Wenn ich morgens um fünf nicht mehr schlafen kann, dann würde ich gerne behaupten, es liegt an dem neuen Whisky, den ich von Melisa von whic.de zugeschickt bekommen habe, aber ich fürchte fast, es liegt an meinem dauerhaft schlechten Gewissen. Wegen meiner sündhaften Jugend und so ... ihr wisst ja.
Nun, dennoch gibt es Aufregendes zu vermelden: Whic hat eine neue Reihe gestartet, die irgendwann einmal 30 Teile umfassen soll. Die Amazing Whiskies sollen uns "mehr Action, mehr Spannung und mehr Knall" bringen - so verspricht es zumindest der Werbetext. Sehr hübsch aufgemacht war die Sendung aus Bremen schon: außer dem Probierfläschchen lag ein kleines Beiblatt im Stil der alten amerikanischen Pulp-Hefte im Karton. Wer denkt da also in Verbindung mit dem Serientitel nicht gleich an das klasssische SciFi-Magazin Amazing Stories? Und auch noch einen anderen Grund gäbe es für unsere Schlaflosigkeit: Von (The) Glenrothes hatten wir hier noch nie eine offizielle Verkostung. Nur von einem sehr bekannten Blend, in dem diese Destillerie als einer der Lead Malts vertreten ist: Cutty Sark.
Die Brennerei entstand im Jahre 1878 als Ergebnis eines crowdfundings: ein lokaler Gottesmann - selbst eher dem Abstinenzlertum zuneigend - war sich im klaren darüber, dass nur der Bau einer Whiskydestillerie die dringend benötigten Arbeitsplätze schaffen könne und machte sich daran, bei seinen reicheren "Schäfchen" Geldspenden für den Bau aufzutreiben. Über einen Umweg namens Highland Distillers kam Glenrothes Ende des 20. Jahrhundert zur Edrington (Group), von der u.a. auch Macallan und Highland Park stammen. Im Firmenportfolio von Edrington ist die Destillerie in Rothes eher eine der "Stillen". Wie oben schon gesagt geht der größte Teil ihrer Whiskys in die firmeneigenen Blends. Stefan Gabányi beschreibt den Stil von Glenrothes (übrigens eine der seltenen schottischen Brennereien, die sich noch eine eigene Küferei leistet) als ein "komplexes, sherrybetontes Halbschwergewicht".
Besonderheiten: Nicht kaltfiltriert, nicht gefärbt, Fassstärke.
Aussehen und Aroma: Kräftige Bernsteinfarbe mit einem deutlichen rötlichen Schimmer. Sehr kräftiges Sherryfass, verzuckerte Feigen und Datteln in der Nase.
Geschmack: Süß und weich im Antritt. Plötzliche alkoholische Schärfe und wieder eine Art Trockenobst; diesmal würden wir aber eher sagen: Pflaume. Kirschlikör und Paradiesapfel. Etwas dunkle Schokolade? Das von Whic angekündigte "Leder" haben wir nicht unbedingt gefunden.
Abgang: Mittellang bis lang und sehr fruchtig.
Fazit/Tipp: Ein sehr angenehmer Whisky mit ordentlich Dampf im Kessel, der aber dennoch gefällig auf der Zunge bleibt. Ordentlich Sherryfass ist auch dabei. Leider bereits wieder vergriffen: 150,- Ocken hättet ihr für eine große Flasche ausgeben müssen.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 21. Juni 2020.
Verkostung: Plattfuss & Jan B.
Text: Jan B.
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