Wenn man die Veränderungen in der Gastro- und Ausgehszene mit einem kurzen Satz beschreiben will, dann reicht es wahrscheinlich, wenn man bemerkt, dass eine traditionelle Eckkneipe mit dem Namen Zum Krummen Ellenbogen nunmehr seit einiger Zeit unter dem Namen Saro Tapas Bar und Lounge firmiert (man beachte das Deppenleerzeichen zwischen "Tapas" und "Bar" - oder es fehlt ein Komma zwischen den beiden Worten - Klugscheißermodus aus).
An sich ist es aber auch nicht schlimm, wenn eine doch recht düstere, wenig ansprechende Pinte mal einen frischen Wind verspürt. Ohne Zweifel ist das Saro in, was auch die Schwierigkeiten belegen, auch mit einer Woche Vorlauf einen schönen Platz für eine große Gruppe zu bekommen. Von der Reservierung per e-mail kann ich nur abraten, da sie anscheinend überhaupt nicht funktioniert. An einem Freitagabend gegen 20 Uhr ist das Saro bereits gut besucht, im Altweibersommer gibt es noch ein paar Plätzchen draußen, drinnen ist die Lift schon sehr dick. Die Bar ist jedenfalls beliebter als sie groß ist. Beim Warten auf Plattfuss stoppe ich mal die Zeit, bis eine Bedienung sich meiner erbarmt, es dauert leider doch schlanke 15 Minuten, bis es etwas gibt - Unerfahrenheit oder Überlastung? Auf jeden Fall werden noch Servicekräfte gesucht. Allerdings muss ich zugeben, dass der Service gut klappt, wenn man erst einmal entdeckt wurde. Neben der recht übersichtlichen Cocktailkarte ist besonders das umfangreiche Sortiment an Spirituosen interessant - ich identifiziere auf Anhieb Captain Morgan Private Stock, Bulleitt, Wild Turkey, Talisker und Laphroaig 10 yo, Scapa, Gentleman Jack und noch so einiges mehr. Die Whiskykarte ist seit einiger Zeit "in der Mache". Wäre schön, wenn sie mal fertig würde. Gottlob gibt es "den Chef", der sich mit Getränken sehr gut auszukennen scheint und freundlich gerne ein paar Empfehlungen gibt. Das verleiht dem Ganzen eine sehr persönliche Note, ist auch angenehm, aber der Mensch ist halt doch ein visuelles Wesen und wünscht sich was zum lesen.
Plattfuss bestellt sich endlich einen Ardbeg Supernova, einen der torfigsten Single Malts überhaupt. Ich notiere im Aroma Klebstoff, Rauch, speckiges Holz. Im Geschmack sehr salzig, scharf. Der Abgang salzig und lang. Mit Wasser verdünnt noch speckiger, blumiger Antritt, kürzerer Abgang. Plattfuss präferiert ihn ohne Wasser. Ich entscheide mich für einen Scapa 14 yo von den Orkneyinseln (Flasche im Einzelhandel so etwa 55,- EUR). In der Nase habe ich Wein, Aceton, einen Hauch von Meer. Von der Konsistenz recht ölig, am Gaumen salzig und scharf (aber viel weniger als der Supernova), Kräuter, leichter, etwas wässrig. Im Abgang mittellang und trocken. Mit Wasser versetzt ähnlich, aber milder, mit einem süßen Mittelteil.
(Bild: Gourmandise auf flickr.com [BY-NC-ND 2.0])
Ab 21.00 serviert das Saro Cocktails zum Festpreis von 3,90 EUR, daher nehme ich den Long Island Iced Tea und den Hurricane noch mit. Der Long Island ist sehr schön ausbalanciert und gar nicht spritig (erst denke ich: wenig Alkohol drin, werde eine halbe Stunde später aber doch noch eines besseren belehrt). Mein Kompliment an den Bartender. Den Hurricane fand ich zu muffig (vielleicht wegen des Old Pascas, der drin ist) und im ganzen zu säuerlich, trinke ihn aber trotzdem tapfer aus. Der Weltmann in mir murmelt: Das ist aber nicht der Hurricane, wie man ihn in New Orleans trinkt.
Plattfuss gönnt sich noch einen Lagavulin 16 yo, der ganz angenehm ausfällt: sehr fruchtig im Aroma, Orange, Zimt, Muskatnuss. Im Geschmack dann Zitrus, Nougat; der Abgang weich, mittellang und leicht rauchig. Die Rechnung für alles kommt auf etwa 36,-, dank der günstigen Cocktails. Der Supernova schlägt so mit 7,90 pro Glas zu Buche, nicht wirklich günstig aber eine günstige Gelegenheit, ihn mal zu probieren. Insgesamt sage ich dem Saro eine schöne Zukunft voraus, es müsste aber dringend irgendwie mehr Platz geschaffen werden und ein oder zwei Bedienungen am Wochenende mehr könnten auch nicht schaden. Oh, ja: und eine Spirituosenkarte. Und eine übersichtlichere Webseite.
P.S.: Hervorheben muss ich doch noch einmal, dass die Bar wirklich gut sortiert ist: bei einem weiteren Besuch, der zufällig kurz darauf stattfindet, komme ich in den Genuss noch zwei einigermaßen rare Tröpfchen zu kosten: Green Spot (Irish Whiskey: frisch, süß, minzig) und George Dickel No. 8 (Tennessee Whiskey, ziemlich selten und deswegen interessant, weil es neben Jack Daniel's überhaupt nur noch drei Hersteller von Tennessee Whiskey gibt: er kam mir trockener und herber als Jack Daniel's vor). Lohnenswert!
Der nächste Beitrag erscheint am 10. Oktober 2011. Das Thema weiß ich noch nicht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen