Heute nun endlich auch mal wieder ein Whisky aus der Speyside. Als ich großmaßstäblich mit dem Trinken des schottischen Nationalgetränks anfing, gefielen mir die Produkte aus dieser Region eigentlich am besten. Sie sind in der Regel recht süß, mild, und haben eher wenig Rauch; ich halte sie daher für sehr geeignet für den Anfänger, da erfahrungsgemäß extrem eigenwillige Whiskys mit ausgeprägt maritimen und/oder rauchigen Noten doch zu Beginn ziemlich einschüchternd wirken können. Das soll jetzt aber nicht bedeuten, dass die Speysider eintönig und fade schmecken - viele von ihnen haben einen ausgeprägten eigenen Charakter und eignen sich vorzüglich sowohl für den Neuling als auch für den langjährigen Genießer.
Dem zwölfjährigen Cragganmore zum Beispiel sagt man nach, er sei einer der komplexeren Whiskys der Gegend. Die Brennerei wurde 1870 gegründet und befand sich im 20. Jahrhundert doch relativ viele Jahre lang in den Händen der Glenlivet. Nach mehreren Aufkäufen und Fusionen der Anteile bzw. der Anteilseigner ist sie heute - wieder einmal über die UDV - im Besitz von Diageo und Teil der ursprünglichen Classic Malts-Serie (zusammen mit dem neulich hier besprochenen Dalwhinnie). Die Brennerei Cragganmore erhält ihr Malz aus dem Zentrallager von Diageo, besitzt also keine eigene Mälzerei mehr; dies ist heutzutage aber eigentlich schon die Regel. Die Reifung erfolgt in Bourbonfässern. Der Zwölfjährige bildet das Hauptgeschäft (aktiv beworben wird seitens Diageo außerdem die Distillers Edition) und wird von Kennern wie Michael Jackson hoch geschätzt; im Aroma soll er sehr angenehm süß und blumig sein. Allerdings habe ich auch Negativeres über ihn gehört: er habe in den letzten Jahren deutlich nachgelassen ... innerhalb der Classic Malts gehört er zu den am wenigsten verkauften. Allerdings ist Cragganmore einer der Whiskys in namhaften Blends, unter anderem in White Horse. Nun: Zeit, sich selber eine Meinung zu bilden.
Aussehen und Aroma: Goldfarben, man möchte fast sagen: Standard-Speyside-Farbe. Das Aroma ist tatsächlich vielschichtig, allerdings nicht so eindrucksvoll wie gedacht. Ich bilde mir ein, viel Frucht (Apfel, Birne) und Süße (Honig) zu riechen, nebenbei noch etwas Moschus.
Geschmack: Im Vergleich zum Geruch eher einfach gestrickt: die Äpfel tauchen zwar wieder auf, er ist zunächst tatsächlich etwas herb, später dann rauchiger mit einem Anflug von Schärfe. Wenig aufregende Noten, Holz. Die Zugabe von ein wenig Wasser macht ihn noch milder, die Frucht bleibt.
Abgang: Lang und trocken, ganz zum Schluss kommt die Schärfe noch einmal durch.
Fazit: Der Cragganmore überzeugte durch ein angenehmes, interessantes Aroma, hat dieses Versprechen im Geschmacksteil aber leider in meinen Augen nicht wirklich einlösen können. Auf der Zunge finde ich ihn durchschnittlich: zwar nicht schlecht aber doch insgesamt eher zu harmlos, um mich wirklich zu fesseln. Mit Preisen um die 28,- EUR vielleicht eine Option für jemanden, der über die Blends hinaus ist, aber noch keine großen Überraschungen möchte.
Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 11. August 2012.
Picture Credits: "Cragganmore 12": Sven Cipido auf flickr.com
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