Sonntag, 18. November 2018

Zuidam Korenwijn 3 J. 2014/2017 (38,0% Vol.)

Von meinem Vater habe ich so eine Art Fernweh-Gen geerbt. In jungen Jahren ist er sehr viel herumgekommen - mehr, als in den Fünfzigern und Sechzigern in Deutschland eigentlich möglich oder auch bezahlbar war. Ich selbst bin vor langer Zeit (ich war noch Student)  eines Morgens aufgewacht mit dem Gedanken, ich sei schon lange nicht mehr in Brüssel gewesen, wo ich aufgewachsen bin. Ich setzte mich also gegen sieben Uhr in meinen VW Golf und fuhr nach Brüssel. Die Vorlesungen mussten an diesem Tag zwar für mich ausfallen, aber gegen 11 Uhr stand ich tatsächlich auf dem Grand Place.

Neulich hat es mich schon wieder gepackt: am Kreuz Lotte hatte ich aus Versehen die falsche Abfahrt genommen und fand mich plötzlich auf der A30 wieder, in Richtung Amsterdam. Und so bin ich dann einfach weitergefahren. Nicht ganz bis nach Amsterdam, ich gebe es zu. Aber schon weit über die Grenze ... einfach mal schauen, was es so gibt. Geben tat es dann in einem Mitra die heutige Flasche von Zuidam, auf die übrigens auch gerade 20 Prozent Korting angerechnet wurden, was bei den recht hohen Spritpreisen in den Niederlanden schon als ausgesprochener Segen bezeichnet werden muss.

Dies ist weder der erste Zuidam (siehe hier und hier) noch der erste Korenwijn (siehe hier) bei uns im Blog, insofern freue ich mich auch wirklich auf den Vergleich. Die Firma Zuidam ist mittlerweile auch schon über vierzig Jahre im Geschäft und sitzt direkt an der niederländisch-belgischen Grenze in Baarle-Nassau. Außer Jenever werden auch noch Gin, Rum, Likör und Whisky (Millstone, von dem wir vor Jahren ebenfalls mal einen besprochen haben) hergestellt. Über den dreijährigen Kornwein heißt es:
[Der zugrunde liegende Malzwein] wird destilliert aus Roggen, Mais und gemälzter Gerste [...] Das neue Destillat wird vier Mal in einer kleinen Pot Still destilliert. Danach wird das Destillat teilweise ein fünftes Mal zusammen mit sorgfältig ausgesuchten Kräutern wie Wacholderbeere, Anissamen und Süßholzwurzel destilliert [...]
Die stilistische Holprigkeit (sehr häufige Wiederholung des Wortes "Destillat" bzw. Ableitungen davon) stammt übrigens aus dem Originaltext, nicht aus meiner Übersetzung. 


Art und Herkunft: Kornwein, Niederlande (Nordbrabant).

Besonderheiten: Small Batch, Reifung in Fässern aus amerikanischer Weißeiche.

Aussehen und Aroma: Heller Bernstein, ein paar kleinere Schwebeteilchen. In der Nase kommt die Wacholderbeere schön durch, ebenso das Holzfass. Ansonsten Kuchenteig, Vanille und Toffee.

Geschmack: Sehr milder Antritt, eher wässrig als cremig. Süßlich, mit etwas Vollmilchschokolade und wieder Vanille. Kakaobohne? Ganz gedämpfte Fruchtnoten, vielleicht ein Hauch von Erdbeermarmelade?

Abgang: Eher kurz, warmes Holz.

Fazit/Tipp: Ein sehr guter Tropfen von hoher Qualität. Er hat zwar keine besonders umfassende Geschmackspalette zu bieten, glänzt aber durch eine angenehme Milde und Ausbalanciertheit, die sich vor einem schönen Cognac oder ähnlichem absolut nicht zu verstecken braucht. Bitte bei Zimmertemperatur trinken!

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 25. November 2018.

Verkostung & Text: Jan B.


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