Als ich neulich im Culina saß, hatte ich eine kleine Auseinandersetzung mit meiner Lieblingsbarmaid W. Anlass war die Nummer 23 01, Moscow - Munich Mule. Ich reklamierte damals, dass das Getränk mit Thomas Henry Ginger Ale gemixt wurde, nicht mit Ginger Beer, wie es das Rezept eigentlich vorsieht. Ich ging davon aus, dass Ginger Beer zwangsläufig alkoholischer Natur sein muss und verstand Ws dauernden Einwand "aber das ist doch Ginger Beer ..." überhaupt nicht. Nach einigen Recherchen muss ich nun leider doch Abbitte leisten und zugeben, dass W. so falsch wahrscheinlich gar nicht lag bzw. dass meine Erwartungshaltung nicht wirklich gerechtfertigt war.
Es ist nämlich so: Bis vor etwa 100 Jahren war Ginger Beer tatsächlich (fast) immer alkoholisch, wenn auch nur schwach, und unterschied sich durch die Fermentation vom alkoholfreien Ginger Ales. Heute allerdings ist Ginger Beer in der Regel auch den Soft Drinks zuzuordnen und unterscheidet sich vom Ginger Ale dadurch, dass es einen höheren Ingwergehalt als dieses hat und daher schärfer schmeckt. Allerdings gibt es auch weiterhin alkoholische Ginger Beers, die aber als solche gekennzeichnet werden. In Deutschland hingegen dürfen nichtalkoholische Ginger Beers gar nicht Ginger Beer heißen, da das Wort "Bier" irreführend sei. Thomas Henrys Limonade dürfte also im angelsächsischen Raum durchaus die Bezeichnung Ginger Beer tragen, läuft in Deutschland aber zwangsläufig als Ginger Ale.
Puuuh. Das hat mich jetzt recht durstig gemacht, also fange ich lieber mal mit der Verkostung an: Heute teste ich zwei Biere aus Großbritannien, welche sich als "Bier mit Ingwer" bzw. traditionell als "(alkoholisches) Ingwerbier" bezeichnen. Zunächst wäre da einmal das Robinson's Old Tom with Ginger. Wie der Name schon verrät, handelt es sich hier nicht um eingebrautes Ginger Beer, sondern das Getränk entsteht durch Mischung zweier Ingredienzien, konkret Robinson's Old Tom (welches ich hier schon einmal - nicht sehr wohlwollend - besprochen habe) und einem nichtalkoholischen Ginger Beer der Marke Fentiman's (die Firma stellt eine Vielzahl von Softdrinks nach traditioneller Rezeptur her).
Das Williams kommt aus der schottischen Stadt Alloa (deren Namen, den Scherzkeksen unter Euch sei's gesagt, nichts mit Hawaii zu tun hat). Die Firma begann, so sagt es die Webseite, als Spezialgeschäft für Brausets und Hausbrauereizubehör. Ende der achtziger Jahre begannen dann die ersten zögerlichen Versuche mit traditionellen und historischen Rezepturen, insbesondere mit verschiedenen Frucht- und Kräutermischungen. Die heutige Brauerei in Alloa ist bereits der zweite Standort, von 1998 bis 2004 wurde in Strathaven produziert. Die ersten zehn Jahre wurden fremde Brauereien genutzt, Williams war in den Anfängen also eine so genannte gypsy brewery ohne eigene Infrastruktur. Das heutige Portfolio ist sehr umfangreich, obwohl es sich ausstoßmäßig immer noch um eine microbrewery handelt. Ich zähle alleine 25 Flaschenbiere (mit teilweise sehr exotischen Zutaten wie Heidekraut und Taybeere) und ungefähr genau so viele noch einmal als Fassabfüllungen. Das hier besprochene Williams Ginger wird als "traditionell gebrautes" alkoholisches Ginger Beer bezeichnet und enthält sowohl Ingwer als auch Ingwersaft.
Robinson's Old Tom with Ginger (6,0% Vol.)
Art und Herkunft: Ale mit Zusatz von Ingwerlimonade, England
Aussehen und Aroma: Kaum Schaumentwicklung oder Kohlensäure; rötlich-braune Farbe, fast wie Cola. Leicht schokoladige Noten, fruchtiger Unterton: Zitrus, Ingwer. Leicht künstlich, finde ich.
Geschmack: Süßlich und irgendwie faulig. Der Ingwer bleibt sehr im Hintergrund, nur ganz leicht scharf.
Abgang: Mittel, süßlich und schweflig.
Fazit: Schon das zweite Robinson's, das mir nicht gut gefällt. Ähbäh! Diese süße, schweflige Fauligkeit im Geschmack finde ich unheimlich anstrengend.
Williams Ginger (3,8% Vol.)
Art und Herkunft: Ginger Beer, Schottland
Aussehen und Aroma: Sehr vergängliche Schaumkrone. Farbe dunkelgelb bis -gold, pilsähnlich. Sehr heftige Nase: Ingwer, Ingwer und nochmal Ingwer. Frisch und zitronig.
Geschmack: Auch sehr spritzig. Hefe. Hopfendolden, fast gar nicht süß. Deutlicher Ingwer.
Abgang: Relativ lang für so ein leichtes Bier, schärferer Ingwer-Nachbrenner.
Fazit: Nix für den ganzen Abend, aber doch mal recht spannend. Eben keine Limonade, sondern doch eher "bierig".
Gesamtfazit: Das "echte" Ingwerbier aus dem Hause Williams finde ich deutlich stimmiger, angenehmer, frischer und trinkbarer. Sieger!
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 15. März 2014.
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