Vor vielen, vielen Jahre hatte ich einmal Gelegenheit, mit einer Kolumbianerin zusammenzuarbeiten. Das war, an und für sich genommen, eine ganz liebe Frau, die mir nicht übermäßig auf den Keks ging. Nur bei der angemessenen Raumtemperatur konnten wir uns meistens nicht einigen, denn ein durchschnittlicher deutscher Frühling mit Sonnenschein im Mai war ihr immer noch viiieeel zu kalt, darum musste bis tief in den Hochsommer die Heizung bullern. Und das, obwohl ich ihr nachweisen konnte, dass die Stadt, aus der sie ursprünglich stammte (Bogota), logischerweise aufgrund der Gebirgslage viel, viel kälter sein musste als Deutschland. Aber, so meine Kollegin, das sei ja eine ganz andere Kälte als in Deutschland, nicht so eine feuchte Kälte und irgendwie auch nicht so eine kalte Kälte, usw. Man kennt das ja auch von Leuten, die aus Sibirien stammen und im deutschen Winter bibbernd um den Heizlüfter stehen.
Egal, meine Kollegin auf jeden Fall hat mich damals auf Aguardiente angefixt, den kolumbianischen Nationalschnaps schlechthin. Probeweise brachte sie mir ein- oder zweimal ein Tetrapack (!) Nectar mit, den ich gierig verschlang und der mir auch richtig wohl tat. Seitdem habe ich eine kleine Schwäche für das Gesöff, allerdings, wie man an dieser älteren Verkostung sehen kann, eher nicht für die kubanische Version. In Kolumbien besteht Aguardiente (ich hatte damals in dem Beitrag schon geschrieben, dass es keine international einheitliche Definition des Begriffs gibt) aus einem Zuckerrohrschnaps (er ist also einem Rum ähnlich), der mit Anis versetzt ist und meistens auch noch nachgesüßt wird. Allerdings sieht man heutzutage auch oft Sorten ohne Zucker, für die Gesundheitsbewussten bzw. diejenigen, bei denen Zucker im Alkohol heftigen Kater auslöst.
Es ist wohl so, dass in Kolumbien die "Provinzen" (departamentos) die Lizenzen für die Herstellung von Aguardiente vergeben, daher gibt es pro Provinz auch meisten nur einen oder zwei Hersteller. Der eingangs erwähnte Nectar kommt z.B. aus Cundinamarca und der heute besprochene Blanco del Valle aus Valle del Cauca. Die Firma, die ihn herstellt (Industría de Licores del Valle, ILV), wurde bereits 1921 gegründet und hat außer dem traditionellen Aguardiente noch einen ohne Zucker und einen Ice (ebenfalls ohne Zucker, mit Minznote) sowie den Origen (auch ohne Zucker, doppelt gefiltert) im Angebot. Darüber hinaus werden auch verschiedene braune Rums gebrannt. Bleibt die Frage: wie trinkt man kolumbianischen Aguardiente? Meine Kollegin sagte: kalt. Allerdings scheint das von Region zu Region unterschiedlich zu sein, denn "bei Zimmertemperatur" habe ich auch schon gelesen. Auf jeden Fall trinkt man ihn pur, aus einem Schnapsglas mit breitem Rand (also einem "Stamperl"). Zwecks Verkostung mache ich heute aber eine Ausnahme und trinke ihn aus dem Nosingglas.
Art und Herkunft: Aguardiente, Kolumbien
Besonderheiten: -
Aussehen und Aroma: Als traditioneller Aguardiente ist er ein klarer Schnaps. Im Geruch dominiert klar Anis bzw. Lakritze. Nebenher gibt es aber noch andere Eindrücke, die relativ frisch sind: Minze und leichte Küchenkräuter, eventuell Oregano?
Geschmack: Sehr mild. Natürlich wieder Anis, aber auch eine leichte Salzigkeit. Besonders süß ist er nicht. Kaum alkoholische Schärfe.
Abgang: Kurz und mild. Ganz am Ende wärmt er ein wenig.
Fazit/Tipp: Ein sehr weicher und milder Schluck, überhaupt kein "Rachenputzer". Die Anisnote muss man mögen, allerdings ist sie bei weitem nicht so stark ausgeprägt wie z.B. bei einem französischen Pastis. Dass er übrigens nur Anisaroma und keine Anisöle enthält, merkt man sehr gut am Fehlen des Louche-Effekts, wenn man Wasser hinzugibt. Eignet sich gut als Verdauungsschnaps.
Der nächste planmäßige Beitrage erscheint am 14. August 2015.
- Euer Tomas Aquinas
Art und Herkunft: Aguardiente, Kolumbien
Besonderheiten: -
Aussehen und Aroma: Als traditioneller Aguardiente ist er ein klarer Schnaps. Im Geruch dominiert klar Anis bzw. Lakritze. Nebenher gibt es aber noch andere Eindrücke, die relativ frisch sind: Minze und leichte Küchenkräuter, eventuell Oregano?
Geschmack: Sehr mild. Natürlich wieder Anis, aber auch eine leichte Salzigkeit. Besonders süß ist er nicht. Kaum alkoholische Schärfe.
Abgang: Kurz und mild. Ganz am Ende wärmt er ein wenig.
Fazit/Tipp: Ein sehr weicher und milder Schluck, überhaupt kein "Rachenputzer". Die Anisnote muss man mögen, allerdings ist sie bei weitem nicht so stark ausgeprägt wie z.B. bei einem französischen Pastis. Dass er übrigens nur Anisaroma und keine Anisöle enthält, merkt man sehr gut am Fehlen des Louche-Effekts, wenn man Wasser hinzugibt. Eignet sich gut als Verdauungsschnaps.
Der nächste planmäßige Beitrage erscheint am 14. August 2015.
- Euer Tomas Aquinas
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen