Sonntag, 29. Dezember 2019

Saint-Omer/Lidl: Abbaye de Vauclair Bière Blanche (4,5% Vol.)

Für das heutige Bier war mal wieder ein kleines bisschen Recherche nötig. Abbaye de Vauclair ist eine Handelsmarke von Lidl (Deutschland und zumindest auch Niederlande), unter deren Namen mehrere Spezialbiere (ein "dunkles Starkbier" haben wir auch noch irgendwo rumfliegen) verkauft werden. Hersteller ist hier jedoch jeweils die Brasserie de Saint-Omer, deren Standort auf der Flasche mit Douai angegeben wird.

Die Webseite wirkt ein wenig altbacken, aber wenn man mal auf die Seite der Brasserie Goudale im benachbarten Arques geht, sieht man, dass dort auch ein Link zu Saint-Omer zu finden ist. Wenn man dann noch ein bisschen im Netz rumsucht, stößt man schnell auf einen dritten Namen: Les brasseurs de Gayant. Alle Links, denen man folgen kann, enden aber entweder im Nichts oder auf der oben genannten Seite von Goudale. Puh, verwirrend, oder? Macht ganz schön durstig und so, ne? Aber keine Sorge, es ist eigentlich ganz einfach:

Alle drei Marken gehören derselben Familie, den Pecqueurs. Und Gayant ist die ursprüngliche Bezeichnung der Ur-Brauerei in Douai (gegründet 1919), deren Name auf eine lokale Sage zurückgeht (über einen "Riesen" = "Gigant" = "Gayant"). Die Saint-Omer ist sogar noch älter und stammt schon von 1866. Beide Brauereien kamen zu verschiedenen Zeitpunkten in den Besitz der Pecqueurs. Weitere An- und Verkäufe brauchen hier nicht weiter besprochen zu werden. Irgendwann reichten die Produktionskapazitäten von Gayant nicht mehr aus; die Gebäude in Douai ließen sich nicht vergrößern. So zog diese Brauerei nach Arques um, wobei sie gleichzeitig den Namen in Goudale änderte. Dies war erst 2016. Saint-Omer befindet sich weiterhin in Douai.

In einem Interview im Jahr 2015 ging André Pacqueur, der Patriarch der Familie, auf die verschiedenen Rollen der beiden Schwesterbrauereien ein: bei Goudale werden die eher "craftigen" Biere hergestellt, bei Saint-Omer die "mainstreamigen". Zum Portfolio der Gesamtfirma gehören auch bekanntere Marken wie Grain d'Orge (früher der Name einer eigenständigen Brauerei, nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen belgischen Firma) oder Belzebuth. Saint-Omer braut nach eigenen Angaben (und das passt ja heute auch zum Thema) "jedem sein eigenes Bier", was man auch als "Auftragsarbeiten" beschreiben kann.

Das heutige Bier jedenfalls ist ein "Weißbier nach belgischer Art" (auch Witbier genannt), welches klar vom bayrischen "Weißbier" abzugrenzen ist. Bekannter Vertreter der erstgenannten Gattung ist z.B. das belgische Hoegaarden.

Art und Herkunft: Witbier, Frankreich (Dept. Nord).

Besonderheiten: Mit Zusatz von Koriander.

Aussehen und Aroma: Leicht weißlich-hellgelb mit fester, mittelgroßer Krone. Wenig spannendes im Geruch: nur ganz leicht bananig, viel Getreide in der Nase. Recht typisch für diesen Bierstil.

Geschmack: Ein sehr lascher Antritt, wenig Kohlensäure. Wässrig und erdig, mit einem säuerlichen Kribbeln auf der Zungenspitze. Kommt der Koriander noch durch? Ja, ein ganz kleines bisschen. 

Abgang: Sehr kurz und flüchtig.

Fazit/Tipp: Selbst für ein Witbier nach belgischer Art recht kraftlos. Allerdings hat es auch nichts, was einem irgendwie wehtun könnte. Insofern ist es als Mineralwasser-Ersatz durchaus gut zu gebrauchen.

Der nächste planmäßige Beitrag erscheint am 5. Januar 2020. Auch im Namen meiner Kollegen allen Leser*innen ein gutes und erfolgreiches neues Jahr!

Verkostung und Text: Tomas A.


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