Nun wird es mal langsam Zeit, dass ich die letzten Reste der Bierakademie trinke, die ich schon vor Monaten von meinem lieben Kollegen zum Geburtstag erhalten habe. Aber zwischen den ganzen belgischen, niederländischen und britischen Bieren kommt man ja zu nichts.
Die heutige Verkostung ist jedenfalls fast "live", denn an diesem schönen Sonntagmorgen sitzt mein Kumpel Tom mit am Gartentisch und wir schauen erwartungsvoll auf gleich drei Kandidaten der selben Brauerei, die sich noch in meinem Probepaket befanden. Es handelt sich um Biere der Privat-Brauerei Zötler aus Rettenberg im Allgäu. Die Brauerei nimmt nach aufwändigen Recherchen in den Siebzigern für sich in Anspruch, die "älteste Familienbrauerei der Welt" zu sein, da bereits seit 1447 am selben Ort eine Braustätte belegt ist, wobei sich die heutige Firma "erst" seit 200 Jahren im Familienbesitz der Zötlers befindet (was natürlich auch nicht schlecht ist). Für eine Brauerei mit einem recht überschaubaren Ausstoß (ca. 50.000 Hektoliter per annum) ist das Portfolio ziemlich groß: außer Bier wird noch Limo und Schnaps hergestellt. Die Biere wiederum lassen sich in drei Segmente aufteilen: die Bierspezialitäten, also das Brot- und Buttergeschäft mit 18 Sorten; alle heute von uns getesteten Biere gehören in diese Kategorie. Ferner noch die Sagenbiere, die, wie der Name schon verrät, bestimmte regionale Sagen bzw. Legenden als Thema haben. Schließlich noch das Craftbeer, wo sich der Braumeister Niklas Zötler dem Experimentieren mit besonderen Hefen u.a. hingibt.
Zötler Gold (5,2% Vol.)
Art und Herkunft: Export, Deutschland (Bayern).
Besonderheiten: Eine der ältesten Sorten aus dem Portfolio (1920er).
Aussehen und Aroma: Hellgold, klar und mit stabiler, kleiner Krone. Dezent-frischer Geruch mit sanftem Malz und Hopfen. Etwas wie Südfrüchte und ein ganz leichter Hauch von Banane?
Geschmack: Erfrischend-prickelnder Antritt mit leichter Süße, die nach und nach einer "typisch deutschen" verhaltenen Hopfenbitterkeit Platz macht.
Abgang: Ziemlich kurz, mit ganz verhalten zitronig-salzigen Noten am Ende.
Fazit/Tipp: Ein sehr typisches, zurückhaltendes und gut durchkomponiertes Export. Erfrischend genug für einen warmen Tag.
Zötler Bayerisch Hell (4,9% Vol.)
Art und Herkunft: Helles, siehe oben.
Besonderheiten: -
Aussehen und Aroma: Etwas heller als das Gold, mit einer ähnlich strukturierten, aber flüchtigeren Krone. In der Nase deutlich weniger Kraft, alleine das süße Malz kommt stärker hervor.
Geschmack: Süßlicher Antritt mit einigen Säurenoten im Mittelteil. Keine merkbare Bitterkeit.
Abgang: Kurz. Zack - und es ist weg.
Fazit/Tipp: Ebenfalls ausgewogen und frisch, leider aber auch etwas ausdrucksschwach ... wie Helles es nun wohl auch so an sich hat.
Zötler Hefeweizen Hell (5,2% Vol.)
Art und Herkunft: Hefeweizen, siehe oben.
Besonderheiten: -
Aussehen und Aroma: Strohgold mit Trübung. Kleine, stabile Krone. Sehr malzige Nase, reife Banane.
Geschmack: Ein Mundgefühl irgendwo zwischen prickelnd und cremeux. Definitiv säuerliche Anteile, aber doch deutlicher Überhang ins fruchtig-bananige. Hefeteig.
Abgang: Mittel, süßlich.
Fazit/Tipp: Ich bin kein großer Fan "bananiger" Weizenbiere. Dem Zötler muss ich jedoch zugute halten, dass diese Qualität hier recht zahm und gezügelt zum Vorschein kommt. An und für sich immer noch ganz erfrischend.
Gesamtfazit: Alle drei Biere, die wir heute getestet haben, haben einen ganz angenehmen Eindruck hinterlassen. Überraschend für mich persönlich ist doch das Hefeweizen der Gewinner des Morgens. Das Helle ist (naturgemäß?) leider etwas blass. Das Gold ist ein guter Kompromiss, wenn man ein erfrischendes und nicht anstrengendes Bier haben möchte. Alles in allem macht man aber unseres Erachtens mit keinem etwas falsch, da alle drei - persönliche Präferenzen mal außen vor gelassen - handwerklich sehr gut gemacht sind.
Allen Leser*innen noch einen schönen Restsonntag, der zumindest hier im Osnabrücker Land sehr sonnig werden soll. Unser nächster planmäßiger Beitrag erscheint am 26. Mai 2019.
Verkostung: Tomas A. und Jan B.
Text: Jan B.
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