Sonntag, 25. Oktober 2020

Entsorgung

Heute habe ich es endlich getan: ich habe meinen Barschrank und mein Partykeller-Regal aufgeräumt. Vor vielen Jahren habe ich als humorigen Anreißer für einen Beitrag mal das Dilemma des "guten Gastgebers", der gleichzeitig noch "guter Trinker" sein will, geschildert: mit der Zeit sammelt man allerlei Flaschen an, die man meinte, um der lieben Gäste willen vorrätig haben zu müssen und die dann doch verschmäht wurden. Meistens hat man - des schlechten Gewissens wegen - dann selbst mal einen Schluck genommen. Toll ... nun war die Flasche nicht nur verschmäht worden, sie war auch noch angebrochen.

Schweigen will ich noch von den vielen Geschenken, manche nett gemeint aber nicht wirklich durchdacht (von irgendjemandem habe ich vor Jahren offensichtlich mal eine Flasche Rhabarber-Vanille-Likör geschenkt bekommen. Warum weiß ich leider nicht. Von wem gottlob auch nicht mehr); bei denen ist es ähnlich.

Nun ist das Problem bei Alkoholika, dass sie zwar ungeöffnet eine gefühlte Ewigkeit haltbar sind, wobei trotz geschlossener Flasche eine gewisse Verdunstung unvermeidlich ist. Geöffnete Spirituosen aber bleiben nicht auf immer gut. Zwar wird man sich auch mit einem dreißig Jahre lang geöffnet im Schrank stehenden Whisky nicht vergiften können, aber bei Sahnelikören sieht es schon ganz anders aus. Und: ALLE Spirituosen verlieren mit der Zeit mal mehr und mal weniger an geschmacklicher Qualität. Als vor einigen Jahren mein Vater verstarb, "erbte" ich von ihm eine Batterie Kristallkaraffen mit Schnaps und Likören (das Umfüllen von Alkohol in Karaffen war eine Unsitte der 1970er), unter anderem einen Crême de Menthe, der den Geschmack der Gummidichtung des Karaffenstopfens angenommen hatte ... widerlich.

Nun haben verschiedene Alkoholika verschiedene "Haltbarkeiten" im geöffneten Zustand (eine kleine Übersicht findet sich hier), darum war ich bei meiner Aufräumaktion nicht daran interessiert, alles wegzukippen, was nicht niet- und nagelfest bzw. was angebrochen war, sondern ich habe mich bewusst auf die Flaschen konzentriert, die ich nachweislich (!) seit mindestens 24 Monaten nicht mehr in der Hand gehabt hatte. Das Resultat kann man unten bestaunen: es kamen einige Literchen zusammen.


Im letzten Moment tat es meinem Säuferherzen doch noch Leid, aber ich blieb stark. Wozu soll ich im Barschrank und im Keller Spirituosen stehen haben, die weder ich noch jemand anderes jemals trinken werden?

Danziger Goldwasser, Haselnussspirituose, Anislikör mit Kräuteraroma, ein grauenvoller Rum, eine grauenvolle Whiskyspirituose, Pfirsichlikör, Wodkalikör, billiger Obstbrand vom Discounter, usw. Was soll ich damit??

Nun liegt es alles im Abwasserkanal, das Glas säuberlich getrennt im Glascontainer. Ich fühle mich befreit.

Schauen wir doch mal in die Reklameprospekte; ich glaube, ich müsste mal wieder ein paar Schnapsvorräte für eventuelle Gäste anlegen.

Text: Tomas A.

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