat, auf der Zunge jedoch nicht so scharf ist wie der Old House, jedoch auch ähnlich süß, dazu Noten von Leder. Auch der Statesman hat einen kurzen Abgang und wirkt medizinisch, ledrig, die Zunge betäubend (wirkt wie Novocain). Beide sind kein großer Gaumenschmaus, aber ganz knapp finde ich den Statesman von Aldi doch noch etwas besser. Aber unter den Blinden ist der Einäugige halt König.
Am 5. August 2011 erscheint der nächste planmäßige Beitrag. Dann verkoste ich den Jim Beam Rye (Yellow Label).
Picture Credits: "Old House No 1": Justus Bluemer auf flickr.com (BY2.0)
4 Kommentare:
Ich habe den Old House No 1 etwas "stimmiger" in Erinnerung. Zudem auch mit einem süßeren Antritt und etwas mehr Körper, wenn man bei diesen Disounter-Blended davon überhaupt sprechen kann. Der Abgang des Statesman ist allerdings nach meinem Geschmack etwas angenehmer - er zieht einem nicht den Mundraum zu einer trockenen Wüstenlandschaft zusammen.
Hier wird ganz deutlich, warum ein vernünftiger Enstiegs-Blended mindestens das doppelte kosten sollte.
Hoffentlich muss ich nicht auch noch die Billigprodukte der anderen Supermärkte verkosten....
@Plattfuss: An mir solls nicht liegen! Bring doch mal wieder einen der von Dir im Horst-Lüning-Forum beworbenen Single Malts mit... :-)
Auch wenns ein uralter Artikel ist, mal ein Kommentar ;):
Ich hab den Old House als absolut widerlich in Erinnerung. Die Nase war Benzin, im Mund Diesel und der Abgang... Hab ihn dann bei einer größeren Menge Menschen unters Volk gebracht.
cheers,
Frank
Sorry, dass die Veröffentlichung deines Kommentars etwas gedauert hat. Danke für deine Meinung und Slainte.
Kommentar veröffentlichen